Schwestern Des Blutes
Roches Leiche sah. Alle sollten wissen, dass ich Roche erledigt und hereingeschleift hatte.
»Du hast ihn?« Lathes Gesichtsausdruck, als ich ihm Roche vor die Füße fallen ließ, war unbezahlbar.
»Trotz der falschen Spuren, auf die du mich angesetzt hast«, erwiderte ich. »Tja, da ist er. Tut mir leid, dass ich ihn nicht lebend reinschaffen konnte. Dann hätte er vielleicht ausgesagt, dass du ihm bei der Flucht geholfen hast. Aber hör mir gut zu, Lathe. Jeder Agent und jede Wache von hier bis zur Palasttreppe weiß, dass ich Roche eingeliefert habe, also wage es ja nicht, das Lob dafür einheimsen zu wollen.« Ich stieß ihm so kräftig den Zeigefinger gegen die Brust, dass ich einen Abdruck auf der Haut hinterließ. »Du versuchst überhaupt keine faulen Spielchen, sonst, das schwöre ich dir, werde ich dich als das kranke Schwein entlarven, das du bist.«
Lathe blinzelte, dann packte er mich am Handgelenk. »Wag es nie wieder, mir zu drohen, kleines Mädchen! Diese Runde hast du gewonnen, aber eines Tages wirst du zu weit gehen. Und dann wird dir nichts anderes übrigbleiben, als bei mir angelaufen zu kommen. Und der Preis für meine Hilfe ist soeben durch die Decke gegangen.«
Ich entzog mich ihm und wich zur Tür zurück. »Du wolltest Roche. Ich habe ihn dir gebracht. Werde ich jetzt endlich befördert, oder muss ich den Leuten erzählen, was für Abschaum du bist?«
Ohne mit der Wimper zu zucken, wandte Lathe sich wieder seinem Schreibtisch zu. »Oh, du wirst befördert, wie du es wolltest. Hierfür bekommst du außerdem eine Gehaltserhöhung und irgendwann noch eine Beförderung. Aber ich sage dir, Camille, schon bald wirst du dir wünschen, du hättest mich nicht so verärgert. Glaub mir.« Mit einer wegwerfenden Geste war ich entlassen.
Drei Abende später wartete Trillian vor dem Tempel der Eleshinar auf mich – der Feengöttin der Leidenschaft und Liebe.
»Bist du sicher, dass du das durchziehen willst?«, fragte er mit einem Blick hoch zum Tempel.
»Ich bin sicher.« Und das war ich auch. Nur einer Sache auf der Welt war ich mir so gewiss: dass dies der richtige Schritt für uns war.
»Du hast das nicht vorgeschlagen, weil du dich mir irgendwie verpflichtet fühlst, oder?« Wieder umfing er mein Kinn und sah mir tief in die Augen. Seine Berührung fühlte sich an wie Feuer und Glut, und ich wollte ihn, ganz und gar. »Ich will dich nicht haben, wenn du es tust, weil du dich schuldig oder zu irgendetwas verpflichtet fühlst. Das hier nicht.«
Ich klammerte mich an ihn. »Ich begehre dich so sehr, dass es weh tut. Ich will dich in mir spüren. Ich will deine Arme um mich haben. Aber es ist noch so viel mehr«, flüsterte ich. »Letzte Nacht habe ich die Mondmutter gefragt, was ich tun soll. Und sie hat bestätigt, woran ich selbst gedacht habe. Eleshinars Ritus.«
»Dieses Ritual – es ist unumkehrbar.« Seine eisblauen Augen blickten mir forschend ins Gesicht und suchten nach der Wahrheit meines Herzens. Ich öffnete mich ihm, damit er sah, dass ich dies mehr wollte als alles andere. Dass ich es tun musste.
»Wir sind füreinander bestimmt. Es ist schon geschehen. Du weißt, dass zwischen uns ein Band entstanden ist. Wir tun nichts weiter, als es offiziell zu machen.«
»Ich weiß. Ich bete zwar nicht zu den Göttern, aber ich fühle trotzdem den Einfluss von so etwas wie Schicksal.« Trillian schauderte. »So habe ich noch nie empfunden. Du bist ein Teil meiner Zukunft … in guten wie in schlechten Zeiten … Also, ja, wir werden das Ritual vollziehen.« Er seufzte tief. »Was wird deine Familie dazu sagen? Wissen sie überhaupt, wo du bist?«
»Sie glauben, ich sei im Collequia, wie immer.« Ich lachte und war auf einmal so glücklich wie eine Braut an ihrem Hochzeitstag. »Oh, mein Süßer, glaub mir, du willst gar nicht wissen, was sie dazu sagen werden. Wirklich nicht.«
Und dann bedurfte es keiner Worte mehr. Ich nahm seine Hand, und wir betraten den Tempel.
Der Altar bestand aus einem langen, gepolsterten Podium. Darum herum standen Tische mit üppigen Obstkörben, duftenden Brotlaiben, köstlicher Schokolade und Pasteten. Ein anderer Tisch, näher am Altar, hielt Tinte in allen Farben bereit und mehrere lange, feine Pinsel. Ein Stück weiter war ein steinernes Bad in den Boden eingelassen. Das sprudelnde Wasser dampfte und erfüllte die Luft mit dem Duft von Rosen, Jasmin und Ylang-Ylang.
Nori, die Priesterin, mit der ich am Morgen gesprochen hatte, schwebte langsam zu
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