Schwestern des Mondes 05 - Katzenkrallen-09.06.13
Schattens. Es war nicht viel mehr als ein Schädel, der mich direkt und unablässig anstarrte.
»Große Mutter Bast. Das ist ein Wiedergänger!« Ich bat die Mutter aller Katzen mit einem geflüsterten Gebet um ihren Schutz, wich zurück und prallte gegen Roz, der unmittelbar hinter mir stand.
Smoky stieß den Atem aus. »Die Kälte wird ihn nicht aufhalten. Der Frost ist für ihn höchstens eine nette Abwechslung.«
Wiedergänger waren seltene Wesen, die eher Schattenwelt und Erdwelt heimsuchten, als in den Ruinen der Anderwelt herumzugeistern, aber ich wusste, was sie waren und welche Zerstörung sie anrichten konnten. Eine einzige Berührung eines Wiedergängers reichte aus, um bei einem VBM einen Herzanfall auszulösen. Auf Feen hatten sie nicht ganz dieselbe Wirkung, doch sie konnten auch uns schweren Schaden zufügen.
Camille warf mir einen Blick zu und sah dann den Schatten an. »Was können wir nur tun?«, flüsterte sie heiser vor Angst. Sie wandte sich Morio zu.
Er packte ihre unverletzte Hand. »Reverente destal a Mor-denta.«
Sie nickte, stellte sich etwas breitbeiniger hin und schob die verletzte Hand in die Rocktasche. Ich fragte mich, ob sie nach dem Einhorn-Horn griff, doch als Morio anfing, einen Spruch zu murmeln, und sie mit einfiel, wusste ich, dass sie irgendeine Art Todesmagie ausheckten.
Smoky machte Anstalten, sie wegzuziehen, und ich hielt ihn am Ärmel zurück. Er wirbelte mit schmalen Augen zu mir herum, doch ich deutete auf den Schatten. »Wir brauchen alle Unterstützung, die wir kriegen können. Unternehmt etwas - irgendetwas!
Ich habe nichts, was gegen diese Dinger wirken würde. Ich kann nichts tun.«
Roz kramte hektisch in seinem Staubmantel herum. Vanzir schob sich vor mich, denn der Wiedergänger kam schnurstracks auf mich zu. »Mir kann er nicht allzu viel antun«, sagte er über die Schulter zu mir. »Bleib hinter mir.«
Ich stieß den Atem aus und hoffte, dass es uns gelingen würde, den Geist zu erledigen, ehe die Toxidämonen wieder auftauten. Gegen beides auf einmal kämpfen zu müssen wäre eine Katastrophe.
Ich fing Smokys Blick auf und deutete auf eines der Nester. Eine Fliege hatte den Schnee abgeschüttelt und sich schon beinahe in die Luft erhoben. Er schüttelte den Kopf.
»Diesen Spruch kann ich erst in einiger Zeit wieder verwenden. Wetterzauber sind sehr anstrengend, vor allem in meiner menschlichen Gestalt. Aber ich werde sie angreifen, falls sie in diese Richtung kommen.«
Er war nervös. Der Gedanke, dass irgendetwas dem Drachen tatsächlich Angst machen könnte, war mir noch nie gekommen, aber ein Blick in sein Gesicht sagte mir, dass seine Furcht uns galt, nicht ihm selbst. Und das machte mir nun wirklich eine Scheißangst.
In diesem Moment wirbelte Vanzir herum und versetzte mir einen Stoß, der mich quer durch den Raum schleuderte. Ich blinzelte. Was zum... ? Und dann sah ich, dass der Wiedergänger ihn attackiert und versucht hatte, um ihn herum zu greifen und mich zu packen. Während der Dämon mit dem Schatten kämpfte, glitten Vanzirs Arme einfach so hindurch, und der Geist schoss um ihn herum und kam wieder auf mich zu.
Mist! Ich befahl mir, ruhig zu bleiben, und suchte nach einem Fluchtweg. Warum interessierte sich das Ding überhaupt so für mich? Was machte mich so besonders? Als es sich auf mich stürzte, raste Smoky an mir vorbei und schlug nach ihm, doch seine klauenbewehrte Hand zischte ebenfalls einfach durch den Wiedergänger hindurch. Und dann stand ich ihm gegenüber -
dem Geschöpf aus der Welt der Schatten. Als es die Hand ausstreckte, hörte ich Camille kreischen, und alles verschwamm um mich herum. Irgendetwas geschah mit mir. Der Raum schien einzustürzen, mein Körper verzerrte sich, verdrehte sich, faltete sich zusammen, schmolz und formte sich zu neuen Knochen, Muskeln und Sehnen.
Und dann fand ich mich auf allen vieren wieder - vier große schwarze Pranken, vier Beine mit seidigem Fell -, und mein Atem stand als dicke, frostige Wolke in dem eisigen Raum.
Und er stand hinter mir. Das pechschwarze Haar fiel ihm über die Schultern, und ein Kranz aus roten Ahornblättern ruhte wie ein flammender Reif auf seinem Kopf. Seine Augen waren so, wie ich sie in Erinnerung hatte: zwei Diamanten auf schwarzsamtenem Grund. Sein Umhang - bedeckt mit einem Kaleidoskop aus Blättern und Flammen -
flatterte um seine schwarzen Stiefel. Frost fiel von seinen Fersen, und der Geruch von Friedhofsstaub, alten Büchern und knisternden
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