Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
Aber ich hielt den Mund. Sassy würde das selbst mit ihrem Gewissen ausmachen und dann mit der Entscheidung leben müssen.
»Nein.« Sassy nippte an dem Blut und tupfte sich dann vornehm die Lippen mit einer scharlachroten Serviette ab. »Menolly, ich vermisse die Jagd. Seit sechs Monaten kaufe ich mein Blut von der Blutbank. Es gibt eine neue, im Stadtzentrum. Sie bezahlen Straßenkinder für ihr Blut und verkaufen es an Vampire. So kommen die Kids an ein bisschen Geld, und die Bank führt Aufzeichnungen, damit niemand ausgezehrt wird. Wade ist für dieses kleine Unternehmen verantwortlich.«
Ich starrte in den Kelch voll rotem Feuer. »Warum bist du nicht auf die Jagd gegangen?«
Sassy räusperte sich. Ich blickte zu ihr auf, und sie hielt meinen Blick fest.
»Weil ich es zu sehr genieße. Ich rutsche ab. Nur ein bisschen, Menolly, aber es macht mir schreckliche Angst. Deshalb ist Erin so gut für mich. Sie erinnert mich daran, wie wichtig das Training ist. Ihr zu helfen, hilft auch mir.« Sie zögerte und fuhr dann fort: »Ich möchte, dass du mir etwas versprichst. Ich habe keine Familie, also betrachte es als meinen Lohn dafür, dass ich Erin helfe. Wenn es so weit ist...«
Ich wusste, worum sie mich bitten würde, denn ich hatte Camille dasselbe Versprechen abgenommen. » Falls die Zeit kommt, ja, ich verspreche es. Ich werde es schnell tun. Du wirst nicht leiden, und du wirst auch niemand anderem mehr Leid zufügen.«
Mit einem Nicken lehnte Sassy sich auf ihrem Sessel zurück und entspannte sich. »Ich danke dir. Das beruhigt mich sehr. Also, nun zu meiner Tochter. Sie war wunderschön. Ihr Haar war genauso goldblond wie Delilahs. Sie war so zierlich und doch so stark. Abby hatte die Art Selbstbewusstsein, die sich nur natürlich entwickeln kann, und so etwas wie Gemeinheit war ihr völlig fremd. Abigail war meine Rettung. Sie gab mir einen Grund, mein wahres Wesen unter Konventionen, Sitte und Anstand zu vergraben. Ich habe sie über alles geliebt, Menolly. Ich wäre für sie gestorben.« Sie senkte den Kopf, und wieder klang ihre Stimme ein wenig erstickt. »Als sie fünf Jahre alt war, haben wir in Ocean Shores Urlaub gemacht. Wir sind am Strand spazieren gegangen - Janet, Abby und ich. Johan saß in irgendeiner Besprechung ... einer Telefonkonferenz oder so etwas. Jedenfalls wollte ich ein bisschen die Sonne genießen und bin auf der Stranddecke eingeschlafen. Auf einmal habe ich Janet schreien hören. Ich bin aufgewacht und habe sie ins Wasser rennen sehen. Abby hatte am äußersten Rand der Wellen gespielt, und plötzlich setzte die Flut ein. Die Wellen erfassten sie.«
Ich schloss die Augen, damit sie sich in ihrer Trauer ungestört fühlen konnte.
»Abby wurde von einer heftigen Strömung in der Brandung erfasst, und ehe Janet sie erreichen konnte, war sie weg. Einfach so. Die Rettungsschwimmer waren schnell da, aber sie wurde erst am nächsten Tag gefunden - ihre Leiche wurde an den Strand gespült.«
Sassy stieß ein tiefes, bewusstes Seufzen aus, und ich wusste, dass sie die Atemübungen machte, die ich ihr beigebracht hatte. Manchmal, wenn Emotionen zu intensiv wurden, half es, die Lunge in Bewegung zu setzen, tief durchzuatmen, obwohl wir den Sauerstoff nicht mehr brauchten. Die Luft anzuhalten, zu zählen, bis Panik, Angst oder Wut nachließen, und sie dann langsam wieder ausströmen zu lassen.
»Was ist passiert? «
»An diesem Tag ist das Licht in meinem Leben erloschen. Johan und ich haben es irgendwie durch diese Zeit geschafft. Janet war gebrochen und machte sich entsetzliche Vorwürfe, aber es war nicht ihre Schuld. Ich hätte wach sein müssen. Ich hätte auf meine Tochter aufpassen müssen.« Blutrote Tränen rannen ihr über die Wangen. »Den Rest meines Lebens verbrachte ich damit, den Erinnerungen aus dem Weg zu gehen. Und in den Jahren seit meinem Tod versuche ich, Wiedergutmachung zu leisten, indem ich anderen helfe.«
Es gab keine Worte, die ihr jetzt helfen könnten. Sassy fuhr sich mit einem leuchtend roten Taschentuch über die Wangen, dann fasste sie sich. »Sprechen wir über etwas anderes. Warum bist du heute Nacht gekommen? Da ist noch etwas, nicht wahr?«
Ein wenig verblüfft erinnerte ich mich an den ursprünglichen Grund, weshalb ich bei ihr vorbeigeschaut hatte. »Ja. Ich brauche Informationen über den Clockwork Club, wenn du etwas über die weißt. Und ich muss wissen, ob du eine Frau namens Claudette Kerston kennst.«
Sie schnaubte. »Den Clockwork Club?
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