Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
spürte die Mutter dort draußen. Camille und ich waren an das Auf und Ab ihrer Zyklen gebunden, und ich ertappte mich bei der Überlegung, wie es wohl bei Vollmond im Puma-Revier sein musste, wenn sich alle verwandelten. Plötzlich überkam mich die Sehnsucht danach, mit anderen zusammen zu sein, die verstanden, wie es war, zwei Wesen, zwei Naturen in sich zu haben, und ungebeten stand mir Zacharys Gesicht vor Augen.
Ich seufzte tief, starrte wieder nach vorn und fühlte mich plötzlich einsam und abgeschnitten. Ich versuchte mich wieder auf die Karte zu konzentrieren, bemerkte aber dann, dass Morio über die Schulter zu mir zurückblickte, einen wissenden Ausdruck auf dem Gesicht. Auch er war ein Gestaltwandler, allerdings kein Werwesen. In gewisser Hinsicht konnte er mich gut verstehen, aber er war der Mondmutter und ihren monatlichen Tributforderungen nicht ausgeliefert.
»Da ist die Einfahrt«, sagte Camille und riss mich damit aus meinen Gedanken. Am linken Straßenrand war ein Tor zwischen zwei mächtigen Pfeilern, und neben diesen Pfeilern standen kräftige Männer mit Gewehren. Wir hielten vor dem Tor, und ich sprang aus dem Auto und ging auf den nächsten Wächter zu.
»Ich bin Delilah D’Artigo, und das sind meine Schwestern. Zachary erwartet uns«, sagte ich und war mir des halben Arsenals, das sie bei sich trugen, sehr bewusst. Die Männer sahen nicht freundlich aus, und sie trugen Tarnanzüge, was mich noch nervöser machte. Ich hatte mein Messer dabei, aber ich glaubte nicht, dass es mir viel nützen würde, schon gar nicht gegen zwei Gewehre schwingende Bodybuilder – nein. Obendrein waren die beiden Übernatürliche.
Sie musterten mich und inspizierten dann das Auto. »Wer ist das?«, fragte der Größere von den beiden, der das Haar kurzrasiert trug.
»Unser Freund Morio. Er ist ein erdgebundener Übernatürlicher«, sagte ich. Ich dachte schon, sie würden mich durchsuchen, und ich hätte einen Riesenaufstand veranstaltet, wenn sie mich angefasst hätten, doch der Mann brummte nur und bedeutete mir mit einem Nicken, dass ich wieder einsteigen durfte.
»Fahren Sie durch das Tor und immer geradeaus, bis Sie das große Haus auf dem Hügel sehen. Parken Sie in der Auffahrt und klopfen Sie an die Tür. Gehen Sie nirgendwo anders hin, außer Sie haben unsere ausdrückliche Erlaubnis, haben Sie verstanden? Das gilt für Sie alle«, fügte er hinzu.
Ich blinzelte. Sehr freundlich, dachte ich. Allerdings waren schon mehrere Angehörige ihres Rudels ermordet worden. Da war es verständlich, dass sie übervorsichtig waren.
»Verstanden«, sagte ich.
Camille lächelte die Männer an, Menolly starrte aus dem Fenster, und Morio hielt einfach den Mund. Er redete ohnehin nicht viel, außer mit Camille.
Die Wachen traten zurück und ließen uns passieren. Camille lenkte den Wagen auf die unbefestigte Straße, und wir fuhren auf das Herz des Puma-Reviers zu. Mein Puls raste beim Gedanken daran, dass ich Zachary wiedersehen würde. Ich versuchte, mir Chases Gesicht vorzustellen, um auf dem Teppich zu bleiben, aber ich konnte das Gefühl nicht ignorieren, dass Zach und ich uns aus einem bestimmten Grund begegnet waren. Irgendeine Verknüpfung des Schicksals hatte den Werpuma zu mir geführt.
Entlang der Straße waren weitere Häuser über das Land verteilt. Einige waren klein – im Grunde nicht viel mehr als Hütten –, wieder andere große, zweistöckige Farmhäuser. Wie lange siedelte das Puma-Rudel schon hier? Zweifellos genossen die anderen Berglöwen aus der Umgebung diese Sicherheitszone ohne Jäger und Wilderer.
Vor uns wand sich der Feldweg einen Abhang hinauf und dann nach rechts zu einer ebenfalls unbefestigten Auffahrt, in der mehrere Autos und Pick-ups standen. Camille parkte zwischen ihnen, und wir wandten uns dem Haus zu, das vor uns aufragte. Es war drei Stockwerke hoch und sehr weitläufig, eigentlich eher eine Villa oder ein Herrenhaus, und es sah aus, als sei es von Kunsthandwerkern und nicht von Bauarbeitern errichtet worden. Die Pfosten und das Treppengeländer vor dem überdachten Eingang waren handgeschnitzt und frisch geölt. Tür und Wände bestanden aus solidem Hartholz. Während wir alle im Auto saßen und auf diesen Palast starrten, der hier völlig fehl am Platze wirkte, holte Camille tief Luft.
»Diese Wände sind von Bannen durchdrungen«, sagte sie. »Magische Schutzvorrichtungen. Irgendjemand hier beherrscht seine Zauber sehr gut.«
Wir stiegen aus dem Wagen und gingen
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