Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
umgebracht«, sagte ich. »Aber wir haben dich gefunden, kurz bevor du gestorben bist. Verstehst du, was ich sage?«
Das Blut strömte jetzt durch ihren Körper und stärkte sie; sie schaute zu Tim hinüber. »Dass ich jetzt eine von euch bin«, flüsterte sie und sah wieder mich an. »Ich bin ein Vampir, und ich habe mich gerade von meinem besten Freund genährt und es genossen. Ich will mehr. Was wird jetzt mit mir geschehen?«
Ich schloss sie in die Arme und drückte sie an mich. Sie würde für immer eine Frau mittleren Alters mit kurzem Haar und einem Bäuchlein sein, aber sie klammerte sich an mir fest.
»Du schaffst das. Niemand zwingt dich, Schrecken und Zerstörung zu verbreiten. Du brauchst dich nicht in ein Monster zu verwandeln. Ja, wir sind Raubtiere, das ist wahr. Wir nähren uns von Blut. Nichts kann daran etwas ändern. Aber du hast es selbst in der Hand, wie du mit deinen Bedürfnissen umgehst, du kannst entscheiden, von wem du dich nährst und ob du deinen Wirten Schmerzen zufügst oder ihnen Genuss bereitest. Ich bin bei dir, ich werde dir helfen, und meine Freunde bei den Anonymen Bluttrinkern ebenso.«
Dann schob ich sie auf Armeslänge von mir und sah sie streng an. »Aber, Erin, eines musst du wissen. Ich bin deine Meisterin. Wenn du beschließt, auf eigene Faust loszuziehen und ein Blutbad anzurichten, werde ich dir nachjagen und dich vernichten. Ich kann dich immer und überall aufspüren. Hast du das verstanden?«
Erin erschauerte. »Ja. Ich habe dich selbst darum gebeten. Ich werde dir niemals Vorwürfe machen, Menolly.«
Ich biss mir auf die Zunge. Wenn ich nicht gewesen wäre, wäre all das nie passiert. Dann wäre Dredge nicht hier, um sein Chaos zu verbreiten und meine Freunde da hineinzuziehen. Aber was hätte sein können oder nicht, spielte keine Rolle mehr. Es zählte nur das Hier und Jetzt.
Wenn ich in den vergangenen zwölf Jahren eines gelernt hatte, dann, wie man Reue überwand. Natürlich hatte ich auf ewig mein Päckchen zu tragen, aber man konnte die Zeit nun einmal nicht zurückdrehen. Wir konnten nur Gegenwart und Zukunft ändern. Und jetzt, da ich nicht mehr an Dredge gefesselt war, konnte ich mich darauf konzentrieren, ihn zu zerstören und die Welt von einem Grauen zu befreien, das schon vor Hunderten von Jahren hätte vernichtet werden sollen.
Ich blickte zu Tim auf. »Holst du bitte Delilah?«
Er nickte und eilte hinaus.
Erin japste plötzlich. »Ich kriege keine Luft!«
»Nein, denk daran: Du kannst keine Luft holen, nicht so, wie du es gewohnt warst. Versuch es gar nicht erst. Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht sterben wirst – du wirst nicht ersticken. Verstehst du, wir atmen nur, wenn wir uns bewusst darum bemühen. Dein Gehirn versucht, die Muster abzuspulen, die dein Körper im Leben gebraucht hat, aber als Vampir brauchst du keinen Sauerstoff, und dein Körper wüsste gar nicht, was er damit anfangen sollte.«
»Wie soll ich das nur alles lernen?«, rief sie, und zum ersten Mal wirkte sie starr vor Entsetzen.
Ich packte sie bei den Schultern. »Hör mir zu. Hör zu. Erstens, hör auf, darum zu kämpfen. Atme aus. Atme nicht ein, stoße nur die Luft aus, die du gerade einatmen wolltest.«
Sie sah mir fest in die Augen, und ich spürte, wie sie zusammensank, als die Luft aus ihrer Lunge wich, die nicht länger zu atmen brauchte.
»Gut. Jetzt schließe die Augen. Horche aufmerksam in dich hinein. Ist dir schwindlig? Hast du das Gefühl, du würdest ohnmächtig werden, wenn du jetzt nicht atmest?«
Sie gehorchte, und nach ein paar Sekunden der Stille sagte sie. »Nein. Nein, ich glaube, ich verstehe es jetzt – wenn ich nicht darum kämpfe, Luft zu holen, merke ich gar nicht, dass ich überhaupt nicht atme.«
»Genau so ist es. Du gerätst nur in Panik, wenn dein Gehirn dir befiehlt zu atmen, aber dein Körper nicht mehr darauf eingestellt ist. Du kannst Luft holen und sie wieder ausstoßen, aber du musst deine Lunge darauf vorbereiten, sonst verwirrst du nur deinen Körper. Das gehört alles zu deiner Verwandlung.« Ich hielt ihre Hände, während sie bewusst versuchte, sich zu entspannen.
Da kam Delilah herein, gefolgt von Tim. »Ist alles in Ordnung?« Sie kniete sich ein paar Schritte entfernt von uns hin und beobachtete Erin vorsichtig.
Erin schaute zu ihr hinüber. »Hallo, Delilah. Ich... ich bin nicht sicher... Ich meine, was mache ich denn jetzt? Meinen Laden kann ich nicht mehr führen, oder? Ich
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