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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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nahm Nicci, den Rücken gerade gegen die senkrechte Lehne gedrückt, ihren Platz auf dem harten Lederpolster ein, als der Kutscher einen schrillen Pfiff ausstieß und seine Peitsche knallen ließ. Das Gespann machte einen Satz nach vorne, und die Kutsche ruckte an. Sie hielt sich mit einer Hand am Fensterbrett fest, als die eisenbeschlagenen Räder über den harten, unebenen Boden des Marktplatzes polterten, bis sie die Straße erreichten, wo die Kutsche in ihr vertrautes Rattern verfiel. Das Sonnenlicht fiel schräg durchs Fenster und legte sich über die unbesetzten Polster gegenüber. Der auffällige helle Fleck glitt vom Sitz, als die Kutsche eine Biegung in der Straße nahm, und rutschte schließlich wieder hoch, um einer warmen Katze gleich in ihrem Schoß zur Ruhe zu kommen. Dunkel gekleidete Reiter zu beiden Seiten sowie vorne und hinten streckten sich vorwärts über die Widerriste ihrer galoppierenden Tiere. Von den donnernden Hufen erhob sich, zusammen mit den wallenden Staubwolken, ein rollendes Getöse in der Luft.
    Im Augenblick war Nicci von Jagang befreit. Sie war umringt von zweitausend Soldaten, und doch fühlte sie sich vollkommen allein. Nicht lange, und sie würde sich nach Schmerzen sehnen, nur um diese entsetzliche Leere auszufüllen.
    Sie empfand weder Freude noch Angst. Manchmal fragte sie sich, warum sie niemals etwas anderes spürte als den Wunsch, jemandem wehzutun.
    Während die Kutsche mit rasender Geschwindigkeit auf Jagang zurollte, konzentrierten sich ihre Gedanken auf einen anderen Mann, und sie versuchte sich jede einzelne Begegnung mit ihm in Erinnerung zu rufen. In Gedanken ging sie jeden Augenblick durch, den sie in Richard Cyphers oder – wie er jetzt genannt wurde und wie Jagang ihn kannte – Richard Rahls Gegenwart verbracht hatte.
    Sie musste an seine grauen Augen denken.
    Bis zu dem Tag, da sie ihn kennen lernte, hatte sie die Existenz eines solchen Menschen nicht für möglich gehalten.
    Wenn sie, wie jetzt, an Richard dachte, quälte sie nur ein einziges, brennendes Verlangen: ihn zu vernichten.

9. Kapitel
    Riesige, grellbunte Zelte zierten den ins Auge fallenden Hügel draußen vor der Stadt Fairfield, und doch war dies, trotz all der festlichen Wimpel, trotz des Lachens, dem Gerufe, der derben Gesänge und der zügellosen Ausschweifungen keine Karnevalstruppe, die in die Stadt gekommen war, sondern eine Besatzungsarmee. Die Zelte des Kaisers und seines Gefolges waren nach Art jener Zelte gestaltet, wie sie einige der Nomadenvölker aus Jagangs Heimatland Altur’Rang verwendeten, doch hatte man sie weit über jede tatsächlich existierende Tradition hinaus mit Zierrat versehen. Der Kaiser, dessen Einfallsreichtum den eines jeden Nomadenstammeshäuptlings bei weitem übertraf, hatte, ganz nach Gutdünken, sein eigenes kulturelles Erbe geschaffen.
    Um diese Prunkzelte herum hatten die Soldaten ihre eigenen kleinen schmutzbespritzten Zelte aufgestellt, die sich, soweit Niccis Augen reichten, über die Hügel und Täler erstreckten. Einige waren aus gewachstem Segeltuch, weitaus mehr bestanden aus Tierfellen. Über die ihnen allen gemeinsamen Grundzüge praktischer Verwendbarkeit hinaus bestand ihre Gemeinsamkeit lediglich im Fehlen jeder Ähnlichkeit mit irgendeinem Stil.
    Vor einigen der schäbigen kleinen Zelte standen, fast ebenso groß wie diese, reich verzierte Polstersessel, die man als Beute aus der Stadt herbeigeschleppt hatte. Fast wirkte dieses Nebeneinander, als sei es mit Absicht wegen des komischen Effektes herbeigeführt worden, doch Nicci wusste, dass die Wirklichkeit nichts mit Humor zu tun hatte. Wenn die Armee schließlich weiterzog, waren solche in penibler Handarbeit hergestellten Gegenstände viel zu hinderlich, um sie mitzunehmen, und würden, den Unbilden des Wetters ausgesetzt, zurückgelassen werden, um zu verrotten.
    Pferde wurden aufs Geratewohl angepflockt, und die eine oder andere Koppel enthielt manchmal sogar kleine Herden. Andere Einfriedungen enthielten einen lebenden Fleischvorrat. Einzelne Karren standen verstreut hie und da herum, scheinbar überall dort, wo sich ein leeres Plätzchen für sie fand, anderenorts wiederum standen sie Seite an Seite ausgerichtet. Viele gehörten Marketendern, andere waren mit allem Möglichen – von Grundnahrungsmitteln bis hin zu Schmiedegerät – beladene Karren der Armee. Die mitgeführten Belagerungsgerätschaften der Armee hatte man aufs Nötigste beschränkt, für diese Art von Waffen hatte man

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