Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
mit einem »Ihm passiert schon nichts« beiseite zu wischen, richtete Morio sich auf. »Er kann nicht nach Hause. Auf ihn ist ein Kopfgeld ausgesetzt.«
»Ich weiß«, sagte ich und starrte an ihm vorbei auf die Hecke. »Deshalb habe ich ja solche Angst um ihn. Da braut sich irgendetwas zusammen. Ich kann es spüren, und Trillian ist darin verwickelt. Manchmal frage ich mich, ob er mir die ganze Wahrheit erzählt. Ob er nicht eine wichtigere Rolle spielt, als er uns wissen lässt.«
Während ich in die ungepflegten Büsche starrte, musste ich auch an Vater denken und fragte mich, wo er jetzt sein mochte. Er war aus der Garde desertiert, als Lethesanar ihre Soldaten auf das eigene Volk gehetzt hatte. Mein Vater war weder ein Feigling noch ein Verräter. Er war Hof und Krone treu. Doch als die Krone ihre Macht, missbraucht hatte, war er von ihr abgerückt, weil er sich im Herzen dem Thron verpflichtet fühlte - nicht der Wahnsinnigen, die darauf saß.
Morio seufzte tief. »Ich weiß nicht, ob das irgendetwas zu bedeuten hat, aber vor ein paar Tagen stand ein Mann vor meiner Wohnungstür, der nach Trillian gesucht hat.
Ich weiß nicht, warum er bei mir war. Vielleicht dachte er, dass wir da zusammen wohnen. Er war kein Mensch, sondern irgendeine Art Fee. Er wollte unbedingt mit Trillian sprechen. Ich wusste nicht, wer er war, und seinen Namen wollte er mir nicht nennen, also habe ich mich dumm gestellt. Am nächsten Morgen habe ich Trillian davon erzählt, und als ich den Mann beschrieben habe, hat Trillian ein Gesicht gemacht, als hätte er einen Geist gesehen. Er wollte kein Wort mehr darüber verlieren.«
Ich überlegte kurz. »Erdwelt-Fee oder aus der Anderwelt?«
»Ich weiß nicht, aber er war ein bisschen komisch angezogen. Wenn ich raten müsste, würde ich Anderwelt sagen.«
»Dann könnte es ein Spion gewesen sein, der Trillian aufspüren und töten soll. Oder jemand von Tanaquars Leuten, der ihm eine Nachricht bringen wollte. Wie auch immer, Trenyth war heute mitten in der Nacht im Flüsterspiegel und hat ihn in die Anderwelt zurückbeordert.« Ich erschauerte, als sich die Wolkendecke wieder schloss und die Sonne verschwand. »Komm, bringen wir erst mal Mistelzweig nach Hause. In den vergangenen vierundzwanzig Stunden ist so viel passiert.«
»Und ich fürchte, es wird noch viel mehr passieren.« Morio legte mir einen Arm um die Schultern und ging mit mir zum Tor. »Die Degath-Kommandos waren in den letzten Monaten unser größtes Problem, aber in dieser Gegend gibt es reichlich Dämonen, die zu Schattenschwinges Gefolge gehören.« Degath-Kommandos - oder Höllenspäher - waren Schattenschwinges Vorhut.
»Das stimmt«, sagte ich.
Morio seufzte. »Ich fürchte sehr, dass die etwas planen. Menolly sollte in ihrer Bar sehr gut aufpassen. Das Portal ist weithin bekannt, und die Dämonen werden immer dreister.«
»Außerdem gibt es neue Portale, von denen wir noch gar nichts wissen, da hat der Feind natürlich leichtes Spiel.« Als wir den Vorgarten erreichten, saß Tish auf der Vordertreppe und unterhielt sich mit Delilah. Mistelzweig saß auf Kätzchens anderer Seite und ignorierte die Elfe vollkommen.
»Sprich nicht vor Tish oder Mistelzweig darüber. Erst wenn wir zu Hause sind«, ermahnte ich ihn. »Feddrah-Dahns weiß vom Plan der Dämonen. Deshalb hat er mir das ... ein Geschenk mitgebracht. Aber wir müssen aufpassen, was wir vor anderen sagen.«
Ich wandte mich Tish zu, setzte ein strahlendes Lächeln auf, nach dem mir überhaupt nicht zumute war, und sagte: »Wir haben unser Möglichstes getan. Ich glaube, wir haben sie vertrieben, aber bei Pixies kann man das nie so genau wissen. Mistelzweig hier nehmen wir mit.«
Delilah stand auf und klopfte sich den Hosenboden ab. »Dann können wir jetzt los?«
Ich nickte. »Mehr können wir nicht tun. Mistelzweig, möchtest du lieber bei Delilah mitfahren oder bei mir?«
Der Pixie funkelte Delilah böse an und musterte mich naserümpfend von oben bis unten. »Ich fahre mit Euch, Mylady. Auf die Gesellschaft einer Katze kann ich verzichten.«
Delilah fauchte leise und lachte, als er zusammenzuckte. »Hab dich nicht so. Am Steuer habe ich mich noch nie verwandelt. Ganz ehrlich.«
Mistelzweig schluckte schwer. »Dieses Fauchen macht Euch nicht vertrauenswürdiger, wisst Ihr? Also schön, ich fahre mit Euch, aber Ihr müsst Euch schon benehmen. Ich meine es ernst - ein Fehltritt, und Seine Königliche Hoheit wird Euch durchbohren. Ich bin ein
Weitere Kostenlose Bücher