Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13
Zähne glitzerten wie tödliche Nadeln. Vom Blutrausch überwältigt, schleuderte sie den Dämon zu Boden, fiel über ihn her und verbiss sich tief in seinem Hals. Der Psychoschwafler wehrte sich, doch sie hielt ihn nieder, und ich konnte die schmatzenden Geräusche hören, während sie ihm gierig das Blut aussaugte.
Mir war ein wenig übel, und ich beobachtete sie in morbider Faszination. Ich hatte Menolly noch nie trinken gesehen – jedenfalls nicht so. Ich hatte gesehen, wie sie das Blut von Fremden trank, doch sie ließ sie immer am Leben und beinahe unversehrt, wenn ich dabei war. Diesmal war ihre Absicht nicht zu trinken, sondern zu töten. Ich wusste ja, dass Vampire stark waren, aber mir war nicht klar gewesen, dass sie so stark waren. Und obwohl es hieß: Sein Leben oder unseres – der Anblick ihrer Blutgier machte mir zu schaffen. Ich schob meinen Ekel beiseite – hier war kein Platz für Gnade oder Mitgefühl. Der Psychoschwafler hätte uns alle getötet, wenn er die Chance dazu bekommen hätte.
Außerdem hatte ich jetzt mit meinen eigenen Problemen zu kämpfen. Ich begann zu zittern, Krämpfe durchzuckten mich. Blitze herabzurufen hatte seine Nachteile, und ich hatte in sehr kurzer Zeit sehr viele herbefohlen. Als ich an den Türrahmen sank, kam Morio hereingeschossen. Er überblickte rasch die Situation und kam direkt zu mir.
»Geht es dir gut?«, fragte er.
Ich nickte und verzog das Gesicht, als der Dämon gurgelte und dann erschlaffte. Menolly stand in einer unnatürlichen Haltung über ihn gebeugt, fast wie in der Mitte zusammengeklappt, auf den Zehenspitzen. Blut lief ihr übers Kinn... dunkles Blut, beinahe schwarz, aber dennoch Blut. Sie hatte einen wilden Ausdruck in den Augen und hob abwehrend die Hand, damit wir uns von ihr fernhielten.
»Kommt mir nicht zu nahe«, sagte sie heiser. »Ich bin gleich wieder da.« Sie glitt aus dem Wohnzimmer und zog sich in die Küche zurück.
»Ist sie in Ordnung?«, flüsterte Morio.
»Der Blutrausch hat sie noch im Griff«, sagte ich und zuckte zusammen, als ein Krampf meinen Rücken erfasste. »Verflixt, tut das weh. Menolly wird wiederkommen, sobald sie sich unter Kontrolle hat. Bis dahin könnten wir uns mal den Psychoschwafler näher ansehen.« Ich streckte mich und bog den Rücken durch, um die verspannten Muskeln zu lockern.
»Bist du bereit?«, fragte Morio.
Ich nickte, Morio deckte mir den Rücken, und ich trat langsam auf die am Boden liegende Gestalt zu und versetzte ihr einen leichten Tritt, um zu prüfen, ob noch Leben in ihr war.
»Ich glaube, er ist tot.« Morio kniete sich neben das Wesen. Vorsichtig drehte er den Kopf des Schwaflers hin und her. Aus zwei Bisswunden sickerte noch ein wenig schwarzes Blut, doch es sah aus, als hätte Menolly ihr Werk vollendet, indem sie ihm das Genick gebrochen hatte. Da er nichts von ihrem Blut hatte trinken können, würde er auch nicht zurückkehren. Zwei waren erledigt, blieb noch Bad Ass Luke.
»Tja, ein Problem weniger«, sagte ich und ließ mich im Hausflur auf die Bank sinken. »Holen wir Tom herein und überlegen uns, wie wir ihn unbemerkt in den Wayfarer schmuggeln können. Luke ist noch irgendwo da draußen, und er ist schlimmer als die Harpyie und der Psychoschwafler zusammen. Meinen Vater hätte er beinahe getötet, und dann ist er der gesamten Division ohne einen Kratzer entkommen.«
Ein Geräusch schreckte mich auf, aber es war nur Menolly, die um die Ecke lugte. »Ist er tot?«, fragte sie mit ernster Stimme.
»Ja, ist er. Bist du okay?« Sie sah noch blasser aus als sonst, und ich fragte mich, wie Dämonenblut einem Vampir bekommen mochte.
Schulterzuckend sagte sie: »Ich glaube schon. Was für ein ekliger Geschmack. Mir ist ziemlich schlecht, um ehrlich zu sein. Ich glaube, ich werde das Zeug lieber schnell wieder los.« Damit kehrte sie in ihren Keller zurück. Ich wollte ihr folgen, aber ich wusste, dass sie jetzt allein sein wollte. Wer hat schon gern Zuschauer, wenn er seine letzte Mahlzeit von sich gibt? Offenbar galt das auch für Vampire.
»Morio, hol alle rein. Ich suche nach Maggie und Iris.«
»Iris ist in Sicherheit. Sie ist hinaus zum Auto gelaufen, als du sie weggeschickt hast.« Er versetzte dem Dämon noch einen Tritt, nur zur Sicherheit. Der Psychoschwafler rührte sich nicht. »Bin gleich wieder da«, sagte er und ging zur Tür.
In der Hoffnung, dass niemand auftauchen würde, um den Leichnam abzuholen – Bad Ass Luke beispielsweise –, näherte ich mich
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