Schwestern Des Blutes
Geschenk in Blümchenpapier und stützte ihr Kinn in die Hand. »Mr. Carr ist so hinreißend.« Sie lüpfte eine blonde Braue. »Sieht er unbekleidet genauso gut aus?«
»Besser«, sagte Violet, und wieder lachten beide.
Eine Weile arbeiteten sie stumm weiter. Schließlich schlug eine Uhr im Haus.
»Zehn Uhr.« Violet hob den Kopf, als der letzte Schlag verklang. »Jetzt wären wir in der Kirche gewesen.« Trotz ihrer Gewissheit, dass es richtig gewesen war, die Verlobung zu lösen, konnte Violet nicht umhin, ihrem Hochzeitstag etwas nachzutrauern.
Und all den Geschenken.
Sarah rümpfte die Nase und sah hinaus in den grauen, nebligen Morgen. »Pah, es ist kein schöner Tag für eine Hochzeit. Obwohl es sehr viel romantischer gewesen wäre, wenn Mr. Carr seinen Auftritt während der Trauung gehabt hätte statt gestern Abend auf dem Ball.«
Und sehr viel erhellender, denn im Tageslicht wäre Payen in Flammen aufgegangen.
»Kann sein, aber dann hätte Payen mich vor Vikar Carlson und sämtlichen Gästen blamiert.«
Sarah warf ihr einen besorgten Blick zu. »Wenigstens hat er mit seiner Enthüllung gewartet, bis ihr nur noch zu fünft wart.«
»Ja«, murmelte Violet, die sich keinerlei Illusionen machte, was passiert wäre, hätte Henry nicht darauf bestanden, dass sie den Ballsaal verließen. »Payen hätte es auch vor allen Gästen gesagt, um meine Heirat mit Rupert zu verhindern.«
Zum Teufel mit dem Mann! Violet wusste nicht, ob sie ihn küssen oder erwürgen wollte.
Sarah stieß einen Seufzer aus. »Er muss dich sehr lieben.«
Violet nickte. »Das denke ich auch, doch er leugnet es.«
»Warum?«
»Er behauptet, dass er die Heirat wegen etwas verhindern wollte, das er über Rupert erfahren hat.«
Abermals rümpfte Sarah die Nase. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Rupert schon einmal etwas getan hat, das ihn in einen Skandal verwickelt haben könnte – bis jetzt natürlich.«
»Natürlich.« Violet schmunzelte. »Ich darf keine Einzelheiten preisgeben, schließlich weiß ich nicht, ob Payens Informationen stimmen, und es ist Ruperts Angelegenheit, nicht meine. Nicht mehr.«
»Dennoch muss Mr. Carr dich gernhaben, dass er solche Mühen auf sich nimmt.«
»Das hoffe ich.«
»Willst du ihn heiraten?«
»Er hat mich nicht gefragt.«
»Und wenn er es täte?«
Lächelnd legte Violet noch ein Paket zur Seite. »Wenn er fragt, würde ich ja sagen.«
Sarah lachte begeistert und klatschte in die Hände. Ihre Augen strahlten, und ihre Wangen waren gerötet vor Freude. »Wie wundervoll! Denkst du, er fragt?«
Violets Lächeln erstarb. Sie bemühte sich ihr Leben lang schon, sich nichts vorzumachen, und würde jetzt nicht damit anfangen. »Nein.«
Sogleich wurde Sarah ernst. »Oh, Violet.«
»Keine Sorge, meine Liebe. Ich bin nicht zu stolz, ihn selbst zu fragen.« Hierauf strahlte ihre Freundin wieder. Violet mochte es nicht, von Sarah bemitleidet zu werden. Schließlich war sie von zwei wunderbaren Eltern großgezogen worden, besaß eigenes Vermögen und hatte Freunde, die sie liebten. Sarah war nicht annähernd so begütert wie sie, und doch beklagte sie sich nie, verglich ihre Umstände nicht mit Violets. Eines Tages hatte Sarah einfach vor der Tür gestanden, nachdem Violet nach Hertford gekommen war, und hatte sie gefragt, ob sie ihre Freundin sein wollte. Violet hatte einen Blick auf das dünne, kleine Mädchen geworfen, das einen Kopf kleiner und mindestens dreißig Pfund leichter war als sie selbst, und beschlossen, dass sie es wollte.
»Würdest du das wirklich tun?« Wie immer schien Sarah nicht zu erkennen, ob Violet scherzte. »Würdest du ihn fragen?«
Violet nickte. »Ja, würde ich.« Und vielleicht tat sie es auch – vorausgesetzt, sie brachte den Mut dazu auf. Henry hatte ihr erzählt, dass Payen einige Tage bleiben würde. Angeblich wollte er sich vergewissern, dass der Silberhandorden ihnen keine Probleme machte. Seine Anwesenheit würde den Skandal noch befeuern, aber das Schlimmste war ohnehin bereits passiert.
Violet konnte sich Payens Antwort schon recht gut vorstellen. Er würde irgendeinen Unsinn reden, dass er ein Vampir wäre und sie ein Mensch. Gütiger Gott, ließe sich das nicht leicht beheben? Er bräuchte nichts weiter zu tun, als sie auch zum Vampir zu machen, der Narr.
Die Tür flog auf, und Eliza kam hereingestürmt. Ihr Gesicht war tiefrot, und ihre Augen blitzten zornig. Sie hatte nicht einmal Hut und Handschuhe abgelegt. »Ich erwürge Payen
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