Schwesterlein, komm tanz mit mir
mit einem Burschen namens Charley tanzen gegangen, und er habe sie aufgezogen, weil sie flache Schuhe trug.
Sie hat sich so ausgedrückt: ‹Kannst du dir vorstellen, daß ein Junge meiner Generation findet, Mädchen sollten Stöckelschuhe tragen?›»
«Um drei Uhr war ich mit meinen Patienten fertig, und ich fand es einfacher, herzukommen und mit Ihnen zu reden, als die Sache am Telefon zu besprechen.» Michael Nash veränderte leicht seine Haltung und versuchte, auf dem grünen Zweiersofa in Nonas Büro eine bequemere Stellung zu finden. Unwillkürlich überlegte er, warum eine offensichtlich intelligente und kontaktfreudige Person wie Nona Roberts ihren Besuchern dieses Folterobjekt zumutete.
«Tut mir leid, Doktor.» Nona räumte Aktenordner von dem einzigen bequemen Stuhl, der neben ihrem Schreibtisch stand. «Bitte.»
Bereitwillig wechselte Nash den Platz.
«Ich sollte das Ding wirklich abschaffen», entschuldigte sich Nona. «Ich komme bloß nie dazu. Immer gibt es Interessanteres zu tun, als Möbel umzuräumen.» Sie lächelte schuldbewußt. «Aber sagen Sie das bloß nicht Darcy.»
Er erwiderte das Lächeln. «In meinem Beruf ist man zur Verschwiegenheit verpflichtet. So, und womit kann ich Ihnen behilflich sein?»
Ein wirklich attraktiver Mann, dachte Nona. Ende Dreißig. Eine gewisse Reife, die er wahrscheinlich durch seinen Beruf als Psychiater erworben hat. Darcy hatte ihr von ihrem Besuch in seinem Haus in New Jersey erzählt. Heirate nie des Geldes wegen, wie Nonas alte Tanten zu sagen pflegten, aber es ist genauso leicht, einen reichen Mann zu lieben wie einen armen. Nicht, daß Darcy es nötig gehabt hätte, Geld zu heiraten, Gott bewahre! Aber Nona hatte bei ihr immer eine gewisse Einsamkeit gespürt, das verlorene kleine Mädchen. Ohne Erin mußte das schlimmer werden. Es wäre wunderbar, wenn sie jetzt den richtigen Mann kennenlernte.
Sie merkte, daß Dr. Michael Nash sie mit einem amüsierten Ausdruck beobachtete. «Na, habe ich bestanden?»
fragte er.
«Gewiß.» Sie griff nach dem Ordner mit den Unterlagen für die Dokumentarsendung. «Darcy hat Ihnen wahrscheinlich gesagt, warum sie und Erin auf Kontaktanzeigen antworteten.»
Nash nickte.
«Wir haben die Sendung so ziemlich fertig, aber ich möchte, daß ein Psychiater sich über die Menschen äußert, die Anzeigen aufgeben oder beantworten, und über ihre Motive spricht. Vielleicht wäre es möglich, ein paar Hinweise auf Verhaltensweisen zu geben, die Warnsignale sein könnten. Drücke ich mich da richtig aus?»
«Sie sagen es sehr deutlich. Vermutlich wird sich der FBI-Agent auf den Aspekt der Serienmorde konzentrieren.»
Nona spürte, wie sie sich versteifte. «Ja.»
«Mrs. Roberts, Nona, wenn Sie gestatten, ich wünschte, Sie könnten jetzt Ihren Gesichtsausdruck sehen. Sie und Darcy sind einander sehr ähnlich. Sie müssen aufhören, sich selbst zu quälen. Sie sind nicht mehr für Erin Kelleys Tod verantwortlich als eine Mutter, die mit ihrem Kind spazierengeht und miterleben muß, wie es von einem außer Kontrolle geratenen Auto überfahren wird. Manche Dinge sind eben Schicksal. Trauern Sie um Ihre Freundin.
Tun Sie alles, was Sie können, um andere davor zu warnen, daß da draußen ein Verrückter herumläuft. Aber versuchen Sie nicht, Gott zu spielen.»
Nona bemühte sich, mit klarer Stimme zu sprechen. «Ich wünschte, das würde mir jemand fünfmal am Tag sagen.
Für mich ist es schon schlimm, aber für Darcy ist es zehnmal schlimmer. Ich hoffe, Sie haben ihr das auch gesagt.»
Michael Nash lächelte breit. «Meine Haushälterin hat mich diese Woche dreimal angerufen und Speisepläne vorgeschlagen, damit ich Darcy auch ja wieder mitbringe. Sie wird am Sonntag nach Wellesley fahren, um Erins Vater zu besuchen, aber am Samstag ißt sie mit mir zu Abend.»
«Gut! Und jetzt zu unserer Sendung. Wir zeichnen sie am kommenden Mittwoch auf, und sie wird Donnerstag abend ausgestrahlt.»
«Normalerweise scheue ich vor solchen Sachen zurück.
Zu viele meiner Kollegen drängen sich bei Kriminalprozessen auf den Bildschirm oder in den Zeugenstand. Doch hier kann ich vielleicht einen Beitrag leisten. Sie können mit mir rechnen.»
«Großartig.» Beide standen gleichzeitig auf. Nona wies mit der Hand auf die Schreibtische in dem Raum vor ihrem Büro.
«Wie ich hörte, schreiben Sie ein Buch über Bekanntschaftsanzeigen. Wenn Sie weitere Recherchen brauchen – die meisten unverheirateten Mitarbeiter hier spielen das
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