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Schwestern der Angst - Roman

Schwestern der Angst - Roman

Titel: Schwestern der Angst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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in Waschmittel legen. Sanfte Reinheit ist auch keine Garantie für ein gesundes Leben.
    Gegen meine Krankheit half und hilft Promiskuität. Mehrere Jahre durchzechte ich die Nächte in den Gasthäusern, um Männer zu ködern, die meine Haut mit ihren Händen glätteten, ohne zu ahnen, dass ich sie zu medizinischen Zwecken an mich heranließ. Sie streiften mir mit meinen Kleidern die Neurodermitis ab. Die Essenzen, die mein Astralleib aus der körperlichen Umarmung saugte, hielten mich elastisch. Ich fühlte mich kernig und glatt, der Juckreiz löste sich unter weichlippigen Küssen auf und ich verfügte deshalb über einen tadellosen Teint.
    Als ich Robert nach Jahren wieder traf, hatte er Glück. Meine Haut war gerade wieder ein bisschen schuppig und so kam er in den Genuss, mir als Arznei zu dienen. Er hielt länger als gedacht. Seine Berührungen rannen an mir wie aromatische Öle ab, die mich zusätzlich würzten, geschmeidig und seidig bewahrten. Nacht für Nacht verwendete ich ihn. Dafür musste ich ihn auch aushalten. Diese Art Mann ist so teuer wie ein hochwertiges Produkt. Mein kleiner Satan nützte meine Hilfsbedürftigkeit aus, um sein Auskommen zu erlangen. Er tat mir recht lange gut. Doch irgendwann tritt bei jedem Menschen der Gewöhnungseffekt ein und dann wird jeder austauschbar und unnütz. Es juckte mich wieder, und wenige Stunden, nachdem ich das Foto von Marie und Paul in der Zeitung gesehen hatte, kratzte ich mir Krater.

II
    Die Jahre nach Maries Matura vergingen nicht wie im Flug, sondern wie im freien Fall. Vater verkaufte den Eissalon und zog sich mit der Griechin auf eine Insel in der Ägäis zurück. Ich hatte zuerst in der Tierhandlung gearbeitet, später im Büro der Tierhandlung, dann als Vertreterin für Tierfutter, danach war ich in ganz Europa herumgereist und hatte Rohstoffe für Tierfutter eines der weltumspannenden Lebensmittelkonzerne eingekauft. Ich hatte mich von der Assistentin in der Tierhandlung in die Management-Etage hochgearbeitet und gleichzeitig die Matura per Fernstudium nachgeholt.
    Außerdem konnte ich auch sportliche Erfolge sammeln. Wer sich in Bars bewegt und in Irish Pubs sein Zuhause hat, der wird eines Tages Darts für sich entdecken. Als Pfeilartistin war ich gern gesehen und erfolgreich. Ich traf ins Schwarze und meine katzenhafte Anschmiegsamkeit im Spiel paarte sich mit meinem Zielbewusstsein, Männer für mich einzunehmen. Ziele nicht nur zu verfolgen, sondern sie auch zu erreichen, das ist meine Domäne. Die Spitzen meiner Pfeile können nur mit Diamant geschliffen werden.
    Doch mit dem Tod des Vaters geriet mein Leben aus der Bahn.
    Die kleine Bar, in der ich den schlechtesten Kaffee der Welt zum Munde führte, lag auf einer Insel. Als der Stiefvater starb und ich von seiner Witwe erfahren hatte, dass er in Griechenland begraben werden wollte, buchte ich gleich eine Urlaubsreise rund um den Begräbnistermin.
    Ich plätterte mit dem Surfbrett über die Wellen, während Vaters Tod den Kampf gegen die letzten Kräfte gewann. Meine Haut war gepökelt. Ich wohnte in einem Bungalow auf dem Campingplatz neben dem Hafen der Insel. Die Unterkunft war einfach und billig. Der Gartenschlauch diente als Dusche, das Wasser kam aus der Zisterne.
    Zu Marie hatte ich seit ein paar Monaten keinen Kontakt mehr. Die Griechin habe sie informiert, sagte sie mir, beim Begräbnis würde sie gewiss anwesend sein. Dass Marie schon davor auf der Insel war, verschwieg sie mir. Damals folgte ich meiner Nase und erreichte das Ziel, aber nicht Marie.
    Ich saß unter dem Baldachin des Cafés und tunkte die gallertige Masse eines türkischen Honigs in den Sud. Ein Kruzifix ragte hinter dem Hügel hervor und Schritt für Schritt, wie der Mast eines am Horizont auftauchenden Schiffes wuchs es heran, wurde das von einem Ministranten in Spitzenhemd und schwarzem Unterkleid hochgehaltene Kreuz größer. Ein anderer Ministrant hielt die üppige Monstranz des heiligen Fleisches des Gekreuzigten in Kinderhänden. Dahinter folgte der Bischof der Insel. Er führte den Trauerzug meines Stiefvaters an. Als der Trauerzug, über den Hügel herauf sich nähernd, den einstimmigen Klagegesang aus einem Ghettoblaster verbreitete, anstatt wie seinerzeit aus den faltigen Mündern der Betweiber, ertönten die Klänge der Zimbel, deren Metallschalen von den Fingerspitzen meiner Marie gehalten und in regelmäßigen Abständen zusammengeführt wurden. Ich hatte Marie lange nicht mehr gesehen. Ich wollte mich

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