Schwesterlein, komm tanz mit mir
sein, betete Darcy, als sie den Hörer abnahm. «Hallo?»
«Erin?» Eine Männerstimme.
«Nein. Hier ist Darcy Scott. Erins Freundin.»
«Wissen Sie, wo ich Erin erreichen kann?»
Intensive, überwältigende Enttäuschung stieg in Erin auf.
«Wer spricht da?»
«Jay Stratton.»
Jay Stratton hatte die Nachricht wegen des Bertolini-Schmucks hinterlassen. Was sagte er da?
« … wenn Sie irgendeine Ahnung haben, wo Erin ist, dann sagen Sie ihr bitte, wenn sie das Collier nicht bekommen, erstatten sie Anzeige bei der Polizei.»
Darcy schaute rasch nach dem Apothekenschrank. Sie wußte, daß Erin die Kombination für den Safe in ihrem Adreßbuch unter den Namen der Herstellerfirma geschrieben hatte. Stratton redete noch immer.
«Ich weiß, daß sie das Collier in einem Safe in ihrem Arbeitszimmer aufbewahrte. Gibt es irgendeine Möglichkeit, daß Sie nachschauen, ob es da ist?» drängte er.
«Warten Sie einen Augenblick.» Darcy legte die Hand auf die Sprechmuschel. Was für eine dumme Idee, dachte sie. Hier ist ja gar niemand, den ich fragen könnte. Aber in gewisser Weise fragte sie Erin. Wenn das Collier nicht im Safe war, könnte das bedeuten, daß Darcy Opfer eines Raubes geworden war, als sie versuchte, es abzuliefern.
Wenn es aber da war, so war es ein fast sicherer Beweis dafür, daß ihr etwas passiert war. Nichts hätte Erin davon abhalten können, dieses Collier pünktlich zu liefern.
Sie öffnete Erins Adreßbuch und schlug die Seite mit D auf. Neben «Dalton-Safes» stand eine Reihe von Zahlen.
«Ich habe die Kombination», sagte sie zu Stratton. «Ich warte hier auf Sie. Ich möchte Erins Safe nicht ohne Zeugen öffnen. Und falls das Collier da ist, möchte ich, daß Sie mir eine Quittung dafür geben.»
Er sagte, er käme gleich. Nachdem sie den Hörer wieder aufgelegt hatte, beschloß Darcy, auch den Hausmeister kommen zu lassen. Sie wußte nichts über Jay Stratton, nur, daß Erin ihr gesagt hatte, er sei Juwelier und habe ihr den Auftrag von Bertolini verschafft.
Während sie wartete, sah Darcy Erins Aktenordner durch. Unter «Projekt Bekanntschaftsanzeigen» fand sie herausgerissene Inseratenseiten aus Zeitschriften und Zeitungen. Auf allen Blättern waren einige Anzeigen mit einem Kreis versehen. Waren das diejenigen, die Erin beantwortet hatte oder beantworten wollte? Bestürzt stellte Darcy fest, daß es mindestens zwei Dutzend waren. Wenn überhaupt, welche war dann von Charles North aufgegeben worden, dem Mann, mit dem Erin sich Dienstag abend treffen wollte?
Als sie und Erin sich darauf geeinigt hatten, auf die Anzeigen zu antworten, waren sie systematisch vorgegangen.
Sie hatten sich preiswertes Briefpapier zugelegt, auf dem nur ihre Namen standen. Sie hatten beide einen Schnappschuß gewählt, der ihnen gefiel, um ihn mitzuschicken, wenn Bilder verlangt wurden. Einen heiteren Abend hatten sie damit zugebracht, Briefe aufzusetzen, die abzuschicken sie nicht die Absicht hatten. «Ich liebe nichts so sehr wie Putzen», hatte Erin vorgeschlagen. «Mein bevorzugtes Hobby ist die Handwäsche. Von meiner Großmutter habe ich den Schrubber geerbt. Meine Kusine wollte ihn auch haben. Das war Anlaß zu einem großen Familienkrach.
Wenn ich meine Periode habe, bin ich etwas unwirsch, aber sonst bin ich ein sehr lieber Mensch. Bitte, rufen Sie bald an.»
Schließlich hatten sie einigermaßen ansprechende Antworten aufgesetzt. Als Darcy nach Kalifornien abreiste, hatte Erin gesagt: «Darce, ich schicke deine ungefähr zwei Wochen vor deiner Rückkehr ab. Ich ändere nur hin und wieder einen Satz, damit deine Zuschrift zur Anzeige paßt.»
Erin besaß keinen Computer. Darcy wußte, daß sie die Briefe auf ihrer elektrischen Schreibmaschine schrieb, aber nicht fotokopierte. Alle Informationen trug sie in das Notizbuch ein, das sie in der Handtasche hatte: die Chiffrenummern der Anzeigen, die sie beantwortete, die Namen der Leute, die sie anrief, und ihre Eindrücke von denen, mit denen sie sich traf.
Jay Stratton lehnte sich im Taxi zurück, die Augen halb geschlossen. Aus dem Lautsprecher hinter seinem rechten Ohr dröhnte Rockmusik. «Können Sie das leiser stellen?»
sagte er barsch.
«Mann, wollen Sie mir vielleicht meine Musik verbieten?»
Der Taxifahrer war Anfang Zwanzig. Dünnes, gelocktes Haar hing ihm bis in den Nacken. Er warf einen Blick nach hinten, sah den Ausdruck in Strattons Gesicht, murmelte halblaut etwas vor sich hin und drehte die Musik leiser.
Stratton fühlte,
Weitere Kostenlose Bücher