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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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mich wie einen Sohn aufgezogen hatte. Mein Onkel hatte sich über die Wünsche meines Vaters hinweggesetzt und Bebbanburg für sich selbst behalten. Diese Heimtücke zerfraß mir seitdem das Herz, und eines Tages würde ich dafür Rache nehmen. »Eines Tages«, erklärte ich Steapa, »werde ich Ælfric vom Schritt bis zum Brustbein aufschlitzen und ihm beim Sterben zusehen, aber ich werde mir Zeit lassen. Sein Herz werde ich nicht durchbohren. Ich werde ihm beim Sterben zusehen und auf ihn pissen, während er sich windet. Und danach töte ich seine Söhne.« »Und heute Nacht?«, fragte Steapa. »Wen tötest du heute Nacht?«
    »Heute Nacht nehmen wir Lundene«, sagte ich. Ich konnte sein Gesicht in der Dunkelheit nicht erkennen, aber ich fühlte, dass er lächelte. »Ich habe Alfred gesagt, dass er dir vertrauen kann«, sagte er.
    Jetzt war ich mit dem Lächeln an der Reihe. Irgendwo in Padintune jaulte ein Hund auf und wurde mit einem Ruf zum Schweigen gebracht. »Aber ich bin nicht sicher, dass Alfred mir vertrauen kann«, sagte ich nach längerer Stille. »Warum?«, fragte Steapa erstaunt. »Weil ich auf eine bestimmte Art ein sehr guter Christ bin«, sagte ich.
    »Du? Ein Christ?«
    »Ich liebe meine Feinde«, sagte ich.
    »Die Dänen?« »Ja.«
    »Ich nicht«, sagte er rau. Steapas Eltern waren von Dänen abgeschlachtet worden. Ich erwiderte nichts. Ich dachte über die Vorsehung nach. Wenn die drei Spinnerinnen unser Schicksal kennen, warum schwören wir dann unsere Eide? Und wenn wir dann einen Eid brechen, ist das Verrat? Oder ist es Schicksal? »Wirst du morgen also gegen sie kämpfen?«, fragte Steapa. »Natürlich«, sagte ich. »Aber nicht so, wie es Æthelred erwartet. Und daher widersetze ich mich den Befehlen, und dein Befehl lautet, mich zu töten, wenn ich das tue.« »Ich töte dich später«, sagte Steapa. Æthelred hatte den vereinbarten Plan geändert, ohne überhaupt auf den Gedanken zu kommen, dass ich mich ohnehin nie hatte daran halten wollen. Er war viel zu leicht zu durchschauen. Wie sollte eine Streitmacht eine Stadt anders angreifen als mit dem Versuch, die Verteidiger von dem Abschnitt der Befestigungsanlage wegzulocken, an dem der wirkliche Einfall geplant war? Sigefrid würde wissen, dass unser erster Vorstoß ein Scheinangriff war, und er würde seine Kräfte so lange am Ort lassen, bis er wusste, wo die eigentliche Gefahr drohte, und dann würden wir am Fuße der Wallmauern sterben und Lundene würde ein Bollwerk der Nordmänner bleiben.
    Und daher konnte Lundene nur mit einer List eingenommen werden und indem wir ein verzweifeltes Wagnis auf uns nahmen. »Was ich tun werde«, erklärte ich Steapa, »ist, zu warten, bis Æthelred von der Insel abrückt. Dann gehen wir dorthin zurück, und dann nehmen wir zwei von den Schiffen. Es wird gefährlich, sogar sehr gefährlich, weil wir im Dunkeln durch die Lücke in der Römerbrücke müssen, und dort gehen sogar bei Tageslicht Schiffe unter. Aber wenn es uns gelingt, hindurchzukommen, dann haben wir auf der anderen Seite leichten Zugang zur alten Stadt.« »Ich dachte, auch die Flussseite ist mit der Stadtmauer gesichert?«
    »Das ist sie auch«, sagte ich, »aber an einer Stelle gibt es eine Öffnung.« Ein Römer hatte sich ein großes Haus am Fluss gebaut und neben seinem Haus einen kurzen, breiten Wassergraben angelegt. Dafür hatte er die Stadtmauer durchbrochen. Ich vermutete, dass der Römer reich gewesen war und einen Anlegeplatz für seine Schiffe haben wollte, und deshalb hatte er ein Stück der Mauer an der Flussseite eingerissen, und das war mein Weg nach Lundene.
    »Warum hast du Alfred nichts davon gesagt?«, fragte Steapa.
    »Alfred kann ein Geheimnis bewahren«, sagte ich, »aber Æthelred kann es nicht. Er würde es jemandem erzählen, und dann wüssten die Dänen innerhalb von zwei Tagen, was wir planen.« Und das stimmte. Wir hatten Kundschafter, und sie hatten Kundschafter, und wenn ich meine wahren Absichten enthüllt hätte, dann hätten Sigefrid und Erik den Wassergraben mit Schiffen abgeriegelt und das große Haus daneben mit ihren Männern besetzt. Wir wären an den Landeplätzen gestorben, und auch so konnten wir noch leicht sterben, denn ich wusste nicht, ob wir genau in die Lücke der Römerbrücke hineinsteuern konnten, und wenn wir es konnten, ob es uns dann gelingen würde, heil durch diese gefährliche Einsturzöffnung zu kommen, an der sich der Flusspegel unvermittelt senkte und das Wasser schäumend

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