Schwestern Des Blutes
hat«, erklärte Trillian, nahm meinen Arm und schaute über die Schulter zurück.
»Ich wusste nicht, dass es in den Unterirdischen Reichen jagdbares Wild gibt«, bemerkte ich.
Trillian sah mich von der Seite an. »Nicht alle Svartaner leben in den U-Reichen. Darynal wohnt im Finstrinwyrd.«
Der Finstrinwyrd war ein uralter und potenziell tödlicher Wald. Ich war noch nie dort gewesen, aber es hieß, er wimmele nur so von Untieren und abscheulichen Kreaturen, neben denen Roche wie ein Heiliger aussah. Im Süden grenzte der Wald an Guilyoton, die Stadt der Goblins. Im Osten ragte das Tygeria-Gebirge auf. Westlich des Waldes erstreckten sich weite Steppen und die Weidenwyrd-Wälder. Und im Norden lag der Diesteltann, ein weiterer Wald, der angeblich noch magischer und finsterer sein sollte als der Finstrinwyrd.
Ich schauderte. »Ich war noch nie in den dunklen Wäldern. Dort sollen die Leichenzungen hausen, weißt du das?« Ich hielt inne und blickte mich um. Keine Spur von Roche, und auch kein Hinweis auf Verfolger. Meine Sinne waren in höchstem Alarmzustand und besonders auf jegliche Energie eingestimmt, die auf uns gerichtet sein könnte. »Was ist mit dir? Wo lebst du? In den Unterirdischen Reichen oder in Y’Eírialiastar?«
Trillian zuckte mit den Schultern. »Ich pendle, könnte man wohl sagen. Ich habe ein Haus in Svartalfheim, aber ich wohne auch hier. Um genauer zu sein, habe ich eine Wohnung in Y’Elestrial. Vollständig eingerichtet, mitsamt einem Bediensteten, der putzt und die Wäsche macht. Ich brauche mich um nichts zu kümmern außer das Essen. Manchmal wohne ich auch eine Weile bei Darynal, wenn ich gerade in der Gegend bin.«
Ich musste einfach fragen. »Ich weiß, dass ihr Blutsbrüder seid, aber seid ihr auch ein Liebespaar?«
Trillian lächelte zärtlich. »Nein, sind wir nicht. Ich fühle mich nicht zu Männern hingezogen. Bei Frauen finde ich wesentlich mehr Genuss.« Er führte mich über den Markt zu einem Gebäude, das ganz unscheinbar wirkte, bis auf die Magie, die es ausstrahlte. Für das nüchterne Auge war es ein gewöhnliches Mietshaus, aber ich wusste, dass hinter diesen verwitterten hölzernen Türflügeln sehr viel mehr am Werke war.
»Bleib dicht bei mir, und sprich kein Wort, ehe ich dir sage, dass es ungefährlich ist«, warnte Trillian.
Wir betraten die Eingangshalle, die ganz normal aussah. An den Wänden standen ein paar Bänke, daneben beliebte und verbreitete Topfpflanzen. Am Empfang saß ein gelangweilt dreinblickender Zwerg. Er zuckte nicht mit der Wimper, als wir an ihm vorbeigingen. Trillian führte mich einen langen Gang entlang, der von Blickfängern erhellt wurde, zu einer Treppe. Vor der ersten Tür im ersten Stock blieben wir stehen.
Er klopfte dreimal, dann presste er die Handfläche auf eine silberne Platte neben dem Türrahmen, die schwach rötlich leuchtete. Das Licht wurde plötzlich grün, und die Tür ging auf.
Brav folgte ich ihm hinein. Der Raum war riesig – er musste gut die Hälfte des ersten Stockwerks einnehmen. Er war mit schweren hölzernen Tischen und geschnitzten Stühlen eingerichtet, und im Kamin flackerte eine sanfte, bläuliche Flamme, die weder von Holz noch von Kohlen kommen konnte. Das Gemach strahlte so viel magische Energie aus, dass sie mich beinahe hintenüber warf. Ich musste mich an Trillian lehnen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er schlang den Arm um meine Taille und führte mich zu einem Divan, auf dem ich mich rasch niederließ.
»Warte hier, und rühr dich nicht vom Fleck!« Er ging ans andere Ende des Raums. Ich gehorchte seinem Befehl – so gern ich oft über die Stränge schlug und mich Autoritäten widersetzte, die Energie hier drin konnte zubeißen wie eine Schlange, und ich war nur ein Gast. Also würde ich keinesfalls Wellen schlagen.
Als Trillian zurückkehrte, folgte ihm ein unglaublich großer Mann. Ich konnte ihn keiner der Feenrassen zuordnen – wenn er denn zu den Feen gehörte. Ein Riese war er sicher nicht, obwohl die Größe beinahe hinkam. Er erinnerte mich an die Einwohner von Aladril, der Stadt der Seher. Sie hatten die gleiche königlich-würdevolle Art, über den Boden zu gleiten anstatt zu gehen, und diesen ernsten, leicht entrückten Gesichtsausdruck.
Er bedeutete Trillian, sich zu setzen, und nahm dann in einem Sessel uns gegenüber Platz. Ich wartete darauf, dass Trillian uns einander vorstellte, doch das würde offenbar nicht geschehen. Nein, Trillian ignorierte mich und
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