Schwesterlein, komm tanz mit mir
gegangen, nämlich so, als würde sie in einen Tanzschritt gleiten, sobald Musik erklänge.
Darcy war sich bewußt, daß Chris Sheridan sie musterte.
Auch sie hatte ihn betrachtet. Sie mochte die ausgeprägten Züge, den leichten Höcker auf seinem Nasenrücken, der vermutlich von einem Bruch herrührte. Die Breite seiner Schultern und ein allgemeiner Eindruck von disziplinierter Fitneß ließen auf einen Sportler schließen.
Vor ein paar Jahren hatten sich sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater Schönheitsoperationen unterzogen. «Hier ein Abnäher, dort eine Naht», hatte ihre Mutter lachend gesagt. «Schau nicht so mißbilligend, Darcy, Liebes. Vergiß nicht, daß unser Aussehen für unseren Marktwert sehr wichtig ist.»
Wie völlig irrelevant, sich jetzt daran zu erinnern, dachte Darcy. Versuchte sie einfach, dem verzögerten Schock über das Päckchen mit Erins Stiefel und dem Tanzschuh auszuweichen? Gestern hatte sie den ganzen Tag lang die Fassung bewahrt, doch heute früh um vier Uhr war sie aufgewacht, und ihr Gesicht und ihr Kopfkissen waren tränennaß gewesen. Bei dieser Erinnerung biß sie sich auf die Lippen, doch sie konnte nicht verhindern, daß ihr Tränen in die Augen stiegen.
«Entschuldigen Sie bitte», sagte sie rasch und versuchte, forsch zu klingen. «Es war sehr nett von Ihnen, daß Sie gestern abend wegen der Bilder nach Connecticut gefahren sind. Vince D’Ambrosio sagte mir, Sie hätten dafür extra Ihre Pläne ändern müssen.»
«Die waren nicht so wichtig.» Chris spürte, daß Darcy Scott nicht wollte, daß er auf ihren Kummer einging. «Eine schreckliche Menge Zeug», sagte er sachlich. «Ich habe alles auf einem Tisch im Konferenzzimmer ausgebreitet.
Ich schlage vor, Sie schauen es sich an. Wenn Sie die Sachen lieber bei sich zu Hause oder in Ihrem Büro haben wollen, lasse ich sie Ihnen bringen. Wenn Sie nur einen Teil haben wollen, können wir auch das einrichten. Die meisten Leute auf den Bildern kenne ich. Natürlich sind auch einige dabei, die ich nicht kenne. Also, schauen wir sie uns an.»
Sie gingen nach unten. Darcy merkte, daß in der Viertelstunde, die sie in Sheridans Büro verbracht hatte, die Menschenmenge, die die Gegenstände der nächsten Auktion besichtigte, beträchtlich angewachsen war. Sie liebte Auktionen. Als junges Mädchen hatte sie sie regelmäßig besucht, zusammen mit dem Händler, der ihre Eltern vertrat.
Selbst konnten sie nie hingehen. Wenn bekannt wurde, daß einer von ihnen sich für den Kauf eines Gemäldes oder einer Antiquität interessierte, schoß sofort der Preis in die Höhe. Wenn sie ihre Mutter und ihren Vater die Geschichte ihrer Käufe erzählen hörte, fühlte sie sich unbehaglich.
Sie ging neben Sheridan zum hinteren Teil des Gebäudes, als sie einen Zylinderschreibtisch erspähte. Sofort ging sie darauf zu. «Ist das wirklich ein Roentgen?»
Chris strich mit der Hand über die Mahagonioberfläche.
«Ja, ist es. Sie kennen sich aus in Antiquitäten. Sind Sie in dieser Branche tätig?»
Darcy dachte an den Roentgen in der Bibliothek des Hauses in Bel-Air. Ihre Mutter erzählte gern, wie Marie Antoinette ihn als Geschenk für ihre Mutter, Kaiserin Maria Theresia, nach Österreich geschickt hatte; deshalb war er während der Französischen Revolution nicht verkauft worden. Dieser hier war offenbar auch aus Frankreich herausgebracht worden.
«Sind Sie in der Branche tätig?» wiederholte Chris.
«Oh, Verzeihung.» Darcy lächelte und dachte an das Hotel, das sie mit Gelegenheitskäufen aus Haushaltsauflösungen einrichtete. «In gewisser Weise könnte man es so ausdrücken.»
Chris zog die Augenbrauen hoch, fragte aber nicht weiter. «Hier entlang.» Eine geräumige Halle führte zu einem Raum mit Doppeltüren. Darin stand ein georgianischer Eßtisch unter einer Schutzdecke. Alben, Jahrbücher, gerahmte Bilder, Schnappschüsse und Dias waren auf dem Tisch aufgereiht.
«Vergessen Sie nicht, daß diese Aufnahmen vor über fünfzehn Jahren gemacht wurden», gab Sheridan zu bedenken.
«Ich weiß.» Darcy betrachtete die zahlreichen Gegenstände.
«Wie oft benutzen Sie diesen Raum?»
«Nicht sehr oft.»
«Wäre es möglich, alles hier zu lassen? Ich würde dann mehrmals kommen. Wenn ich im Büro bin, habe ich nämlich immer viel zu tun. Meine Wohnung ist nicht groß, und ich bin ohnehin nicht oft dort.»
Chris wußte, daß ihn das nichts anging, aber er konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen. «Agent D’Ambrosio sagte mir,
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