Schwesterlein, komm tanz mit mir
den 25.
Februar, vereinbaren. «Ich glaube, mein Mann trifft sich mit anderen Frauen», erklärte sie ruhig. «Ich denke an Scheidung, und ich möchte alles über seine Aktivitäten wissen.»
Als sie aufgelegt hatte, widerstand sie der Versuchung, einfach sitzen zu bleiben und weiter über alles nachzudenken. Statt dessen machte sie sich energisch über die Küche her. Es war an der Zeit, das Haus wieder in Schuß zu bringen. Wenn sie Glück hätte, konnte es bis zum Sommer zum Verkauf stehen.
Es würde nicht leicht sein, allein vier Kinder aufzuziehen. Susan wußte, Doug würde sich nach der Scheidung wenig oder gar nicht um die Kinder kümmern. Im Geldausgeben war er groß, aber in hundert unbedeutenden Dingen war er kleinlich. Er würde sich gegen einen angemessenen Unterhalt für die Kinder wehren. Doch es würde viel einfacher sein, mit einem schmalen Budget zu leben, als diese Farce fortzusetzen.
Das Telefon läutete. Es war Doug, der sich wieder einmal über die verfluchten späten Konferenzen der beiden letzten Abende beklagte. Heute war er erschöpft, aber sie waren noch immer nicht mit allem fertig. Er würde nach Hause kommen, aber spät. Sehr spät.
«Mach dir keine Sorgen, Lieber», sagte Susan besänftigend. «Ich verstehe vollkommen.»
Die Landstraße war schmal, kurvenreich und dunkel.
Charley begegnete keinem einzigen anderen Auto. Seine Einfahrt war an der Stelle, wo sie von der Straße abging, von Büschen fast verdeckt. Ein geheimer, stiller Ort, neugierigen Blicken entzogen. Er hatte das Haus vor sechs Jahren gekauft. Es war ein Nachlaßverkauf gewesen. Oder vielmehr die Verschleuderung eines Nachlasses. Das Haus hatte einem exzentrischen Junggesellen gehört, der es als Hobby selbst renovierte.
Das Äußere des 1902 erbauten Hauses war unprätentiös.
Innen hatte die Renovierung darin bestanden, aus dem ganzen Untergeschoß einen einzigen Raum zu machen, mit Küchenzeile und offenem Kamin. Die breiten Eichendielen des Fußbodens hatten einen seidigen Glanz. Die Möbel waren Pennsylvania Dutch, schmucklos und schön.
Charley hatte eine breite, gepolsterte Couch mit braunem Stoffbezug, einen passenden Sessel und einen Teppich zwischen Couch und Kamin hinzugefügt.
Der erste Stock war ganz so geblieben, wie er ihn vorgefunden hatte. Zwei kleine Räume waren zu einem größeren Schlafzimmer zusammengelegt worden. Shaker-Möbel, ein Bett mit geschnitztem Kopfteil und eine hohe Kommode. Beide aus Kiefernholz. In dem modernisierten Bad hatte man die ursprüngliche Badewanne auf ihren geschwungenen Füßen frei stehen lassen.
Nur der Keller war verändert. Die zwei Meter fünfzig breite Gefriertruhe enthielt keinerlei Lebensmittel mehr, die Gefriertruhe, in der er, wenn es nötig war, die Leichen der Mädchen aufbewahrte. Hier hatten sie als Eisjungfrauen darauf gewartet, daß unter den wärmenden Strahlen der Frühlingssonne ihre Gräber gegraben wurden. Es gab auch einen Arbeitstisch im Keller, den Arbeitstisch mit einem Stapel aus zehn Schuhkartons. Nur einer mußte noch verziert werden.
Ein reizendes Haus, das in den Wäldern versteckt lag. Er hatte nie jemanden hierher gebracht bis vor zwei Jahren, als er angefangen hatte, von Nan zu träumen. Davor hatte es genügt, das Haus zu besitzen. Wenn er fliehen wollte, war es seine Zuflucht. Das Alleinsein. Die Möglichkeit, so zu tun, als tanze er mit schönen Mädchen. Er pflegte auf dem Videorecorder alte Filme abzuspielen, Filme, in denen er Fred Astaire wurde und mit Ginger Rogers und Rita Hayworth und Leslie Caron tanzte. Er folgte Astaires anmutigen Bewegungen, bis er jeden Schritt mittanzen und Astaires Bewegungen genau nachahmen konnte. Immer spürte er Ginger und Rita und Leslie und Freds andere Partnerinnen in seinen Armen, die ihn verehrend ansahen, die Musik liebten, die gern mit ihm tanzten.
Dann, vor zwei Jahren, war es eines Tages plötzlich vorbei. Mitten im Tanz verschwand Ginger, und Charley hielt wieder Nan in den Armen. Genau wie in den Augenblicken, nachdem er sie getötet hatte und auf dem Waldweg Walzer tanzte; ihr leichter, schlanker Körper war so mühelos zu halten, und ihr Kopf lehnte an seiner Schulter.
Als diese Erinnerung zurückkehrte, rannte er in den Keller, nahm die Gegenstücke des paillettenbesetzten Tanzschuhs und des Nike-Turnschuhs, die er an ihren Füßen gelassen hatte, aus dem Schuhkarton und hielt sie in den Armen, während er zur Musik aus der Stereoanlage tanzte.
Es war, als sei er wieder mit
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