Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
sie.
»Ich will erst zurück ins Labor und Sharah nach Hause bringen«, erwiderte er.
Delilah warf ihm eine Kusshand zu und ging hinüber zu Camilles Lexus.
Als Chase anfuhr, schaute ich ihm nach. Er sah müde aus. Auch Sharah hatte erschöpft gewirkt. Ich fragte mich, wie das wohl sein musste, Tag für Tag mit Toten und Verletzten zu tun zu haben.
Unter den Untoten zu wandeln, war die eine Sache. Wir waren in unseren Körpern gefangen, in einer Art ewigem Limbus, aber immer noch da. Doch die Heiler und Sanitäter, die schweigend jenen zur Seite standen, die auf die andere Seite hinübergingen, die Wunden versorgten und denen, die Schmerzen litten, die Hand hielten... das waren schon ganz besondere Leute.
Und dass jemand wie Sharah, eine Nichte von Königin Asteria, hier weiter ihren Dienst versah, obwohl eine Horde Dämonen zu uns unterwegs war... Also, das war in meinen Augen wahrer Mut. Das hier war nicht einmal ihre Welt. Aber die Anderwelt lag nur einen Schritt von der Erdwelt entfernt und würde als Nächstes an der Reihe sein, wenn die Erde erst gefallen war. Ohne unsere Hilfe wären beide Welten zum Untergang verurteilt.
Dabei ging es nicht um »wenn«... nur um »wann«.
Iris erwartete uns schon, als wir ins Haus strömten. Sie winkte mit einer Videokamera und strahlte uns entgegen. »Ich habe wunderbare Neuigkeiten!«
Camille ließ sich in den Schaukelstuhl fallen und lehnte den Kopf weit zurück. »Die können wir gut gebrauchen, glaub mir«, sagte sie.
Delilah sank aufs Sofa und zog sich die Stiefel aus. »Mann, bin ich fertig. Übrigens habe ich einen neuen Fall, also müsste ich in ein paar Wochen wieder Geld ins Haus bringen. Mal wieder irgendein untreuer Ehepartner, glaube ich. Langweilig, aber es bringt Geld.«
Jetzt, da wir kein Gehalt vom AND mehr bekamen, arbeiteten wir alle mehr. Es war irgendwie lustig gewesen, als der AND sämtliche Ausgaben abgedeckt und unsere »normalen« Jobs nur Tarnung gewesen waren. Aber nun mussten wir selbst für unseren Lebensunterhalt sorgen. Zum Glück hatte der AND beide Gebäude – den Wayfarer und den Indigo Crescent – gekauft und komplett bezahlt, und dann offenbar jegliches Interesse daran verloren, als Lethesanar mit ihrem schmutzigen Krieg alles durcheinandergewirbelt hatte.
Iris musterte Camille und Delilah und runzelte die Stirn. »Mir ist aufgefallen, dass ihr beiden euer Abendessen nicht angerührt habt. Es steht noch im Kühlschrank. Schmeckt euch mein Essen vielleicht nicht?«
»Aber natürlich.« Camille gähnte. »Wir mussten zu Menolly in die Bar und sind noch gar nicht dazu gekommen, etwas zu essen. Aber ich könnte jetzt wirklich einen Teller Lasagne gebrauchen.«
»Ich auch!« Delilah lächelte den Hausgeist strahlend und voller Hoffnung an.
»Ja, ja.« Iris schnaubte. »Ihr beiden esst wie die Scheunendrescher. Ich mache euch gleich etwas warm, aber ehe noch irgendetwas... « Sie hielt inne und sah mich an. »Ich weiß, dass du schlimme Neuigkeiten hast – es steht dir ins Gesicht geschrieben. Aber warte noch einen Augenblick.«
Ich hob die Hände und schüttelte den Kopf. »Ich sage kein Wort. Kein Wort.«
»Gut.« Sie hielt die Videokamera hoch und bedeutete uns, näher zu kommen. Camille und Delilah stöhnten, aber Iris ließ sich nicht erweichen. »Kommt hierher, na los. Ihr seid viel jünger als ich, und ich beklage mich auch nicht über meine müden Knochen, also macht schon.«
Wir drängten uns um sie, und sie stellte die Kamera auf Wiedergabe. Da, lebhaft und in Farbe, war unsere Maggie, die ihre ersten Schiritte ganz allein machte. Die kleine Gargoyle klammerte sich am Kaffeetisch fest, erreichte das Ende, hielt sich aufrecht und ließ dann, einen Finger nach dem anderen, die Tischkante los; wackelig watschelte sie mit ausgestreckten Ärmchen auf die Kamera zu.
Wir konnten Iris im Hintergrund murmeln hören, und dann tat Maggie zwei Schritte, stieß ein besonders lautes Muuf aus und plumpste aufs Hinterteil, den Schwanz seitlich weggeknickt. Sie begann zu heulen, und der Film brach ab, aber da waren sie in voller Pracht: Maggies allererste Schritte.
Delilah klatschte in die Hände, und Camille machte sich sofort auf in die Küche, während ich Iris um die Taille packte, hochhob und herumwirbelte. Ich hätte platzen können vor Stolz auf unsere Kleine.
»Lass mich sofort wieder runter!«, sagte Iris, und ich gehorchte. Wenn Iris es ernst meinte, nahm ihre Stimme diesen strengen »Keine Widerrede«-Tonfall an,
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