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Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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haben, ehe irgendjemand sonst den Leichnam anrührt.«
    Gleich darauf hatte er eine Leichenzunge und die AND-Spezialeinheit herbeordert, die eigens dafür geschaffen worden war, nach Zwischenfällen wie diesem hier die Sauerei aufzuräumen. Hof und Krone hatten explizit festgelegt, wie mit den Leichen von Angehörigen der Anderwelt umgegangen werden sollte. Es gab Riten, die nur vollzogen werden konnten, wenn man mit dem Leichnam vorher auf ganz bestimmte Art verfahren war. Rina galt zwar zu Hause als Persona non grata, doch nun, da sie tot war, würde man das Exil aufheben, und sie würde nach Hause zurückgebracht werden, um die Ewigkeit in den Armen ihrer Ahnen zu verbringen.
    Ein Hurra auf die Scheinheiligkeit , dachte ich kopfschüttelnd.
    Während wir warteten, erzählten Delilah und ich Chase, was wir über Rina wussten und wie sie nach Seattle gekommen war.
    »Ich dachte, Monogamie sei bei eurem Volk eher ungewöhnlich«, bemerkte Chase.
    Ich schnaubte verächtlich. »Das hat mit Monogamie nichts zu tun. Sie hat der Königin nicht den gebührenden Respekt gezollt – das ist Majestätsbeleidigung, ein schweres Verbrechen. Wenn sie um Erlaubnis gefragt hätte, ob sie mit dem König schlafen darf, hätte Lethesanar vermutlich ihren Segen gegeben. Aber so hat Rina im Prinzip die Krone bestohlen.«
    Chase blickte verständnisloser drein denn je. »Aber der König war damit einverstanden. Ist er denn nicht auch die Krone?«
    Am liebsten hätte ich ihm den Kopf getätschelt. »Ja, das ist recht verwirrend. Sieh es mal so: Der König gehört der Königin. Ja, auch er ist unser Herrscher, aber ohne Lethesanars Erlaubnis geht er nicht mal pinkeln.«
    Chase hüstelte. »Eure Gesellschaft ist nicht gerade... männerorientiert, was?«
    »Nein, nicht unbedingt. Der Thron wird von der Mutter auf die Tochter vererbt. Die Königin wählt sich ihren Gemahl unter ihren Cousins – es muss immer eine Blutsverbindung geben –, aber jegliche Kinder, deren Vater nicht der König ist, fallen aus der Erbfolge heraus.«
    »Hm. Was, wenn die Königin keine Tochter hat?«
    »Dann besteigt ihre Schwester oder deren Tochter als Nächste den Thron. Alle Frauen der königlichen Familie, die auch nur im Entferntesten als Thronfolgerinnen in Frage kämen, sind verpflichtet, Kinder zu gebären. Mindestens zwei, vorzugsweise drei, falls eines ein Junge sein sollte. Der König hat Macht, aber die Königin herrscht. Da sie selbst entscheidet, wen sie heiraten will, ist er ihr untertan und gilt als eine Art Erweiterung ihrer Person. Indem Rina es ohne Einverständnis der Königin mit dem König getrieben hat, hat sie – sozusagen – die Königin vergewaltigt.«
    Als ich meine Erklärung gerade beenden wollte, flog die Tür auf, und das Anderwelt-Sanitätsteam stürmte herein, gefolgt von den Kollegen vom AETT. Eine kleine Gestalt in einem langen, dunklen Schleier folgte der Gruppe gemessenen Schritts. Sie glitt über den Boden, als schwebe sie. Ein indigoblaues Leuchten drang unter den Chiffonschleiern hervor, die in zahllosen Schichten Gesicht und Körper verhüllten.
    Ich trat einen Schritt zurück. Leichenzungen machten mich nervös, nicht weil sie mit den Toten sprachen, sondern weil sie dunkle, missgestaltete Feen waren, die nur selten von tief unter der Erde an die Oberfläche kamen. Sie durften die Stadt Y’Elestrial nicht betreten, außer auf ausdrückliche Anforderung. Ihre Rasse hatte keinen uns bekannten Namen, und niemand hatte je eines ihrer Gesichter gesehen. Die Männer blieben in den Tiefen ihrer unterirdischen Stadt verborgen, und nur die Frauen konnten zu Leichenzungen werden. Die meisten lebten nach strengen Regeln und hielten sich an alle Beschränkungen, doch es gab auch ein paar Gesetzlose, und die galten als wild und gefährlich.
    Die Leichenzunge kniete neben Rina nieder. »Hat irgendjemand sie seit ihrem Tod berührt?« Ihre Stimme klang hohl, als dränge sie aus einer Höhle hinter den üppigen Falten des Umhangs mit Kapuze, den sie zusätzlich trug.
    Ich holte tief Luft, kniete mich zu ihr, achtete aber darauf, dass nicht einmal meine Aura die ihre berührte. Es gab Geschichten von sehr hässlichen Explosionen, die sich ereignet hatten, wenn die Energie einer Hexe mit der einer Leichenzunge kollidierte, und ich hatte nicht die Absicht, jetzt herauszufinden, ob das Ammenmärchen waren oder nicht.
    »Ich habe ihren Puls gefühlt, um zu prüfen, ob sie noch lebte. Ansonsten glaube ich nicht, dass irgendjemand außer

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