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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Charley nicht, daß ein Onyxring mit einem goldenen E von Erins gefrorenem Finger glitt. Er hörte auch nicht das leise Klirren, mit dem er auf dem Fußboden landete und fast zwischen den Teppichfransen verschwand.

5
    FREITAG, 22. FEBRUAR
    O hne etwas zu sehen, starrte Darcy auf den Plan des Apartments, das sie ausstattete. Die Besitzerin verbrachte ein Jahr in Europa und hatte genau gesagt, was sie brauchte: «Ich will die Wohnung möbliert vermieten, aber meine eigenen Sachen lagere ich ein. Ich will nicht, daß irgendein ungehobelter Klotz Löcher in meine Teppiche oder Polstermöbel brennt. Richten Sie die Wohnung geschmackvoll, aber billig ein. Wie ich höre, sind Sie darin ein Genie.»
    Gestern, nachdem sie auf dem Polizeirevier gewesen war, hatte Darcy sich gezwungen, zu einer Wohnungsauflösung in Old Tappan, New Jersey, zu fahren. Sie hatte eine Goldgrube an guten Möbeln gefunden, die praktisch verschleudert wurden. Einige davon würden genau in dieses Apartment passen; den Rest konnte sie für zukünftige Aufträge einlagern.
    Sie nahm ihren Stift und ihren Skizzenblock. Das Anbausofa sollte an der langen Wand stehen, den Fenstern gegenüber. Das … Sie legte den Stift hin und verbarg das Gesicht in den Händen. Ich muß diesen Job erledigen. Ich muß mich konzentrieren, dachte sie verzweifelt.
    Unwillkürlich stieg eine Erinnerung in ihr auf. Die letzten Wochen ihres zweiten Studienjahres mit den Abschlußprüfungen. Sie und Erin in ihrem Zimmer, in ihre Bücher vertieft. Die Musik von Bruce Springsteen aus der Stereoanlage im Nebenzimmer, die durch die Wände drang und sie verlockte, sich den Feiernden anzuschließen, deren Prüfungen schon vorbei waren. Erin, die jammerte:
    «Darce, wenn Bruce spielt, kann ich mich nicht konzentrieren.»
    «Du mußt aber. Vielleicht kann ich uns Ohrstöpsel kaufen.»
    Erin, mit einem verschmitzten Blick: «Ich habe eine bessere Idee.» Nach dem Abendessen waren sie in die Bibliothek gegangen. Als sie geschlossen wurde, versteckten sie sich in den Kabinen der Toilette, bis die Aufseher gegangen waren. Sie hatten sich im sechsten Stock an die Schreibtische beim Aufzug gesetzt, wo fluoreszierende Lampen die ganze Nacht hindurch brannten, und in völliger Ruhe gelernt; bei Morgengrauen hatten sie sich durch ein Fenster davongemacht.
    Darcy biß sich auf die Lippen. Sie merkte, daß ihr schon wieder die Tränen kamen. Ungeduldig betupfte sie ihre Augen, griff nach dem Telefon und rief Nona an. «Ich hab’s gestern abend schon versucht, aber du warst nicht da.» Sie erzählte von ihrem Besuch in Erins Wohnung, von Jay Stratton, von dem Bertolini-Collier, das sie gefunden hatte, und von den fehlenden Brillanten.
    «Stratton will ein paar Tage abwarten, ob Erin wieder auftaucht, ehe er es der Versicherung meldet. Und die Polizei kann keine Vermißtenanzeige aufnehmen, weil das gegen Erins Recht auf Bewegungsfreiheit verstößt.»
    «So ein Blödsinn», sagte Nona rundweg.
    «Natürlich ist es Blödsinn. Nona, Erin hat sich am Dienstag abend mit jemand getroffen. Sie hatte auf seine Anzeige geantwortet. Das ist es, was mir Sorgen macht. Meinst du, man sollte diesen FBI-Agenten anrufen, der dir geschrieben hat, und mit ihm reden?»
    Ein paar Minuten später streckte Bev den Kopf in Darcys Büro. «Ich will Sie nicht stören, aber es ist Nona.» Ihr Gesicht zeigte mitfühlendes Verständnis. Darcy hatte ihr von Erins Verschwinden erzählt.
    Nona faßte sich kurz. «Ich habe dem FBI-Mann eine Nachricht hinterlassen, er solle mich anrufen. Sobald er es tut, melde ich mich bei dir.»
    «Wenn er sich mit dir treffen will, wäre ich gern dabei.»
    Als Darcy auflegte, schaute sie hinüber zu der Kaffeemaschine auf einem Beistelltisch am Fenster. Sie füllte die Kanne und gab absichtlich eine großzügige Menge gemahlenen Kaffee in den Filter.
    Erin hatte in der Nacht, als sie sich in der Bibliothek versteckten, eine Thermoskanne mit schwarzem, starkem Kaffee mitgebracht. «Das läßt die grauen Zellen stramm-stehen», hatte sie nach der zweiten Tasse verkündet.
    Jetzt, nach der zweiten Tasse, war Darcy endlich in der Lage, sich voll auf den Plan des Apartments zu konzentrieren. Du hast immer recht, Erin, dachte sie, als sie nach ihrem Skizzenblock griff.
    Vince D’Ambrosio kehrte aus dem Konferenzraum des FBI-Hauptquartiers in sein Büro im 27. Stock zurück. Er war groß und schlank, und niemand, der ihn sah, hätte daran gezweifelt, daß er nach fünfundzwanzig Jahren noch immer

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