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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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wusste, dass sie enttäuscht sein würden. Das sah Richard überhaupt nicht ähnlich.
    Sie löffelte Buchweizenbrei und Erbsen aus einem zerbeulten Topf in eine Schale, die sie zusammen mit einem Holzlöffel auf den Tisch stellte. Brot gab es keins.
    Gerne hätte sie ihm etwas Besseres gekocht, doch nach Abzug ihrer freiwilligen Spende blieb ihnen kein Geld mehr übrig. Wäre der Garten nicht gewesen, den die Frauen des Hauses hinter dem Gebäude angelegt hatten, sie wären ernsthaft in Schwierigkeiten gewesen. Nicci hatte gelernt, Gemüse anzubauen, um ihm etwas zu essen kochen zu können.
    Seine Schultern waren gebeugt, sein Blick leer. Er hielt etwas in der Hand.
    »Dein Abendessen ist fertig. Komm und iss.«
    Richard stellte den Gegenstand auf den Tisch, neben die Öllampe. Es war eine kleine, äußerst fein gearbeitete Statue aus lauter vor Entsetzen gebückten Figuren; zum Teil waren sie von einer ringförmigen Konstruktion umgeben. Ein riesiger Blitz, der mehrere offenkundig gottlose Männer und Frauen durchbohrte, spießte sie im Erdboden fest. Es war eine erschütternde Darstellung der boshaften Natur des Menschen und von des Schöpfers Zorn ob ihrer Zügellosigkeit.
    »Was ist das?«, fragte sie.
    Richard ließ sich auf einen Stuhl sinken. Er vergrub sein Gesicht in den Händen, fuhr sich mit den Fingern ins Haar. Nach einer Weile hob er den Kopf.
    »Was du immer wolltest«, erwiderte er ruhig.
    »Was ich immer wollte?«
    »Meine Strafe.«
    »Strafe?«
    Richard nickte. »Bruder Narev hat von der Geldstrafe über zweiundzwanzig Goldtaler erfahren. Er sagte, ich müsse ein Verbrechen begangen haben, um an so viel Geld zu kommen, und verurteilte mich dazu, eine Statue für den Haupteingang des Kaiserpalastes zu schaffen.«
    Niccis Blick fiel auf das kleine Ding auf dem Tisch. »Was ist das?«
    »Eine Sonnenuhr. Dies ist der Ring, auf dem die Stundenangaben eingeätzt werden. Der Blitz wirft einen Schatten des Lichts des Schöpfers auf den Ring, damit man die Tageszeit ablesen kann.«
    »Ich verstehe noch immer nicht. Wieso ist das eine Strafe? Du bist Bildhauer, das ist doch deine Arbeit.«
    Richard schüttelte den Kopf. »Ich soll den Stein von meinem eigenen Geld kaufen, und ich soll diese Statue nachts, in meiner freien Zeit, bildhauern, als mein Geschenk an den Orden.«
    »Und wieso siehst du darin eine Erfüllung dessen, was ich mir gewünscht habe?«
    Richard ließ seinen Finger an dem Blitz hinabgleiten, während er die Statue genau betrachtete. »Du hast mich hierher, in die Alte Welt verschleppt, weil du wolltest, dass ich meinen Irrweg erkenne. Das habe ich getan. Ich hätte mich irgendeines Verbrechens für schuldig bekennen und es denen überlassen sollen, allem ein Ende zu machen.«
    Ohne nachzudenken, langte Nicci über den Tisch und ergriff seine Hand. »Nein, Richard, das war es nicht, was ich wollte.«
    Er zog seine Hand fort.
    Nicci schob die Schale näher zu ihm hin. »Iss, Richard. Du musst bei Kräften bleiben.«
    Klaglos tat er, was sie von ihm verlangte, ein Gefangener, der auf Befehl gehorchte. Sie ertrug es nicht, ihn so zu sehen.
    Das Funkeln in seinen Augen war erloschen, genauso wie damals in den Augen ihres Vaters.
    Seine Augen wirkten leblos, als er die Statue auf dem Tisch anschaute. Es war, als wäre alle Lebendigkeit, alle Kraft und Hoffnung von ihm gewichen. Nachdem er zu Ende gegessen hatte, ging er wortlos zu seinem Bett, legte sich nieder und kehrte ihr den Rücken zu.
    Nicci saß am Tisch, lauschte auf das leise Knistern der Flamme in der Lampe und schaute zu, wie Richard gleichmäßig atmend allmählich in den Schlaf hinüberglitt.
    Es war, als wäre seine Seele zerschmettert worden. Lange Zeit hatte sie fest daran geglaubt, sie könnte eine wertvolle Erfahrung machen, wenn er zum Äußersten getrieben wurde. Doch offenbar hatte sie sich getäuscht, und schließlich hatte er aufgegeben. Jetzt konnte sie nichts mehr von ihm lernen.
    Viel blieb ihr nicht mehr zu tun. Es hatte wenig Sinn, das Unternehmen fortzusetzen. Für einen kurzen Augenblick schien das Gewicht ihrer Enttäuschung sie zu erdrücken, dann war sogar das vorbei.
    Innerlich leer und bar jeden Gefühls nahm Nicci Schale und Löffel und trug beides hinüber zu dem Eimer mit Spülwasser. Sie arbeitete leise, um ihn nicht aufzuwecken, und fand sich damit ab, zu Jagang zurückkehren zu müssen.
    Es war nicht Richards Schuld, dass sie nichts von ihm lernen konnte, das Leben hatte keine weiteren Erkenntnisse zu

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