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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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annahm, verlieh ihm neue Kräfte. Noch waren die Figuren völlig eingeschlossen, Arme und Beine noch weit davon entfernt, frei zu sein, und ihre Beine noch nicht getrennt, doch sie begannen sich abzuzeichnen. Er würde behutsam vorgehen und Löcher in die Zwischenräume bohren müssen, um zu verhindern, dass die Arme abbrachen.
    Zu Richards Überraschung sah er Licht durch die Dachluken fallen. Ohne es zu merken, hatte er die ganze Nacht durchgearbeitet.
    Er trat zurück und betrachtete prüfend die Statue, die jetzt mehr oder weniger einem groben Kegel glich. Zurzeit befanden sich dort, wo sich einmal die Arme aus den Körpern lösen würden, noch unförmige Gesteinsmassen. Er wollte, dass die Arme frei schwebten, die Körper Eleganz und Bewegung vermittelten: Leben. Was er bislang für den Orden bildhauerte, wirkte niemals befreit, sondern blieb stets fest im Stein gefangen, für immer starr und bewegungsunfähig wie bei einem Toten.
    Richard brannte darauf, zu bleiben und weiterzuarbeiten, aber er wusste, dass er das nicht konnte. Aus der Ecke grub er die Zelttuchplane hervor, die Victor ihm dagelassen hatte, und deckte die Statue damit ab.
    Als er die Türen aufstieß, wallte der weiße Staub nach draußen. Victor saß inmitten der Trümmer seines steinernen Monolithen.
    Der Schmied blinzelte fassungslos. »Du warst die ganze Nacht dort drinnen, Richard!«
    »Schätze schon.«
    Victor fuchtelte mit den Armen, während ein breites Grinsen sein Gesicht teilte. »Du siehst aus wie eine Gütige Seele. Wie geht der Kampf mit dem Stein voran?«
    Richard wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte. Er brachte nur ein freudiges Lächeln zu Stande.
    Victor lachte sein aus dem Bauch kommendes Lachen. »Dein Gesicht sagt alles. Du musst müde und hungrig sein, komm, setz dich hin und ruh dich ein wenig aus – und iss ein Stück Lardo.«
    Nicci hörte, wie Kamil und Nabbi Richard lauthals begrüßten, als er die Straße heraufkam, anschließend das Getrappel ihrer Schritte, als sie die Vordertreppe hinunterstürmten. Sie warf einen Blick zum vorderen Fenster hinaus und sah im schwindenden Licht der Abenddämmerung, wie sie ihm entgegenliefen, als er die Straße heraufkam. Auch sie war froh, ihn so zeitig nach Hause kommen zu sehen.
    In den Wochen, seit er sich darauf eingelassen hatte, die Statue für Bruder Narev zu bildhauern, hatte Nicci herzlich wenig von Richard zu sehen bekommen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie Richard es ertrug, eine Statue zu meißeln, die für ihn einer einzigen Qual gleichkam – nicht so sehr wegen ihrer Größe, sondern wegen ihrer Beschaffenheit.
    Doch wenn überhaupt, so wirkte Richard geradezu beseelt. Oft arbeitete er, nachdem er den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen war, die Moralpredigten für die Fassade des Palastes in Stein zu hauen, anschließend noch bis spät in die Nacht an der großen Statue für den Vorplatz. Obwohl er beim Nachhausekommen müde sein musste, lief er manchmal unruhig auf und ab; es gab Nächte, in denen er nur ein, zwei Stunden schlief, aufstand und loszog, um noch mehrere Stunden vor Beginn seines eigentlichen Arbeitstages auf der Baustelle an seiner Statue zu arbeiten; mehrmals schon hatte er die ganze Nacht durchgearbeitet.
    Richard schien wie von einer inneren Kraft getrieben. Nicci wusste nicht, wie er es schaffte. Manchmal kam er nach Hause, um etwas zu essen und sich für eine Stunde aufs Ohr zu legen, um gleich darauf wieder zurückzueilen. Sie drängte ihn, zu bleiben und sich auszuschlafen, woraufhin er gewöhnlich erwiderte, er müsse seine Buße ableisten, da man ihn sonst wieder ins Gefängnis stecken würde. Auch Nicci machte diese Möglichkeit Angst, weswegen sie nicht darauf bestand, dass er zum Schlafen blieb. Immer noch besser, er verlor seinen Schlaf als gleich sein Leben.
    Muskulös und kräftig war er schon immer gewesen, seit er jedoch in die Alte Welt gekommen war, waren seine Muskeln noch schlanker und ausgeprägter geworden. Die schwere Arbeit, erst beim Transport von Eisen und jetzt beim Schleppen von Steinen und beim Hammerschwingen, hatte seine Kräfte zusätzlich gestärkt. Wenn er nach draußen zu den Waschschüsseln ging und sein Hemd auszog, um sich den Gesteinsstaub abzuspülen, bekam sie bei seinem Anblick weiche Knie.
    Nicci hörte Schritte den Flur entlangkommen, sowie die aufgeregt fragenden Stimmen von Kamil und Nabbi. Was Richard sagte, konnte sie nicht verstehen, hatte aber keine Mühe, das Timbre seiner

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