Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
und seine Leute, um ihnen vollkommen zu vertrauen. Ich nickte ihr kaum merklich zu und wandte mich dann wieder an Zach. »Hör mal, solange wir da noch nicht durchblicken, rate ich euch dringend, die Wälder zu meiden. Geht nicht dort raus, und wenn doch, dann mindestens zu dritt und bis an die Zähne bewaffnet. Wir rufen dich an, sobald wir mehr herausgefunden haben.« Ich stand auf und strich meine Jeans glatt.
Menolly kam zu uns herübergeschlichen. »Ich schlage vor, du holst euren Schamanen und fragst ihn, ob er diesen Mann erkennt.« Sie deutete auf den Leichnam auf dem Sofa.
Zachary schob sich an mir vorbei. Sobald er den Raum verlassen hatte, legte Morio den Zeigefinger an die Lippen und warf mit leichtem Nicken einen vielsagenden Blick in eine Ecke der Bibliothek. Unauffällig folgten wir seiner Blickrichtung, und tatsächlich – hinter einer Blumenvase konnte ich gerade noch eine Überwachungskamera ausmachen.
Wir verhielten uns still, bis Zach mit Venus Mondkind zurückkehrte, der die Leiche untersuchte. Dann richtete er sich auf und begann, auf und ab zu gehen. »Das ist der Mann, den wir damit beauftragt haben, die Pumpstation in der Nähe des Flusses zu inspizieren«, sagte er. »Wir pumpen Wasser vom Fluss ab, um die Obstplantagen zu bewässern.«
»Ein VBM?«, fragte Camille. »Das macht die Sache kompliziert.«
»Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts«, sagte ich. Wenn das Opfer ein ÜW gewesen wäre, hätten wir uns in aller Stille darum kümmern können, ohne irgendjemanden informieren zu müssen. Aber ein Mensch war getötet worden, und das stellte uns vor ein Riesenproblem.
»Wir müssen es Chase melden«, sagte ich. »Das können wir nicht einfach unter den Teppich kehren. Der Mann hat vielleicht eine Familie, die schon nach ihm sucht. Wenn er diese Adresse oder sonst etwas über euch in seinem Terminplan stehen hatte, wird die Polizei hierherkommen und nach ihm suchen. Ihr solltet uns lieber erlauben, das Anderwelt-Erdwelt-Tatort-Team zu rufen.«
»Da hat sie recht. Wann ist er hier angekommen?«, fragte Morio.
Aus Venus’ Gesichtsausdruck schloss ich, dass er ganz genau verstand, in welcher Gefahr das Puma-Rudel schwebte. Enttarnt zu werden war noch das Geringste, was ihnen passieren könnte. »Wir hatten heute Nachmittag um drei einen Termin. Ich habe ihm den Obstgarten gezeigt, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass er auf eigene Faust losziehen könnte. Er muss den Wasserrohren bis zum Fluss gefolgt sein. Ich dachte, er wäre mit seiner Inspektion fertig und längst wieder weggefahren.«
Camille rechnete rasch nach. »Euch bleiben also noch ein paar Stunden, bestenfalls noch die ganze Nacht, bis die Polizei bei euch vor der Tür steht. Und selbst wenn ihr behauptet, er sei hier nie angekommen – die werden nicht lockerlassen. Wollt ihr wirklich, dass eure Identität allgemein bekannt wird?«
Sie konnte sehr überzeugend sein, das musste ich ihr lassen.
Kopfschüttelnd sagte Venus: »Zieht hinzu, wen ihr wollt. Es sollte sich nicht in der ganzen Gegend herumsprechen, dass in unserem Revier ein Mensch getötet worden ist. Schon gar nicht darf sich herumsprechen, dass wir Werwesen sind – vor allem, wenn man den Zustand der Leiche bedenkt. Verflucht, wir stecken schon bis zu den Knien in der Scheiße, und es wird immer schlimmer. Ich wünschte nur, wir hätten gleich um Hilfe gebeten, als Sheila ums Leben kam«, fügte er hinzu.
Zachary brummte. »Wenn du dich im Rat hinter mich gestellt hättest, wäre genau das geschehen, und dann könnten all die anderen noch am Leben sein. Meine Schwester und meinen Cousin eingeschlossen.«
»Hört auf, aufeinander herumzuhacken«, sagte ich. »Dazu ist es jetzt zu spät.«
Camille nickte. »Das stimmt. Delilah, ruf Chase an. Oder soll ich das lieber machen?«
Ich seufzte tief. »Nein, ich rufe ihn an.« Aber als ich mein Handy hervorholte, hatte ich keinen Empfang. Es war nur so ein Gefühl, aber ich vermutete, dass das Rudel jegliche Kommunikation nach draußen so stark wie möglich einschränkte.
»Ich müsste bitte mal telefonieren«, sagte ich und steckte das Handy wieder ein.
Zach deutete auf das andere Ende des großen Schreibtischs. »Da drüben. Du musst die Neun vorwählen, um eine Leitung nach draußen zu bekommen.«
»Ihr seid ganz gut organisiert, was?«, bemerkte ich und nahm den Hörer ab. Ich wählte die Neun und dann Chases Nummer. Sein Anrufbeantworter ging dran, also legte ich auf und versuchte es im
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