Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
wissen, wem sie das zu verdanken haben. Die Leute wissen auch, dass ihr einen Drachen auf eurer Seite habt. Sogar Delilahs neuer Job als Todesmaid hat sich herumgesprochen. Euch ist nicht klar, dass ihr allmählich zu Berühmtheiten werdet. Wenn das Subkult-Netzwerk erkennt, wie die Situation mit Schattenschwinge wirklich aussieht, werden sie überleben wollen. Und sie werden euch folgen, wenn es hart auf hart kommt.«
Camille strich ihr Kleid glatt und wandte sich wieder ihrem Teller zu.
Ich schloss die Augen. »Wer eine Krone trägt, dessen Haupt ist schwer«, sagte ich.
»Setz dich noch nicht gleich auf einen Thron«, warnte Iris mich. »Noch schwerer haben es diejenigen, die ihm die Krone vom Haupt schlagen wollen, und verzweifelter sind sie obendrein. Die Schlachtreihen werden aufgestellt.« Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. Die Energie im Raum wurde zum Greifen dicht, und Delilah schmiegte sich schnurrend an Iris’ Brust. »Im Lauf der nächsten Monate werden die Übernatürlichen ihre Tarnung aufgeben und sich verbünden. Es stehen rauhe Zeiten bevor. Ich fürchte, die Menschen werden glauben, dass die Übernatürlichen sich gegen sie erheben wollen. Wenn das eintritt... «
»Bandenkriege.« Camille glitt von ihrem Stuhl und kniete sich neben Iris. »Iris, bist du eine Seherin?«
Ein Lächeln breitete sich langsam über das Gesicht der Talonhaltija, und sie flüsterte: »Wenn es nötig ist. Ich habe in der Vergangenheit viele Dinge getan, von denen ihr nichts wisst. Aber glaubt mir, ich bin aus gutem Grund hier.« Und dann, ohne die Augen zu öffnen, wandte sie sich mir zu. »Du musst nach Aladril gehen. Er wartet auf dich. Hast du verstanden?«
Ein Schauer lief mir über den Rücken, der sich trotz meiner todeskühlen Haut eiskalt anfühlte. Magie hing in der Luft, die Magie des Zweiten Gesichts, die Magie der Voraussage, die Magie von Wind und Eis, die Iris so geschickt handhabte.
»Wir gehen, Sonntagnacht.«
Camille legte Iris eine Hand aufs Knie. »Brauchst du irgendetwas? Etwas, das dir nützlich sein könnte?«
Iris stieß leise den Atem aus. »Bringt mir einen Kristall mit. Selbst dann, wenn ihr ihn in einem der Läden kaufen müsst. Aqualin – ein klarer, blauer Stein, der nur aus den Tiefen des Wyvernmeers kommt. Die Sirenen bauen ihn ab und verkaufen ihn an die Seher. Er wird mehr kosten, als ihr bezahlen könnt, aber sagt ihnen, dass eine Priesterin der Undutar ihn braucht. Dann müsstet ihr ihn bekommen.«
»Undutar?« Bei meiner Frage erwachte Iris aus ihrer Trance und blinzelte. Ich wollte gerade erneut fragen, als Delilah ein lautes Brummen ausstieß, von Iris’ Schulter sprang und auf die Vorhänge zusauste. Sie schaffte nur die halbe Strecke, dann wallte goldener Nebel um sie auf, und ihr Körper begann sich zu verwandeln. Delilah zuckte und wand sich in äußerst schmerzhaft aussehenden Krämpfen, ein verschwommenes Knäuel aus Fell und Fleisch im grausamen Griff der seltsamen Magie unserer Familie. Als sie mit einem lauten »Uff!« auf den Knien landete, eilte Camille zu ihr.
Ich starrte Iris an, die meinen Blick stumm erwiderte. Als ich den Mund öffnete, schüttelte sie den Kopf. »Frag nicht. Noch nicht. Die Zeit ist noch nicht gekommen, Menolly. Ich könnte dir nichts über meine Beziehung zu Undutar sagen, selbst wenn du mich bedrohen wolltest. Über gewisse Ereignisse in meiner Vergangenheit kann ich nicht sprechen... « Ihre Stimme erstarb, doch in ihren Augen glitzerte plötzlich ein schimmernder Wirbel aus Licht: das Silber des Mondes, das Indigoblau des Zwielichts, weiße Wolken, die mit dem Wind vorüberrasten.
Iris seufzte tief, und ihre Augen nahmen wieder ihre normale Farbe an – blau wie der Morgenhimmel. Sosehr meine Neugier auch brannte, ich wusste es besser, als sie zu bedrängen. Iris würde es uns schon sagen, wenn – falls – sie das konnte. Ich nickte stumm und eilte dann zu Camille, um ihr mit Delilah zu helfen, die ein wenig benommen aussah, ansonsten aber wohl keinen Schaden genommen hatte.
»Alles in Ordnung, Kätzchen?«, fragte ich, als sie auf ihren Stuhl glitt.
Camille griff zur Teekanne und schenkte sich und Delilah nach.
Delilah nickte und wurde rot. »Entschuldigung. Ich dachte, ich hätte inzwischen mehr Kontrolle über die Verwandlung, aber offenbar habe ich mich geirrt. Entweder das, oder sie ist genauso unzuverlässig und sporadisch anfällig wie Camilles Magie.«
»He!« Camille erstarrte, die Teekanne erhoben. »Bei
Weitere Kostenlose Bücher