Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
ihre Augen. Als das flackernde Licht erstarb, spähten sie vorsichtig hinter den vorgehaltenen Händen zu uns herüber.
»Was zum Teufel soll denn das, verdammt?« Iris fluchte so gut wie nie, und solche Kraftausdrücke von ihr zu hören, war eine Überraschung - aber eine willkommene, denn immerhin hatte sie sich nicht in irgendeine Art Dämon verwandelt.
»Ihr seid es. Ihr seid es wirklich«, seufzte ich und ließ mich erleichtert auf einen Stuhl sinken. »Wir müssen das Haus durchsuchen. Sofort.«
»Wovon sprichst du eigentlich?«, fragte Delilah mit zusammengekniffenen Augen. Da sie zum Teil eine Katze war, brauchten ihre Augen länger, um sich von so etwas zu er-holen.
»Dämonen«, krächzte ich, ohne das Horn aus der Hand zu legen. »Dämonen haben die Banne durchbrochen - sie waren auf unserem Land. Wir dachten, der Raksäsa wäre vielleicht noch hier ... dass ihr beide ...«
»Dass wir eine seiner Illusionen sein könnten«, sagte Iris leise. »Jetzt verstehe ich. Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, die Banne zu überprüfen, als ich nach Feddrah-Dahns gesucht habe. Ich habe mir solche Sorgen um ihn gemacht. Verdammt, wie konnte ich nur so dumm sein?«
»Ich auch«, sagte Delilah. »Ich konnte nur noch daran denken, wohin die beiden wohl verschwunden sein könnten. Und dann habe ich mich gefragt, ob sie vielleicht von einem Rudel verwilderter Hunde verjagt wurden oder so.«
»Viel schlimmer als verwilderte Hunde«, sagte ich. »Hast du unten am Birkensee Dämonenenergie gerochen?«
Delilah zuckte beschämt mit den Schultern. »Ich habe es nicht mal versucht.«
»Morio und ich gehen sofort dahin. Hol du Chase rein und das Abendessen aus meinem Kofferraum. Der Arme macht sich vor lauter Angst um dich vermutlich schon in die Hose. Iris, kommst du mit und zeigst uns, wo du das Blut gefunden hast?«
Während Delilah und Chase das Haus durchsuchten, führte Iris Morio und mich zum Birkensee. Der Pfad durch den Wald kam mir dunkler vor als sonst, aber die Vögel sangen, und wir sahen ein Eichhörnchen einen Baum hinaufhuschen. Ein gutes Zeichen. Wenn die Dämonen immer noch im Wald herumgeschlichen wären, hätten die Tiere sich still verhalten.
Unterwegs erzählte Iris mir, was passiert war. »Feddrah-Dahns und Mistelzweig waren hier unten am Teich. Feddrah-Dahns wird klaustrophobisch, wenn er sich zu lange in der Nähe von Gebäuden aufhält. Als die beiden zum Mittagessen nicht zurückgekommen sind, habe ich mir Sorgen gemacht. Dann ist Delilah nach Hause gekommen - sie und Chase sind übrigens sehr fit, wenn man bedenkt, dass sie heute vergiftet wurden. Delilah und ich sind zusammen hier heruntergegangen, um die beiden zu holen.«
»Na, immerhin. Ich wollte Chase vorhin schon fragen, wie es ihm geht, aber die Ereignisse überschlagen sich ja nur so, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich gerade bin.«
Ich war müde. Zu Tode erschöpft. Ich wollte nur noch ins Bett und eine Woche lang schlafen, aber ich hatte das Gefühl, dass es noch lange dauern würde, bis ich mir diesen Luxus würde erlauben können.
Wir gingen um die letzte Biegung des Pfads und kamen in der Nähe des Teichs heraus. Der Birkensee, mitten auf einer Lichtung im Wald, war von einem Kreis aus Zedern und Tannen umgeben. Er lag auf unserem Grundstück und war für uns zu einem Stückchen Heimat geworden, denn er erinnerte uns an den Y'Leveshan-See zu Hause in Y'Elestrial, obwohl er natürlich viel kleiner war. Blaubeeren und Farne wuchsen dicht am Ufer, und an der Seite war ein kleiner grasbewachsener Hügel, wo wir gern picknickten. Wir hatten uns angewöhnt, unsere Rituale hier abzuhalten, und wenn ich allein mit der Mondmutter sprechen wollte, wanderte ich in ihrem Licht den gewundenen Pfad entlang und setzte mich an das dunkle Wasser, das in einem ovalen Krater glitzerte.
Iris blickte zu mir auf. Sie sagte nichts, nahm aber meine Hand in ihre und drücke sie sacht. Ich lächelte ihr zu und fragte mich, wie wir je ohne sie zurechtgekommen waren. Sie gehörte ebenso sehr zur Familie wie unsere Tanten, sogar mehr noch als die meisten von ihnen.
»Hier«, sagte sie und blieb unter einem Ahorn stehen, der über der Lichtung aufragte.
Ich blickte zu den Zweigen mit ihren vielen Blattknospen auf. Hier war nichts Ungewöhnliches. Aber unterhalb des Baums, in der Nähe des Stamms, war das Moos auf dem Boden eingedrückt, als hätte hier ein schwerer Körper gelegen. Ein Pferd ...
oder ein Einhorn. Vorsichtig rückte ich dorthin
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