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Schwestern Des Blutes

Schwestern Des Blutes

Titel: Schwestern Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn , Lynda Hilburn , Kathryn Smith
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Verdammt – wahrscheinlich war er meiner Witterung gefolgt. Ich spähte durch eine winzige Lücke zwischen den Ranken und konnte ihn gerade so erkennen. Er wandte sich hierhin und dorthin, als suchte er etwas. Dann hörte ich ihn fluchen.
    Ha! Der Baum und der Brombeerstrauch halfen mir. Sie hatten das Lycon herbeigerufen, dessen Gestank meinen Geruch überdeckte. So konnte Roche mich unmöglich finden. Und falls ich recht hatte, würden die Ranken ihm einen höllischen Kampf liefern, wenn er doch versuchen sollte, sich durch das Gestrüpp zu schlagen.
    Mit dem Gefühl, dass ich nun tatsächlich eine Chance hatte, lebend wieder aus dieser Sache herauszukommen, kauerte ich mich zusammen und wartete. Ich hatte nichts weiter bei mir als die eisernen Handschellen, die ich trotz meiner Handschuhe ganz vorsichtig hielt. Ich wollte nichts riskieren.
    Ein paar Augenblicke später wandte Roche sich ab und schob sich wieder durch das Unterholz davon. Ich wagte kaum zu atmen, bis sich die Ranken um mich her entspannten. Sie lösten und öffneten sich, ich kroch aus meinem Versteck, stand auf und zupfte vorsichtig meine Kleidung zurecht.
    Dann wandte ich mich dem Baum zu und seufzte tief. »Ich weiß nicht, ob du mich verstehen kannst«, flüsterte ich, »aber ich danke dir. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Ein leises Raunen war zu hören, als streiche ein Luftzug durch das Astloch, das den Mund des Baums bildete. Ich hatte den starken Eindruck, dass er sagte: »Gern geschehen.«
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit schob ich mich vorsichtig durchs Unterholz zurück zu dem Pfad und stellte erleichtert fest, dass von Roche nichts zu sehen war.
    »Verdammt«, brummte ich. »Und was mache ich jetzt? Ich habe keine Ahnung, wie ich nach Hause kommen soll.«
    Der Nebel erstreckte sich in alle Richtungen, so weit das Auge reichte. Ich konnte mich kaum daran erinnern, aus welcher Richtung ich gekommen oder wie weit ich bis hierher gelaufen war. Ich war so schnell gerannt, dass ich jedes Gefühl für die Entfernung verloren hatte.
    Nach ein paar Augenblicken straffte ich die Schultern und beschloss, einfach weiter durch das Wäldchen zu gehen. Ich machte mich auf den Weg. Die Bäume waren nicht mehr still. Sie flüsterten und zitterten in den astralen Luftströmen. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich auf ihre Unterhaltung. Ich besaß die Gabe, mit Pflanzen zu sprechen, obwohl ich leider wahrlich keinen grünen Daumen besaß – also hörte ich zu.
    Zunächst drehte sich das Gemurmel um Themen, über die sich vermutlich die meisten Bäume unterhielten, auch im Astralraum: um Sonne und Wachstum und den Nebel, der ihnen offenbar das Wasser zur Verfügung stellte, das sie brauchten, um zu gedeihen. Hin und wieder war auch von den Lycons und anderen Geschöpfen des Astralraums die Rede. Doch dann schlich sich ein düsterer Tonfall in das Geflüster der Blätter, und ich hielt inne und ließ mich in Trance fallen, um genau zu verstehen, was sie sagten.
    »Er stellt eine Armee auf …«
    »Meint ihr, er wird in unsere Welt kommen …«
    »Wir sollten uns gar nicht darum kümmern – das ist nicht unsere Angelegenheit …«
    »Aber Feuer und Flammen schon, die können uns selbst hier verletzen …«
    Schließlich verstummte das Gerede von dem geheimnisvollen Fremden, doch die Angst, die ihre Worte begleitet hatte, blieb mir. Irgendetwas hatte sich in Bewegung gesetzt, und ich wollte gar nicht wissen, was. Nach ein paar Minuten wurde die geflüsterte Unterhaltung fortgesetzt, diesmal über das Verstreichen der Zeit im Allgemeinen.
    Ich hätte nicht sagen können, wie lang ich weiterlief. Die Zeit verging im Astralraum nicht so wie in der körperlichen Welt. Doch schließlich erreichte ich das andere Ende des Waldes und stand am Rand einer Schlucht voller glitzernder Nebelschwaden. Über die Kluft führte eine schmale Hängebrücke, die ungefähr so solide aussah wie ein bügelloser BH.
    Ich holte tief Luft, betrat die Brücke und erstarrte, als sie unter meinem Gewicht hin und her schaukelte. Die Hände immer an den Tauen zu beiden Seiten, ging ich vorsichtig los und passte höllisch auf, nicht mit den Absätzen in den Astlöchern der hölzernen Planken hängen zu bleiben.
    Ich hatte etwa die Hälfte geschafft, als ich auf der anderen Seite eine verhüllte Gestalt in einem langen grauen Umhang bemerkte. Roche? Mein Herz raste, bis mir auffiel, dass die Figur überhaupt nicht zu seiner passte. Als ich mit meinen magischen Sinnen

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