Schwesterlein, komm tanz mit mir
passen?»
fragte er Nona Roberts. Und nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, sagte er laut: «Noch eine.»
Kurz nachdem sie Darcy telefonisch von der Verabredung mit Vince D’Ambrosio um drei Uhr erzählt hatte, erhielt Nona unerwarteten Besuch von Austin Hamilton, dem Vorstandsvorsitzenden und alleinigen Eigentümer von Hudson Cable Network.
Hamilton hatte eine eisige, sarkastische Art, die seinen Angestellten Schrecken einjagte. Nona hatte es geschafft, Hamilton zu dem Dokumentarfilm über Kontaktanzeigen zu überreden, obwohl seine erste Reaktion gelautet hatte:
«Wen interessiert schon ein Haufen Verlierer, die andere Verlierer treffen?»
Widerstrebend hatte er ihr grünes Licht gegeben, nachdem sie ihm Seiten um Seiten mit Kontaktanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften gezeigt hatte. «Das ist
das
soziale Phänomen unserer Gesellschaft», hatte sie argumentiert.
«Diese Anzeigen sind alles andere als billig. Die alte Geschichte. Junge möchte Mädchen kennenlernen. Älterer Angestellter möchte reiche Geschiedene kennenlernen.
Der springende Punkt ist die Frage, ob der Märchenprinz Dornröschen findet. Oder ob diese Anzeigen eine kolossale und sogar erniedrigende Zeitverschwendung sind.»
Hamilton hatte zähneknirschend eingeräumt, daß das eine Geschichte hergeben könnte. «Zu meiner Zeit», hatte er bemerkt, «lernte man die Leute in den entsprechenden Schulen und im College und bei Einführungsparties kennen. Man gewann einen ausgewählten Freundeskreis, und durch diese Freunde lernte man andere sozial Gleichgestellte kennen.»
Hamilton war sechzig Jahre alt, hochnäsig und ein perfekter Snob. Doch er hatte Hudson Cable ganz allein aufgebaut, und sein innovatives Programm war eine ernsthafte Herausforderung für die drei großen Networks.
Als er in Nonas Büro kam, war er frostig gestimmt. Obwohl er immer makellos gekleidet war, fand Nona, daß es ihm trotzdem gelang, bemerkenswert unattraktiv auszusehen. Sein Maßanzug aus der Savile Row verbarg nicht ganz seine schmalen Schultern und seine rundliche Taille.
Sein spärliches Haar war in einem silbrig blonden Ton gefärbt, der unnatürlich wirkte. Seine dünnen Lippen, die sich zu einem herzlichen Lächeln verziehen konnten, wenn er sich dazu entschlossen hatte, bildeten einen fast unsichtbaren Strich. Seine blaßblauen Augen waren eiskalt.
Er kam direkt zur Sache. «Nona, ich habe Ihr Projekt verdammt satt. Ich glaube, es gibt keinen ungebundenen Menschen in diesem Gebäude, der nicht Kontaktanzeigen aufgibt oder beantwortet und Zeit damit vergeudet, die Resultate ad nauseam zu vergleichen. Bringen Sie dieses Projekt entweder schnell zu Ende, oder vergessen Sie’s.»
Wenn man den richtigen Moment erwischte, konnte man Hamilton beschwichtigen oder neugierig machen. Nona entschied sich für letztere Möglichkeit. «Ich hatte keine Ahnung, wie explosiv die Sache mit den Anzeigen sein würde.» Sie suchte auf ihrem Schreibtisch nach dem Brief von Vincent D’Ambrosio und reichte ihn Hamilton. Als er ihn las, zog er die Augenbrauen hoch.
«Er kommt um drei Uhr her.» Nona schluckte. «Wie Sie sehen, weist er darauf hin, daß es bei diesen Anzeigen eine dunkle Seite gibt. Eine gute Freundin von mir, Erin Kelley, hat Dienstag abend auf eine geantwortet. Sie ist verschwunden.»
Hamiltons Instinkt für Nachrichten siegte über seinen Starrsinn. «Glauben Sie, daß da ein Zusammenhang besteht?»
Nona wandte den Kopf ab und bemerkte zerstreut, daß die Pflanze, die Darcy vor zwei Tagen gegossen hatte, schon wieder die Blätter hängen ließ. «Ich hoffe nicht. Ich weiß nicht.»
«Berichten Sie mir, wenn Sie mit diesem Mann gesprochen haben.»
Angewidert erkannte Nona, daß Hamilton beim potentiellen Medienwert von Erins Verschwinden das Wasser im Munde zusammenlief. Sichtlich bemüht, mitfühlend zu klingen, sagte er: «Wahrscheinlich ist mit Ihrer Freundin alles in Ordnung. Machen Sie sich keine Sorgen.»
Als er fort war, streckte Nonas Sekretärin Connie Frender den Kopf durch die Tür. «Leben Sie noch?»
«Mit Müh und Not.» Nona versuchte zu lächeln. War sie jemals einundzwanzig gewesen? fragte sie sich. Connie war das schwarze Gegenstück von Joan Nye, die die Nachrufe machte. Jung, hübsch, intelligent, clever. Matts neue Frau war jetzt zweiundzwanzig. Und ich werde einundvierzig, dachte Nona. Ohne Kind und Kegel. Reizender Gedanke.
«Ich habe einen ganzen Stapel neuer Antworten von einigen der Chiffreanzeigen, auf die Sie
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