Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
verbergen, was er mir angetan hatte, aber Nerissa zog sie sacht wieder auseinander, beugte sich vor und küsste das Mal, mit dem er mich besudelt hatte.
»Er mag seinen Namen hier hinterlassen haben, aber er wird dich nie wieder anrühren«, flüsterte sie, und Tränen traten ihr in die Augen, während sie mit einem Finger über die vernarbte Haut strich. Sie ließ den Tränen freien Lauf, fing die glitzernden Tropfen mit dem Zeigefinger auf und wusch mich damit. »Mit meinen Tränen gebe ich dir dich selbst zurück. Mit dem Salz reinige ich dich von ihm.«
Ein Schauer durchlief mich – ob es ihre Worte waren, ihre Berührung oder irgendein seltsamer Zauber, den sie von Venus Mondkind gelernt hatte, wusste ich nicht. Aber als sie die Lippen an meine Scham presste, stürzte ich in ein flammendes Inferno. Ein schmerzhafter Durst erwachte in mir, ein tosendes Begehren, zu trinken und mich am Brunnen ihres Lebens zu laben. Ich schoss hoch, mit glühenden Augen und ausgefahrenen Reißzähnen, und konnte mich kaum mehr beherrschen.
Nerissa zuckte nicht zusammen oder wich zurück. Sie legte eine Hand auf meine Schulter und schüttelte ruhig den Kopf. »Nein, Menolly. Lass dich einfach treiben.«
Ihre Furchtlosigkeit drang durch meine rot vernebelte Sicht, und ich kämpfte darum, mich zu konzentrieren, kämpfte gegen den Wunsch, die Zähne tief in ihren Hals zu schlagen und mich so mit ihr zu vereinigen. Nerissa drückte mich auf den Teppich zurück und beugte sich über mich. Ihre Lippen glitten über meinen Bauch, immer tiefer, und hinterließen eine Kaskade aus Küssen.
Und dann war sie angekommen, presste sich an mich, und ihre Zunge wirbelte in einem leidenschaftlichen Muster herum, das sämtliche Gedanken aus meinem Kopf vertrieb und nur die Welle übrig ließ, auf der ich nun ritt. Stur versuchte ich mich an meiner Angst festzuklammern – wenn ich mich gehenließ, würde ich ausrasten und sie überwältigen? Würde ich ihr die Kehle aufreißen? Aber das beständige Schlecken ihrer leicht rauhen Zunge durchbrach alle meine Barrieren. Ich fiel, stürzte, diesmal in einen anderen Abgrund, in dem sich ein üppig grüner Garten ausbreitete, ein Regenwald der Seligkeit anstelle der unerbittlichen Blutlust, die mein Leben beherrschte. Mit einem scharfen Aufschrei gab ich mich ihr hin und ließ mich mit Haut und Haaren in die köstliche Erlösung fallen.
Stille. Frieden. Dann richtete Nerissa sich auf, streckte sich und warf gemächlich einen Blick auf die Uhr. »Es ist schon fast Morgen. Du solltest wohl besser ins Bett gehen.«
Ich blinzelte. »Aber was ist mit dir? Bist du nicht... «
Sie lächelte und wischte sich geziert den Mund. »Mach dir um mich keine Gedanken. Ich habe meine Möglichkeiten. Und jetzt geh. Ich bin nur einen Anruf entfernt. Ich muss zurück ins Revier. Ich weiß, dass ihr heute Nacht schon etwas vorhabt, aber ruf mich später an, wenn sich alles ein bisschen beruhigt hat. Wenn du magst.« Ihr Lächeln war ansteckend, und ich erwiderte es. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit war mir schwindlig vor Glück.
»Ich werde dich anrufen, Nerissa«, sagte ich und zögerte dann. Doch ohne weiter darüber nachzudenken, was das bedeuten könnte, platzte ich heraus: »Du bist unglaublich. Du bist wunderschön und furchtlos. Ich hätte mir nie träumen lassen... «
Sie schlüpfte in ihre Sachen und gab mir noch einen raschen Kuss. »Menolly, ich bin nicht furchtlos. Ich bin mir nur der Welt bewusst, in der du lebst. Venus Mondkind wandelt im Schatten des Todes. Er hat mich gelehrt, dem Tod ins Gesicht zu blicken und auch die Schönheit in all seinen Aspekten zu finden. Und er hat mich gelehrt, wie ich aus dem Abgrund zurückkehren kann.« Damit schlüpfte sie aus dem Salon.
Ich sah ihr nach und dachte, dass ich noch etwas sagen sollte, aber sie war schon weg. Außerdem, ganz gleich, was ich jetzt sagte, es hätte nur platt klingen können. Was auch immer aus dieser Sache zwischen uns werden sollte, sie würde in ihrem eigenen Tempo wachsen.
Mit einem letzten Blick auf die geschlossenen Vorhänge, hinter denen schon trübes Grau schimmerte, schlüpfte ich in Jeans und Pulli und eilte ins Wohnzimmer. Alle waren im Begriff, sich schlafen zu legen. Trillian, Morio und Camille waren gerade auf dem Weg zur Treppe, und Tim war im Schaukelstuhl eingeschlafen.
Iris kam herein. »Die Küche ist sicher«, sagte sie, als Camille mir gute Nacht gewünscht hatte. »Delilah fährt Nerissa nach Hause.« Sie sah
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