Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
als Benjamin mir direkt ins Gesicht sah. Er blinzelte zwei Mal und flüsterte dann: »Schau mich nicht an, sonst merken die Wärter, dass etwas nicht stimmt. Du gehörst zu den Feen, nicht wahr? Und du kämpfst gegen die Dämonen, die ich in meinen Visionen sehe.«
Ich starrte auf ein hohes Grasbüschel in seiner Nähe. Die Brise ergriff die Halme und ließ sie wie eine grüne Welle wogen. Mir wurde klar, dass Benjamin sich hier in erster Linie versteckte. Aber wovor? Vor den Dämonen?
»Da hast du recht. Ich bin zur Hälfte eine Fee, und ich komme aus der Anderwelt. Und ja, wir kämpfen gegen Dämonen. Wir brauchen deine Hilfe, Benjamin. Würdest du mit uns sprechen?«
Er räusperte sich, lehnte sich dann zurück und glotzte wieder in den Himmel. Kurz darauf sagte er: »Also gut, aber ihr müsst mir versprechen, mich hier rauszuholen.«
»Wir werden es versuchen«, sagte ich, obwohl ich nicht wusste, wie genau wir dieses Versprechen halten sollten. Offensichtlich war Benjamin doch nicht so gebrochen oder verletzlich, wie Morio zunächst geglaubt hatte.
»Das wird mir wohl reichen müssen«, entgegnete Benjamin. »In Ordnung, ich werde euch helfen. Was wollt ihr denn genau von mir wissen?«
»Erzähl uns alles über die Höhle und den Edelstein. Ganz von Anfang an, und lass nichts aus.« Ich atmete durch.
Endlich ein Ansatzpunkt, genau das, was wir gebraucht hatten. Vielleicht hatten wir doch noch eine Chance.
Kapitel 21
Benjamin legte sich ins Gras, die Hände unter dem Kopf verschränkt. Ich betrachtete ein paar Rhododendren, an denen sich riesige, violette Blütenknospen langsam entfalteten. Morio streckte sich auf der Bank aus und legte den Kopf in meinen Schoß, als verbrächten wir hier nur einen gemütlichen Nachmittag und leisteten meinem »Cousin« Gesellschaft.
»Vor einem Jahr«, begann Benjamin leise, »war ich draußen in der Nähe des Mount Rainier wandern. Ich habe ganz allein eine Tagestour gemacht. Ich bin bis über den Goat Creek rausgelaufen - irgendetwas hat mich gedrängt, in diese Richtung zu gehen, also habe ich es getan. Dann bin ich vom Weg abgebogen und auf den Misery Rock zugegangen, und da habe ich die Höhle gesehen.«
Ich spitzte unwillkürlich die Ohren, warf einen raschen Blick in seine Richtung und streichelte dann wieder mit Blick auf die blühenden Rhododendren Morios Stirn. »Du sagst, du hast diese Höhle jenseits des Goat Creek gefunden?« Das war in der Nähe von Smokys Bau - ein paar Kilometer in der Wildnis hinter dem Haus und seinem Hügel.
»Ja«, murmelte er. »Ich bin darüber gestolpert. In der Karte war sie nicht verzeichnet.
Die Öffnung war von Moos und Ranken verdeckt, die habe ich beiseite gezogen und bin reingegangen. Die Höhle ... hat sich irgendwie seltsam angefühlt. Als wäre ich gerade in eine andere Dimension oder Welt getreten. Ich kann es nicht richtig erklären, aber du verstehst das vielleicht.«
Oh, allerdings. Ein Portal - das musste ein Portal gewesen sein. Was bedeutete, dass er entweder in die Anderwelt gereist war oder in irgendein anderes überirdisches Reich.
»Erzähl weiter«, flüsterte ich.
»Die Höhle war voller Kristalle in allen möglichen Schattierungen, grün, violett, blau und rot. Manche waren so groß wie ich und ragten aus dem Boden oder hingen von der Decke herab. Ich habe Angst bekommen. Ich weiß, dass wir hier in Washington State keine solchen Höhlen haben. Ich wollte sie eigentlich wieder verlassen ... aber sie war zu schön. Ich musste einfach weitergehen.«
Ich schloss die Augen. Neugier war schon vielen Geschöpfen zum Verhängnis geworden, vor allem den zweibeinigen Arten. »Du hattest Glück, dass du lebend wieder herausgekommen bist, Benjamin. Was hast du da drin gefunden?«
Er zupfte einen langen Grashalm ab und spielte damit herum, machte Knoten hinein und strich mit der scharfen Kante über seinen Daumen, bis ein schimmerndes Tröpfchen Blut hervortrat. »Da war ein Schwert - mitten in der Höhle. Und ich habe eine Frau gesehen, die in einem riesigen Stalagmiten aus Quarz eingeschlossen war.
Ich habe an den Kristall geklopft, aber anscheinend konnte sie mich nicht hören. Also habe ich das Schwert aufgehoben ...«Er verstummte, warf den Grashalm weg und zupfte einen neuen aus. Seine Stimme zitterte, und er sah aus, als sei ihm schlecht.
»Geht es dir nicht gut?«, fragte Morio mit immer noch geschlossenen Augen.
Ben räusperte sich. »Ich weiß nicht. Jedes Mal, wenn ich nur an das ... das
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