Schwesterlein, komm tanz mit mir
Freundin von Erin Kelley. Wahrscheinlich wissen Sie, was ihr zugestoßen ist.»
«Darcy Scott.» Die angenehme Stimme wurde tiefer und klang betroffen. «Erin hat mir von Ihnen erzählt. Es tut mir so leid. Gestern habe ich mit einem FBI-Agenten gesprochen und ihm versichert, daß ich nach Kräften helfen möchte. Erin war ein reizendes Mädchen.»
Darcy merkte, daß sich ihre Augen mit Tränen füllten.
«Ja, das war sie.»
Offenbar hatte er ihrer Stimme die Tränen angehört.
«Das ist furchtbar hart für Sie. Kann ich Sie bald einmal abends zum Essen ausführen? Vielleicht hilft es Ihnen, wenn Sie darüber reden.»
«Ja, gern.»
«Morgen?»
Darcy dachte rasch nach. Sie traf Len um sechs. «Wenn acht Uhr Ihnen paßt?»
«Sehr gut. Ich reserviere einen Tisch im ‹Le Cirque›.
Übrigens, wie erkenne ich Sie?»
«Ich werde ein blaues Wollkleid mit weißem Kragen tragen.»
«Ich bin der am durchschnittlichsten aussehende Mann im Lokal. Ich warte an der Bar.»
Darcy legte auf und fühlte sich irgendwie getröstet, und gleich ertappte sie sich dabei, wie sie sich instinktiv vornahm, Erin anzurufen und ihr das zu erzählen.
Sie stand auf und massierte ihren Nacken. Dumpfe Kopfschmerzen machten ihr bewußt, daß sie seit Mittag nichts gegessen hatte. Jetzt war es Viertel vor acht.
Schnell eine heiße Dusche, beschloß sie. Dann wärme ich mir eine Suppe und schaue mir diese Sendung an.
Die Suppe, die dampfend heiß sehr appetitlich war, wurde zu einem dicken Brei aus in Tomatenbrühe schwimmenden Gemüsestückchen, während Darcy auf den Bildschirm starrte. Das Foto der toten Neunzehnjährigen, einen Fuß in einem verschrammten Nike-Turnschuh, den anderen in einem paillettenbesetzten schwarzen Satinpumps, war entsetzlich. Hatte Erin so ausgesehen, als man sie gefunden hatte? Die Hände in der Taille gefaltet, die Spitzen der nicht zueinander passenden Schuhe in die Luft zeigend? Welches kranke Gehirn konnte dieses Bild sehen und es nachahmen wollen?
Die Sendung endete mit dem Hinweis, daß möglicherweise ein Nachahmungstäter für den Mord an Erin Kelley verantwortlich sei.
Als es vorbei war, schaltete sie den Apparat aus und vergrub das Gesicht in den Händen. Vielleicht hatte das FBI recht mit dem Nachahmungstäter. Es konnte kein Zufall sein, daß ein paar Wochen nach der Ausstrahlung der Sendung Erin auf die gleiche Weise gestorben war.
Aber warum Erin? Und hatte der Schuh, den sie trug, gepaßt? Wenn ja, woher kannte der Mörder ihre Schuhgröße? Vielleicht bin ich verrückt, dachte sie. Vielleicht sollte ich mich heraushalten und die ganze Sache Leuten überlassen, die wissen, was sie tun.
Das Telefon läutete. Am liebsten hätte sie den Hörer nicht abgenommen. Sie war plötzlich zu müde, um mit irgend jemandem zu reden. Aber vielleicht gab es Neuigkeiten von Billy. Das Pflegeheim hatte für Notfälle ihre Telefonnummer. Sie hob ab. «Darcy Scott.»
«Persönlich? Na,
endlich!
Ich habe alle paar Tage versucht, Sie zu erreichen. Ich bin Chiffre 2721. Doug Fields.»
9
DONNERSTAG, 28. FEBRUAR
A m Donnerstag morgen stellte Nona zusammen mit ihrer Kollegin Liz Kroll die Planung des Dokumentarfilms fertig. Liz, eine junge Frau mit hagerem Gesicht und scharfen Zügen, hatte die potentiellen Gäste interviewt und die Nieten aussortiert, wie sie sich ausdrückte.
«Wir haben eine gute Mischung», versicherte sie Nona.
«Zwei Paare, die geheiratet haben. Die Cairones verliebten sich beim ersten Treffen ineinander und sind gefühlsduselig genug, um die romantischen Gemüter zufriedenzustellen. Die Quinlans haben gegenseitig auf ihre Anzeigen geschrieben und erzählen recht lustig, wie ihre Briefe sich in der Post kreuzten. Wir haben jemanden, der aussieht wie der junge Abraham Lincoln. Er gesteht seine Schüchternheit ein und sagt auch, daß er noch immer das richtige Mädchen sucht. Wir haben eine junge Frau, deren Anzeige sich versehentlich so anhörte, als sei sie eine reiche Geschiedene. Sie bekam siebenhundert Zuschriften und hat sich bisher mit zweiundfünfzig Männern getroffen. Wir haben eine Frau, die sich mit ihrem Partner zum Essen verabredete, und am Schluß brach er einen Streit mit ihr vom Zaun, ging einfach weg und ließ sie mit der Rechnung sitzen. Der nächste Typ fiel buchstäblich über sie her, als er sie nach Hause fuhr. Jetzt lungert er vor ihrem Haus herum. Eines Morgens wachte sie auf und sah, daß er in ihr Schlafzimmerfenster spähte. Wenn Ihre Freundin Erin Kelley ihren
Weitere Kostenlose Bücher