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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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komisch, sie passen genau zu einem neuen Kleid, das ich erst einmal getragen habe.»
    «Ich habe Sie in dem Kleid gesehen», hatte ihm auf der Zunge gelegen. Statt dessen hatte er gemurmelt: «Über die Bezahlung reden wir später.» Dann hatte er seine Hand auf ihren Knöchel gelegt und gerade so lange verweilt, daß sie argwöhnisch wurde. Er war aufgestanden und zur Stereoanlage gegangen. Die Kassette, die er extra vorbereitet hatte, lag bereits darin. «Till There Was You» war das erste Lied. Das Tommy-Dorsey-Orchester begann zu spielen, und die unvergeßliche Stimme des jungen Frank Sinatra füllte den Raum.
    Er ging zurück zur Couch und griff nach Erins Händen.
    «Lassen Sie uns üben.»
    Der Blick, auf den er gewartet hatte, trat in Erins Augen.
    Das erste, winzige Aufflackern des Bewußtseins, daß etwas nicht ganz stimmte. Sie erkannte die subtile Veränderung in seinem Ton und seinem Verhalten.
    Erin war wie die anderen. Alle reagierten auf die gleiche Weise. Redeten zu schnell, nervös. «Ich glaube, wir sollten uns besser auf den Rückweg machen. Ich habe morgen sehr früh einen Termin.»
    «Nur einen Tanz.»
    «Also gut.» Ihr Ton war widerstrebend gewesen.
    Als sie zu tanzen begannen, schien sie sich zu entspannen. Alle Mädchen waren gute Tänzerinnen gewesen, aber Erin war perfekt. Er war sich illoyal vorgekommen, weil er gedacht hatte, sie tanze
vielleicht sogar besser als Nan.
    Sie war schwerelos in seinen Armen. Reine Anmut. Aber als die letzten Noten verklungen waren, trat sie zurück.
    «Jetzt muß ich aber gehen.»
    Dann, als er gesagt hatte: «Sie werden nirgendwohin gehen», hatte Erin zu laufen begonnen. Wie die anderen rutschte sie auf dem Fußboden, den er so liebevoll gebohnert hatte, aus. Die Tanzschuhe wurden ihr Feind, als sie vor ihm davonrannte und zur Tür lief, die verriegelt war, und auf den Notrufknopf der Alarmanlage drückte, nur, um festzustellen, daß er eine Attrappe war. Als sie ihn berührte, ertönte ein manisches, hohles Lachen, eine zusätzliche kleine Ironie, die die meisten von ihnen zum Schluchzen brachte, während er nach ihrer Kehle griff.
    Erin war besonders befriedigend gewesen. Am Ende schien sie zu wissen, daß Bitten zwecklos war, und kämpfte mit animalischer Kraft, krallte sich an den Händen fest, die um ihren schlanken Hals lagen. Erst, als er an der schweren Goldkette um ihren Hals gedreht hatte und sie anfing, das Bewußtsein zu verlieren, hatte sie geflüstert:
    «Lieber Gott, bitte hilf mir, oh, Daddy …»
    Als sie tot war, tanzte er erneut mit ihr. Kein Widerstand war jetzt mehr in dem schönen Körper. Sie war seine Ginger, seine Rita, seine Leslie, seine Nan und all die anderen. Als die Musik verstummte, zog er ihr den linken Tanzschuh aus und ersetzte ihn durch ihren Stiefel.
    Das Videoband endete, als er ihre Leiche nach unten in den Keller trug, wo er sie in die Kühltruhe legte und den einen Tanzschuh und den Stiefel in den wartenden Schuhkarton packte.
    Charley stand vom Sofa auf und seufzte. Er ließ das Band zurücklaufen, nahm es heraus und schaltete den Videorecorder aus. Die Musikkassette, die er für Erin vorbereitet hatte, war noch in der Stereoanlage. Er drückte auf «Play».
    Als die Musik den Raum füllte, eilte Charley nach unten und öffnete die Tiefkühltruhe. «Entzückend, entzückend», seufzte er, als er das stille Gesicht sah, die bläulichen Venen, die in der eisblauen Haut sichtbar waren. Zärtlich griff er nach ihr.
    Es war das erste Mal, daß er mit einem der Mädchen tanzte, deren Leichen er eingefroren hatte. Es war eine neue, aber prickelnde Erfahrung. Erins Gliedmaßen waren jetzt nicht mehr geschmeidig. Ihr Rücken bog sich nicht nach hinten. Er drückte ihre Wange an seinen Hals, sein Kinn ruhte auf dem kastanienbraunen Haar. Das vorher so weiche Haar hatte jetzt Eisperlen. Minuten vergingen.
    Endlich, nach dem Schluß des dritten Liedes, wirbelte er sie ein letztes Mal herum, blieb dann zufrieden stehen und verbeugte sich.
    Alles hatte mit Nan vor fünfzehn Jahren am dreizehnten März angefangen, dachte er. Er küßte Erins Lippen genauso, wie er die von Nan geküßt hatte. Der dreizehnte März war noch drei Wochen entfernt. Bis dahin würde er Darcy nach hier geholt haben, und es wäre vorbei.
    Er merkte, daß Erins Bluse sich allmählich feucht anfühlte. Er mußte sie in die Stadt schaffen. Er hielt sie mit einem Arm fest und schleifte sie halb zur Stereoanlage.
    Während er die Apparate ausschaltete, merkte

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