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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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vielleicht einfach nur die Gelegenheit genutzt …« Jan-Ole blickte hoch, dann schüttelte er den Kopf. »Entschuldige, ich denke nur laut, eine schlechte Angewohnheit, ichweiß.« Er hieb mit der Faust gegen den Türrahmen. »Verdammt, es passt einfach nicht zusammen, das ergibt keinen Sinn, da sind zu viele lose Enden!«
    »Glaubst du wirklich, dass dieser Carlos irgendetwas mit Maries Verschwinden zu tun hat?«
    »Es ist der einzige Ansatzpunkt, den ich im Moment sehe«, erwiderte Jan-Ole. »Und wir müssen ihn unter allen Umständen ausfindig machen. Aber das wird den Kollegen hier früher oder später gelingen. Wenn wir wollen, finden wir jeden, es ist nur eine Frage der Zeit.«
    Wieder war es das »wir«, das Julia irritierte. Jan-Ole redete, als wäre er nach wie vor Polizist, dachte sie, hier läuft irgendetwas, von dem ich nichts weiß. Aber sie sagte nichts, es kostete sie schon genug Mühe, die Stimme in ihrem Kopf zu ignorieren, die wollte, dass sie Jan-Ole endlich alles von Mikke erzählte.
    Jan-Ole stand auf und reckte sich. Dann kickte er einen Kiesel über das Pflaster und sagte: »Zumindest ist inzwischen sicher, dass Marie in Bergen angekommen ist. Die Frau von dem Kiosk im Bahnhof hat sie auf dem Foto wiedererkannt. Sie kann sich sogar erinnern, dass Marie ein Croissant bei ihr gekauft hat. Und Marie war alleine, auch da ist sie sich sicher.« Unvermittelt beugte er sich wieder zu Julia. »Dein Freund, Mikke, wo kommt der her?«
    »Was?«, stotterte Julia überrumpelt.
    »Du hast meine Frage verstanden.«
    Sein Blick hatte etwas Lauerndes. Julia kam sich plötzlich vor, als würde sie ihm gegenüber an einem Verhörtisch sitzen. Und sie reagierte, ohne nachzudenken, als hätte er sie in die Enge getrieben und sie müsste sich unter allen Umständen verteidigen.
    Ihr Ton klang spöttisch, als sie Jan-Oles Frage wiederholte: »Wo kommt er her? Willst du vielleicht auch noch wissen, was er arbeitet? Wo er wohnt? Ob er irgendwelche komischen Angewohnheiten hat? Oder ob ich mir vorstellen kann, dass er vielleicht ein bisschen pervers ist? Nein, sorry, viel wichtiger: Weißt du, was er letzten Sommer gemacht hat? Mann, Jan-Ole, dann frag mich doch gleich, ob ich glaube, dass er Marie entführt hat!«
    Jan-Ole blieb ganz ruhig, hielt ihren Blick aber nach wie vor fest.
    »Ein paar Antworten würden mich tatsächlich interessieren. Und wenn ich ehrlich sein soll, habe ich gerade das ungute Gefühl, als hättest du dir einige deiner Fragen bereits selber gestellt. Aber wenn du meinst, dass es mich nichts angeht …« Er zuckte mit der Schulter und richtete sich auf. »Ich hoffe nur, du verstehst, dass ich nicht frage, weil ich mich in dein Leben einmischen will. Ich versuche nur, mir ein Bild zu machen.«
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor. So was Ähnliches habe ich doch auch von Merette schon mal gehört.«
    Jan-Ole reagierte nicht auf ihren Satz. Stattdessen sagte er: »Eine Sache nur noch, dann lasse ich dich damit in Ruhe. Hast du Mikke von Marie erzählt? Dass sie verschwunden ist, meine ich?«
    »Ja, habe ich.«
    »Und? Wie hat er darauf reagiert? Bitte, Julia, gib mir einfach nur eine Antwort.«
    »Ich weiß nicht, ganz normal. Er war genauso irritiert wie ich. Aber er kennt Marie ja auch nicht, es ging ihm mehr darum, mich zu beruhigen, oder mir einfach nur zuzuhören und … für mich da zu sein.«
    »Aber du hattest nicht den Eindruck, dass du ihm vielleicht nichts Neues erzählst?«
    »Wie meinst du das?«
    »Dass er schon vorher wusste, dass Marie verschwunden ist.«
    »Echt, Jan-Ole, das ist bescheuert! Nein, er wusste es nicht, das ist sicher!«
    Den letzten Satz hatte Julia so laut gerufen, dass Jan-Ole beruhigend die Hände hochnahm.
    Im nächsten Moment klingelte das Handy in seiner Jackentasche. Noch während er das Gespräch annahm, entfernte er sich ein paar Schritte von Julia. Sie sah, wie er mehrmals mit der freien Hand gestikulierte.
    Als er zu ihr zurückkam, war sie verwundert, dass er sie überhaupt darüber informierte, mit wem er gesprochen hatte.
    »Ich muss los, Julia. Das war Merette. Es scheint so, als hätte sie da jemanden, der uns vielleicht einen wichtigen Hinweis geben kann. Aber ich will sie nicht alleine da hinlassen.«
    »Gibt es irgendwas Neues wegen Marie?«
    »Leider nein. Oder nur indirekt, aber Genaueres weiß ich ja selber noch nicht. – Ich melde mich wieder. Tu mir den Gefallen und pass auf dich auf, ja? Und triff dich mal heute nicht mehr mit Mikke, es

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