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Schwestern der Angst - Roman

Schwestern der Angst - Roman

Titel: Schwestern der Angst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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vom Sofa auf den Boden. Er lag zu meinen Füßen, wie immer, nur dass er sie mir jetzt nicht mehr küssen konnte. Ich ließ die Flasche nicht fallen, stieg über den Körper meines Roberts hinweg und steuerte auf den Kamin zu, wo die Kelche am Sims standen, schenkte mir ein Glas voll. Das säuerliche Prickeln entschlackte die Speiseröhre und machte den bitteren Nachgeschmack von Aggression leichter schlucken. Müde vom Tagwerk, sank ich nun auf das Sofa und legte eine CD ein, um mich zu erweitern und zu verbreitern, um meine Ohren zu reinigen und mich mit Musik zu nähren.
    Ich rollte den Körper auf einen Teppich und schleifte ihn mit dem Teppich über den Holzboden. Die Tasche lag auf dem Sofa und ich neigte mich vor, ergriff ihre Lederbügel, hielt sie auseinander und blickte in den Bauch der Tasche. Ich war froh, dass Robert mich nicht mehr berauben konnte, und gleichzeitig war ich entsetzt, dass ich ihn getötet hatte. Nicht einmal mehr die Zeit für ein gemütliches Frühstück hatten wir. Autoschlüssel, Kugelschreiber, Schminkstifte, Mobiltelefon und die durchsichtige Kosmetiktasche fielen auf den Boden. Ich durchsuchte hastig die Tasche, die Fotos von Marie waren verschwunden. Spezielle Fotos, die ich heimlich mit einem Teleobjektiv geschossen hatte, als sie in ihrer Wohnung mit gefalteten Händen vor einer männlichen Person niedergekniet war. Marie sah darauf blass aus, abgehetzt und scheu blickte sie um sich, als erwartete sie es, beschattet zu sein. Ich glaube, sie schämte sich für das Beten. Und nun hatte ich einen Toten in der Wohnung, und noch dazu selbstermordet. Ich betete darum, dass auch seine Materialität für immer von mir gegangen sein mochte.
    Ich stieg über Robert hinweg, öffnete die Wohnungstür und suchte das Treppenhaus nach Spionen ab. Bildete ich es mir ein, eine Tür zuschnappen zu hören? Oder war es das Geräusch einer Briefklappe? Schließlich stellte ich mich zum Geländer und blickte in den Abgrund. Dort lag ein Hut mit breiter Krempe. Der Hut bewegte sich, drehte sich und stellte sich auf. Die Krempe richtete sich auf und gab das Gesicht eines heraufschauenden Mannes preis. Hatte er mich wahrgenommen? Seine Stirn war in Falten gelegt. Robert simpel zu entsorgen, verschob ich auf später. Sanfte, gütige Augen, die mich erfassten, und ein Mund am Mobiltelefon. Ich trat sofort zurück und verschwand in der Wohnung, drückte die Tür leise ins Schloss. Ich durchsuchte noch einmal die Handtasche nach meiner Sonnenbrille, die ich normalerweise dort fand. Noch hatte ich alle Tassen im Schrank, denn ich fand die Marienfotos im Sonnenbrillenetui. Sie waren eingerollt. Ich entrollte sie und legte sie zum Glätten unter das kalte Bügeleisen.
    Ich setzte die Sonnenbrille auf. Robert sah durch das rosa getönte Glas nicht tot, sondern schlafend aus. Ich beugte mich hinab und hielt das Ohr an seinen Mund. Ich erschrak. Ein Zirpen ertönte. Das Zirpen stammte nicht von Robert. Ich ging beruhigt an die Tür. Draußen stand der Mann mit Hut. Der Spion verzerrte sein Gesicht. Ich fühlte mich verwanzt. Ich schnappte mir die Handtasche und lauerte, bis der Typ verschwand. Die blaue Iris zuckte hinter dem Glaskörper. Da klopfte er an.
    Der einzige Mensch, den ich behandelte wie einen Untermenschen, war mein Toter. Ich trat ihn zur Seite, so dass ich die Türe öffnen konnte. Ich riss mich zusammen und grüßte lächelnd. Ich konzentrierte mich auf die Bilder, die der Mann mit Hut zeigte. Ob mir gestern etwas aufgefallen sei? Sei vielleicht Lärm zu hören gewesen oder habe ich dieses Gesicht schon einmal gesehen? Das Porträt eines breit lächelnden Mannes mit Föhnfrisur war mir unbekannt. Ein Räuber. Ich konzentrierte mich auf das, was der Mund des Mannes mit Hut sagte. Was hieß hier Raubüberfall? Er zeigte mir das Foto des Verdächtigen und riet, gut die Türe zu schließen, denn die Räuber drängen häufig über die Baustellen an den U-Bahn-Schächten in die Häuser ein. Die Türen zu den Wohnungen knackten sie in Sekundenschnelle.
    Der Mann mit Hut war besorgt und darob sehr nett. Weiße hübsche Zähnchen. Gütiger Blick. Er war ein Kommissar, wie er im Buche steht. Menschlich, verwirrt, zerknautscht und genial. Er trug keinen Ehering. Ich nickte wohlerzogen. Mein Magen knurrte. Bestimmte Phrasen passen zu bestimmten Gefühlen: Lieber den Magen verrenken, als dem Wirt was schenken, das ist die Phrase für Gier. Wie man in ein Gesicht hineinruft, so schallt es aus ihm heraus. Ich

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