Schwertgesang
hierhergebracht hat«, sagte ich, »war der Unverstand, auf dem Sture herumzutrödeln. Wenn man eine schöne Herde zusammen hat, dann lässt man sie nicht neben einer Wolfshöhle grasen!« »Genug!«, sagte Alfred streng. Æthelred zitterte vor Wut. Er hatte bisher noch kein Wort gesprochen, doch nun wandte er sich in seinem Stuhl um und zeigte mit dem Finger auf mich. Er öffnete den Mund, und ich wartete auf eine zornige Bemerkung, doch stattdessen zuckte er zur Seite und erbrach sich. Es kam unvermittelt und heftig, sein Magen entleerte sich in einem dicken, stinkenden Strahl. Er bebte am ganzen Körper, während sein Erbrochenes geräuschvoll auf das Podest klatschte. Alfred war entsetzt und schaute nur. Aldhelm tat einen hastigen Schritt zur Seite. Einer der Priester bekreuzigte sich. Dann schien nichts mehr übrig zu sein, was Æthelred erbrechen könnte, doch er zuckte erneut zusammen, und ein weiterer Strahl schoss aus seinem Mund. Als endgültig nichts mehr kam, wischte Æthelred sich den Mund am Ärmel ab und lehnte sich mit geschlossenen Augen und bleichem Antlitz in seinem Stuhl zurück. Nach dem unvermittelten Anfall seines Schwiegersohnes wandte sich Alfred wieder den Männern zu. Was eben geschehen war, erwähnte er mit keinem Wort. Ein Diener drückte sich in einer Ecke des Raumes herum, offenkundig wollte er Æthelred zu Hilfe kommen, doch er fürchtete sich, über das Podest zu gehen. Eine Hand auf den Bauch gelegt, stöhnte Æthelred leise. Aldhelm starrte auf die Pfütze mit Erbrochenem, als habe er so etwas noch niemals gesehen.
»Herr Uhtred«, brach der König die unbehagliche Stille.
»Herr König«, antwortete ich mit einer leichten Verbeugung.
Alfred sah mich stirnrunzelnd an. »Es gibt da einige, Herr Uhtred, die sagen, dein Umgang mit den Nordmännern wäre zu freundlich.« »Ich habe Euch einen Schwur geleistet, Herr König«, sagte ich schroff, »und ich habe diesen Schwur gegenüber Pater Pyrlig und dann gegenüber Eurer Tochter erneuert. Wenn die Männer, die sagen, mein Umgang mit den Nordmännern wäre zu freundlich, mich beschuldigen wollen, diesen dreifachen Schwur gebrochen zu haben, dann werde ich ihnen an jedem Ort ihrer Wahl auf eine Schwertlänge entfernt entgegentreten. Und sie werden ein Schwert vor sich haben, das mehr Nordmänner getötet hat, als ich zählen kann.« Damit herrschte Stille. Pyrlig lächelte. Kein einziger Mann im Raum wollte mit mir kämpfen, und der Einzige, der mich hätte schlagen können, Steapa, grinste nur, allerdings erinnerte Steapas Grinsen an die grauenvoll erstarrte Miene eines Toten und hätte sogar einen Dämon in seinen Schlupfwinkel zurückgejagt.
Der König seufzte, als hätte ihn mein Wutausbruch ermüdet. »Wird Sigefrid mit dir sprechen?«, fragte er.
»Graf Sigefrid hasst mich, Herr König.« »Aber wird er mit dir sprechen?«, beharrte Alfred. »Entweder das oder er tötet mich«, sagte ich, »doch sein Bruder mag mich, und Haesten schuldet mir etwas, also, ja, ich glaube, sie werden mit mir reden.«
»Ihr müsst auch einen geübten Unterhändler schicken, Herr König«, ließ sich Erkenwald salbungsvoll vernehmen. »Einen Mann, der nicht in Versuchung ist, den Heiden noch weitere Gefallen zu erweisen. Kann ich meinen Schatzmeister vorschlagen? Er ist ein höchst scharfsinniger Mann.«
»Und außerdem ist er ein Priester«, sagte ich, »und Sigefrid hasst Priester. Zudem treibt ihn das heiße Begehren, einmal einen Priester zu kreuzigen.« Ich lächelte Erkenwald an. »Vielleicht solltet Ihr wirklich Euren Schatzmeister mitschicken. Oder möchtet Ihr lieber selbst mitkommen?« Erkenwald starrte mich ausdruckslos an. Ich vermute, er betete zu seinem Gott darum, mich mit einem Blitz zu erschlagen, doch diesen Gefallen wollte ihm sein Gott nicht tun. Der König seufzte erneut. »Kannst du auch selbst verhandeln?«, fragte er mich geduldig.
»Ich habe schon Pferde gekauft, Herr«, sagte ich, »also, ja, ich kann verhandeln.« »Um ein Pferd zu feilschen ist nicht dasselbe wie ...«, begann Erkenwald böse, doch er unterbrach sich, als der König eine schwache Hand in seine Richtung hob.
»Der Herr Uhtred ist darauf aus, Euch zu reizen, Bischof«, sagte der König, »und es ist das Beste, ihm keine Genugtuung zu bereiten, indem man ihm zeigt, dass es ihm gelungen ist.« »Ich kann verhandeln, Herr König«, sagte ich, »aber in diesem Fall muss ich um eine Stute von großem Wert feilschen. Sie wird nicht billig zu haben
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