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Schwestern der Angst - Roman

Schwestern der Angst - Roman

Titel: Schwestern der Angst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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gebe Ungereimtheiten zu klären. Da ich den Kommissar bald wiedersehen würde, denn es konnte nicht mehr lange dauern, bis er herausfand, dass Robert bei mir gewohnt hatte, schickte ich ihm ein „Auf bald!“ und „Alles Gute bei den Untersuchungen!“ zu.
    Meine Chefin besaß einen grauen Rauhaardackel. Ihr eigenes Haar war ebenfalls grau und sie kläffte ihre Angestellten an wie der Hund auch, obwohl er sie schon jahrelang kannte. Ein anstrengender Tag begann, ich kam mit frisch gewaschenem Pudel.
    Das Casting der Hunde konnte ich gleich absagen. Ich gewann also Zeit, die Hunde-Kind-Cracker anzurichten, bevor ich das englische Darstellerkind vom Flughafen abholen musste. Es war auch noch genug Zeit, das Kostüm für das Kind zu besprechen.
    Als ich mit dem Pudel über die Schwelle trat, begrüßte mich die Chefin mit den Worten: „Hü Hott und zwar flott!“ Ihr Rauhaardackel lag flach in seinem Körbchen und knurrte. Es war wohl die Eifersucht auf mein kleines Hündchen. Die Chefin witterte meinen Ekel gegenüber ihrem Dackel, sein Fell war borstig, als gehörte es einem Schwein. Sie rümpfte die Nase und meinte nur, ich solle den Pudel ins Atelier hinunterbringen, wo das Casting stattfinden würde.
    Ich trug einen schwarzen Mantel mit rotem Innenfutter und als ich ihn aufknöpfte, erschien meine Gestalt in einem anliegenden schwarzen Kleid mit Tupfen, die ich liebte. Mein weiß befelltes Hündchen mit schwarzen Punktaugen und schwarzer Nasenspitze passte perfekt zu meinem Outfit. Der rote Gürtel war um seinen Hals gelegt. Plötzlich fühlte ich den Impuls, mich der Chefin zuzuwenden und Frieden zu schließen, ihr zu erzählen, wie ich an den Hund herangekommen war. Ich wollte ihr den Hund schenken. Meine Chefin war ein Raubein, sie hatte die harte Schale, doch auch den weichen Kern. Sie bewies auch stets ihren Feinsinn, wenn mir etwas fehlte. Sie hob dann das Näschen und schnupperte, einem Hund ähnlich, wie um die Schwingungen zu wittern. Für mich war die Chefin wie eine Mutter. Sie musterte mich mit untersuchendem Blick und ihr Hintern nahm richtig Platz auf dem Chefinnenstuhl, von wo aus sie mich immer ins Gebet nahm, um zu fragen, was falsch oder richtig gelaufen war im Betrieb. Ich fühlte mich in allem schuldig gesprochen. Sie lehnte sich zurück und schüttelte den Kopf, wenn sie meine Äußerungen mißbilligte. Sie nickte, wenn ich ihr Anlass zur Freude, also Genugtuung, bot. Sie liebte es, wenn ich Mitarbeiter anschwärzte. An diesem Tag jedoch schien mir, sie hatte keine böse Gedanken im Kopf, sie vertrieb mein Ansinnen, meinen Hund zur Verfügung zu stellen, wie eine lästige Fliege, indem sie den Kopf so heftig schüttelte, dass ihr praktischer Pferdeschweif hin und her peitschte. „Ihr Hund hat keine Chance“, sagte sie und schenkte meinem Pudel keine weitere Aufmerksamkeit.
    Die Sonne schien durch die Schrägfenster. Ich hielt mich in meinem Kleid aufrecht, hörte aber ein Rauschen, als verschlänge mich ein Meer aus Wogen negativer Erfahrung. Schnappen und Knabbern der Fingerkuppen, die wie Lippen das Gewand abmümmelten. Mein Hund war hungrig.
    Die Chefin öffnete das Haarband und der Schweif ihrer grauen Haare fiel auseinander über die Schulter. Die Strähnen schlängelten sich um das Haupt der Medusa. Sie lächelte, so sah man ihr die Schadenfreude an. „Schau dir dieses Gesicht an“, sagte sie mir und meinte meine Enttäuschung.
    Der eifersüchtige Rauhaardackel legte seinen Kopf auf die Vorderpfoten. Sein grauer Schnauzer stand keck ab. Die Chefin schürzte die Oberlippe und schnauzte zu mir herüber, sie habe sein Gesicht gemeint. Wie so oft verwechselte sie seinen Ausdruck der Zuneigung mit meiner Enttäuschung. Dieses Grinsen. Dieser kalte Blick. Sie wähnte sich in Sicherheit, aber ich würde sie erwürgen. Auf die Kälte, die ich ihr gegenüber aufbaute, war ich stolz. Ich spiegelte ihre Unverfrorenheit, die diese Person mit ihrem Dackel zu einem arktischen Mammut verschmolz. Meine Präsenz wirkt auf so manche Menschen ihr Zeitalter lang.
    „Statt eines Hundes hätten wir Kostüme gebraucht“, sagte die Chefin. Dass ich Instrument war, verurteilte ich nicht, wenn ich mich selbst bedienen konnte – aber diese Arbeitgeberin bediente sich meiner.
    „Wieso“, fragte ich, „bisher hat es keine Besprechung darüber gegeben. Wieso soll ich weitere Kostüme anschleppen?“ Ich besaß doch den Pyjama, die Kleider. Oder sollte es mein Kleid sein? Ich war verwirrt. Und wieso soll

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