Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
Verandatreppe. Bingo .
»Okay, ihr Jungs haltet die Augen offen und lasst euch nicht blicken.« Leise öffnete ich die Tür und schaute durch den Türspalt. Der winzige Raum war an der höchsten Stelle, direkt am Haus, etwa fünfundzwanzig Zentimeter höher als ich.
Ich warnte Delilah, damit die sich nicht den Kopf stieß, und schlüpfte durch die Öffnung. Sie folgte mir und schloss die Tür hinter sich.
Keine von uns konnte wirklich im Dunkeln sehen, aber dank unserer besonderen Natur sahen wir im Halbdunkel viel besser als VBM. Ein Fleckchen Mondlicht fiel durch die Treppenstufen herein und zeigte uns den Umriss einer weiteren Tür, die direkt unter das Haus führte.
Ich zog daran. Sie war mit einem Vorhängeschloss versehen. Ich wollte es gerade ausreißen, als Delilah die Hand hob. Sie holte eine kreditkartengroße Hülle aus der Tasche und knackte flink das Schloss. Ich öffnete die Tür, schob mich durch den Spalt, und sie folgte mir.
Ich hatte damit gerechnet, eine Art Kriechkeller vorzufinden, aber nicht eine Öffnung im Boden, die offensichtlich regelmäßig benutzt wurde. Man gelangte über eine fest eingebaute Leiter nach unten, und ich spähte in das Loch und stellte fest, dass es zu einem Tunnel führte, etwa drei Meter tiefer gelegen. Der unterirdische Gang schien leer zu sein, also kletterten wir die Leiter hinunter.
Zwei Lichterketten zogen sich den Flur entlang, eine unter der Decke in gut zwei Metern Höhe, eine an der Wand knapp über dem Boden, der aus festgestampfter Erde mit einem Gehweg aus Holzplanken bestand. Ich zögerte, bedeutete Delilah, sich ganz still zu verhalten, und lauschte angestrengt. Anscheinend lauschte auch Delilah; sie hatte die Ohren gespitzt und die Augen geschlossen. Vermutlich witterte sie auch in der Luft. Wir gaben ein gutes Team ab, obwohl Camille mit ihrem Gespür für alles Magische uns jetzt auch nicht geschadet hätte.
»Hörst du irgendwas?«, flüsterte ich.
Delilah schüttelte den Kopf. »Nein. Nichts.«
Ich nickte. »Also gut. Dann los.« Ich achtete sorgfältig darauf, schön auf den Brettern in der Mitte zu bleiben. In den Lücken dazwischen konnte sich wer weiß was verbergen. Viromortis-Gallerte hatte sich in dieser Gegend angesiedelt.
Und es gab noch andere Wesen - nicht unbedingt magisch -, die einem ganz schön zusetzen konnten. Winkelspinnen zum Beispiel, und Ratten.
Während wir uns den Tunnel entlang schlichen, fragte ich mich, wie lange es ihn schon geben mochte. Harold hatte das Haus wohl vor vier oder fünf Jahren übernommen, aber der Tunnel selbst - sogar das Holz, aus dem der Gehweg bestand -sah viel älter aus. Die Wände aus nackter Erde waren verhärtet und verdichtet, wie es nur die Zeit bewirken konnte.
Als hätte Delilah meine Gedanken gelesen, flüsterte sie: »Ich fühle hier ein hohes Alter. Alter und ... Tod. Viel Tod.« Sie erschauerte. »Das gefällt mir gar nicht, Menolly. Eine Menge Schmerz ist in das Land hier eingesickert. Camille könnte es vermutlich noch besser spüren als ich, aber die Energie ist so stark, dass sie förmlich stinkt.«
Ich schloss die Augen und versuchte zu spüren, wovon sie sprach. Normalerweise nützte das nichts, aber diesmal drangen doch ein paar Sachen zu mir durch: Energien, die mir vertraut waren. Der Geruch von vergossenem Blut - sowohl altes als auch frisches. Leichte Wellen dämonischer Energie in der Luft. Der Hauch eines Luftzugs, der mir sagte, dass wir auf eine größere Kammer zuhielten, in der Luft zirkulieren konnte.
»Komm weiter«, sagte ich und winkte sie voran. Wir gingen langsam den leicht abfallenden Gang entlang. Ich versuchte zu schätzen, wie tief unter der Erde wir waren. Wir mussten mindestens fünf bis sechs Meter unter dem Haus sein, und ich hatte das Gefühl, dass es vor uns noch tiefer hinabging. Wie hielt das Fundament darüber?
Der Tunnel endete an einer T-Kreuzung. Ein Gang führte nach links, einer in einem Bogen nach rechts und dann gleich spiralförmig abwärts. Ich schaute in die linke Abzweigung, vergegenwärtigte mir die Lage des Hauses auf dem Grundstück und schloss, dass uns dieser Tunnel auf die Straße vor dem Haus führen würde.
»Abwasserkanal?«, flüsterte Delilah.
Natürlich! Ich bedeutete ihr zu warten und lief den Tunnel entlang, stieß aber gleich darauf auf eine Tür. Vorsichtig öffnete ich sie einen Spaltbreit, und tatsächlich drang der Gestank von Abwasser heraus. Ein Blick nach oben zeigte mir eingemauerte Sprossen, die ... jawohl
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