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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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habt ihr euch also getrennt?«
    »Ich hab meine Sachen gepackt und bin nach Hause gefahren, ja.«
    »Von Marie hast du nichts mehr gehört?«
    »Erst neulich wieder, als sie angerufen hat.«
    »Hat sie da noch mal was über diesen Carlos erzählt?«
    »Nur dass es schon länger vorbei ist. Und dass es der größte anzunehmende Beziehungsunfall überhaupt gewesen ist. Aber das hätte ich ihr gleich sagen können. Es klang alles so …« Julia suchte nach dem richtigen Wort. »Falsch, irgendwie. Marie ist nicht unbedingt jemand, der auf neureiche Playboy-Söhnchen steht. Ich weiß nicht, was sie sich dabei gedacht hat. Sie wollte mir die Geschichte ausführlich erzählen, wenn sie hier ist, aber … ach Mist, ich kapiere überhaupt nichts mehr!«
    Sie hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. »Warum fragst du das überhaupt alles? Das ist doch ewig her! Was spielt das noch für eine Rolle, was mit dem Typen war?«
    Erik kam aus der Halle auf sie zu. Julia sah, dass er kurz zögerte, bevor er fragte: »Ist alles okay, Julia? Ich meine nur, weil … Also die anderen wundern sich auch schon, wo du bleibst. Wir wollen jetzt das Licht einrichten.«
    »Viel Spaß«, meinte Jan-Ole. Sein Ton ließ deutlich verstehen, dass Erik störte.
    »Es ist okay«, sagte Julia. »Ich komme gleich. Fangt solange schon mal ohne mich an.«
    »Ich dachte nur, vielleicht, dass auch …« Er wandte sich direkt an Jan-Ole. »Also, wenn Sie Lust hätten, dann würden wir uns freuen, wenn Sie kurz einen Blick …«
    »Du hast doch gehört, was Julia sagt, oder?«, erwiderte Jan-Ole. »Das Timing ist gerade ganz schlecht.«
    »Ach so, ja dann …« Erik blickte noch einmal ratlos von Julia zu Jan-Ole und zurück. Dann zog er die Schultern hoch und schlich davon.
    Jan-Ole machte eine wegwerfende Handbewegung, als würde sich jeder Kommentar zu Erik erübrigen. Irritiert stellte Julia fest, dass sie sich über seine unausgesprochene Ablehnung ärgerte. Auch wenn Erik ihr häufig genug selber den letzten Nerv raubte, war er doch ein Kommilitone, mit dem sie an dem Projekt arbeitete – und sie fand, dass Jan-Ole kein Urteil über ihn zustand.
    Zu ihrer Verblüffung schien Jan-Ole ihre Reaktion bemerkt zu haben.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Aber ich kann es langsam nicht mehr ab, dass mich die Leute für irgendwelche Sachen einspannen wollen, ohne auch nur das Geringste über mich zuwissen! Nur weil ich in letzter Zeit ein paar Bilder verkaufe, heißt das noch nicht, dass ich mich deshalb für Kunst begeistern kann. Warte«, setzte er hinzu, als er merkte, dass Julia etwas erwidern wollte. »Das geht nicht gegen dich oder gegen das, was ihr da in der Halle macht, aber dazu müsste ich erst mal die Chance haben, mich überhaupt darauf einlassen zu können. Und im Moment habe ich andere Sachen im Kopf, die wichtiger sind.«
    »Ist es nicht vielleicht eher so, dass du nicht auf irgendwelche Gothic-Typen in langen schwarzen Mänteln stehst?«, machte Julia den Versuch, die verkrampfte Situation mit einem Spruch zu überspielen.
    Jan-Ole grinste. »Stimmt, da ist was dran.«
    »Ich auch nicht«, sagte Julia. »Du kannst also ganz ruhig bleiben. Aber …«
    Jan-Ole nickte. »Zurück zu Marie. Die Kollegen in Oslo haben mich informiert, dass es da im letzten Herbst eine Anzeige gegeben hat. Wenn ich das richtig verstanden habe, hatte deine Freundin Schluss mit dem Typen gemacht, aber offensichtlich hat ihm das nicht gepasst, und er hat sie auf Schritt und Tritt verfolgt, sie mitten in der Nacht angerufen, ihr Briefe geschickt, ihr gedroht, dass er sie zwingen würde, wenn sie nicht freiwillig zu ihm zurückkommt, er hat sich sogar in ihren Laptop gehackt. Bis sie sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als die Polizei einzuschalten. Völlig richtig, und die Kollegen haben ihm deutlich erklärt, was seine Optionen sind.«
    Julia biss sich auf die Unterlippe. »Der größte anzunehmende Unfall, das meinte Marie also«, sagte sie leise.
    Jan-Ole zog sich das Zopfgummi ab und band sich den Pferdeschwanz neu, bevor er weiterredete. »Das Ganze istdann bei einer Richterin gelandet, die Anzeige lief ja. Nach dem Gewaltschutzgesetz hat der Typ eine klare Anweisung erhalten, sich Marie nicht mehr zu nähern und jeden weiteren Kontaktversuch zu unterlassen.«
    »Und?«
    »Er hat sich daran gehalten. Aber jetzt kommt es erst: Er ist zwar immer noch in Oslo gemeldet, doch unter der angegebenen Adresse nicht auffindbar, die Kollegen haben das überprüft, die Wohnung

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