Schwester der Finsternis - 11
habe, ohne Euch fortzugehen, Cara. Ich hätte es nicht auf diese Weise tun sollen. Ihr seid eine Schwester des Strafers, ich hätte mit Euch darüber sprechen sollen. Das wäre die richtige Art gewesen, jemanden zu behandeln, den man respektiert.«
Schließlich lächelte auch Cara. »Endlich kommt Ihr zur Vernunft.«
»Es ist möglich, dass wir nicht lebend wiederkommen.«
Cara zuckte mit den Achseln. »Glaubt Ihr denn, wir könnten unseres Lebens froh werden, wenn wir hier blieben? Ich denke, wenn wir bleiben, erwartet uns der sichere Tod.«
Kahlan nickte. »Genau das denke ich auch. Deswegen muss ich fort.«
»Ich hatte nicht die Absicht, mit Euch zu streiten.«
Kahlan blickte hinaus in das Schneetreiben. Vor dem letzten Wintereinbruch hatten sie und Cara gerade noch rechtzeitig fliehen können.
Kahlan wappnete sich, bevor sie die Frage stellte: »Glaubt Ihr wirklich, dass Richard noch lebt, Cara?«
»Selbstverständlich lebt Lord Rahl noch.« Cara hielt ihren Strafer in die Höhe und ließ ihn durch die Finger rollen. »Habt Ihr schon vergessen?«
Und dann fiel es ihr wieder ein: Der Strafer funktionierte nur, wenn der Lord Rahl, dem sie verschworen war, noch lebte.
Kahlan übergab Cara einen Teil ihrer Last. »Gadi?«
»Er starb, wie Verna es gewünscht hat. Sie hat bei ihm keine Gnade walten lassen.«
»Gut. Gnade gegenüber den Schuldigen ist Verrat an den Unschuldigen.«
Es war kurz nach dem Hellwerden, als Kahlan bei Zedds Zelt anlangte. Cara war die Pferde holen und Vorräte besorgen gegangen.
Auf ihr Rufen hin bat Zedd Kahlan einzutreten. Er erhob sich von der Bank, auf der er neben Adie, der alten Hexenmeisterin, saß.
»Kahlan. Was gibt es?«
»Ich bin gekommen, um mich von dir zu verabschieden.«
Zedds Augen war keinerlei Überraschung anzumerken. »Warum bleibst du nicht und ruhst dich etwas aus? Und brichst erst morgen auf?«
»Es gibt kein Morgen mehr. Der Winter hat uns wieder einmal eingeholt. Wenn ich tun will, was ich tun muss, darf ich keinen Tag mehr vergeuden.«
Zedd fasste sie sachte bei den Schultern. »Warren wollte dich unbedingt sehen, Kahlan. Er hatte das Gefühl, dir sagen zu müssen, dass Richard Recht hat. Es bedeutete ihm viel, dass du das weißt. Richard hat uns erklärt, dass du das Herz des Ordens nicht angreifen darfst, bevor sich die Menschen ihm bewiesen haben, da sonst alles verloren wäre; das ist heute noch unwahrscheinlicher als an dem Tag, als er es sagte.«
»Vielleicht wollte Warren aber auch sagen, dass Richard Recht hat und wir die Neue Welt ohnehin an die Imperiale Ordnung verlieren werden, weshalb sollten wir dann noch hier ausharren? Vielleicht war es Warrens Art, mir zu sagen, dass ich Richard aufsuchen soll, bevor er oder ich sterben und es für jeden Versuch zu spät ist.«
»Und Nicci?«
»Das werde ich herausfinden, sobald ich dort eintreffe.«
»Aber du kannst doch unmöglich hoffen…«
»Was bleibt mir denn sonst noch, Zedd? Soll ich der Eroberung der Midlands tatenlos zusehen? Soll es mein größter Wunsch sein, den Rest meiner Tage auf der Flucht zu verbringen oder als Einsiedlerin zu leben, die sich jeden Tag vor dem Zugriff der Imperialen Ordnung verstecken muss?
Selbst wenn Warren es nicht gesagt hätte – und so sehr ich mir auch wünsche, es wäre anders –, mittlerweile ist mir klar geworden, dass Richard Recht hat. Die Imperiale Ordnung wird nur diesen einen Winter über festsitzen, während wir den Menschen helfen, Aydindril zu verlassen. Im Frühjahr wird der Feind in Massen in meine Stadt einfallen, um anschließend seine Hände nach D’Hara auszustrecken. Es wird keinen Ort mehr geben, wo man Zuflucht finden kann. Eine Zeit lang können die Menschen zwar fliehen, letztendlich aber wird die Imperiale Ordnung sie unterjochen.
Ich habe keine Zukunft mehr. Richard hatte Recht. Das Mindeste, was ich tun kann, ist, den Rest meiner Tage für mich und Richard zu leben. Etwas anderes bleibt mir nicht mehr, Zedd.«
Ihm traten Tränen in die Augen. »Ich werde dich so vermissen. Du hast die guten Erinnerungen an meine Tochter zurückgebracht und mir so viele gute Zeiten beschert.«
Kahlan schlang ihre Arme um ihn. »Ach Zedd, ich liebe dich.«
Dann konnte sie ihre Tränen selber nicht mehr zurückhalten. Sie war alles, was er noch hatte, und jetzt würde er auch sie verlieren.
Nein – das stimmte nicht. Kahlan löste sich von ihm.
»Auch für dich ist der Zeitpunkt gekommen, von hier fortzugehen, Zedd. Du musst die Burg
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