Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
schläfrig wirkte. »Wir sollten jetzt packen. Ich möchte noch ein Nickerchen machen, ehe es losgeht.«
Als wir beide aufstanden, kam Vanzir wieder herein. Seine bedrückte Miene machte mir Sorgen. Irgendetwas stimmte nicht. Iris bemerkte es auch.
»Was ist los?«, fragte sie. »Konnte Carter dir etwas sagen?«
Er nickte. »Ja, er hat es geschafft, noch ein bisschen mehr über sie auszugraben, aber ich garantiere euch, dass ihr das nicht hören wollt. Die Information war zwischen den Zeilen in ihrem Dossier versteckt. Schattenschwinge hat ihre Geschichte so gut wie möglich unter Verschluss gehalten, weil sie eine seiner Generäle ist, aber Carter hat tatsächlich gefunden, wonach wir suchen. Das Miststück ist eine Nekromantin.«
»Eine Nekromantin ?« Ich blinzelte und kämpfte gegen den Drang an, mich aufs Sofa zu werfen und einfach aufzugeben. » Heilige gottverdammte Scheiße. Kein Wunder, dass wir Probleme mit allen möglichen Biestern aus der Schattenwelt haben.«
Das war nicht gut. Gar nicht jut. Wenn man noch die Tatsache berücksichtigte, dass Stacia eine Dämonengeneralin war, hatten wir es sicher nicht mit einer kranken Pfuscherin zu tun, die einfach gern mit Leichen spielte. Nein, sie musste über ein unglaubliches Arsenal an magischer Feuerkraft verfügen und konnte Morio und mich wahrscheinlich mit einer einzigen kleinen Beschwörung auslöschen.
»Was zum Teufel tun wir jetzt?« Roz beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und faltete die Hände. »Das ist wirklich übel. Ich wünschte, Smoky wäre hier.«
»Sollten wir nicht besser bleiben?«, fragte ich, an Morio gewandt. »Das lässt die Situation in einem ganz neuen Licht erscheinen.«
»Du musst da hin - Trillian wartet auf dich«, sagte Delilah. »Und es sind ja nur ein paar Tage. Stacia suchen wir jetzt schon seit Wochen. Auf zwei, drei Tage kommt es auch nicht mehr an.«
»Hoffentlich hast du recht.« Ich zögerte und sah dann Iris an. »Was meinst du? Deine Intuition liegt normalerweise goldrichtig.«
Iris schürzte die Lippen und bedeutete uns, still zu sein. Sie setzte sich auf die vordere Kante der Fußbank, und ich sah ihr an, dass sie in Trance ging. Als die Talonhaltija tiefer in ihrer Meditation versank, lockte das sanfte Wogen ihrer Aura mich an, und ich ließ meine Energie zögerlich nach ihr tasten.
Sobald unsere Auren sich berührten, schnappte sie nach Luft und riss mich in ihre Welt.
Wir standen im Schnee, hoch oben auf einem Berg, mitten in einem Schneesturm. Iris war in einen langen, dicken, mitternachtsblauen Umhang gehüllt, ihr Haar unter der pelzbesetzten Kapuze verborgen. Auf ihrer Stirn glitzerte ein sternförmiger Kobalt - ob er in der Haut versenkt oder nur angebracht war, konnte ich nicht erkennen, doch er strahlte und pulsierte sacht im Rhythmus ihres Herzschlags.
Sie hob den Blick und sah mich an, und ich schaute in einen Wirbel aus Nebel, Dunst und Eis. Iris' Macht rollte über mich hinweg und warf mich auf die Knie. Ich fiel in den schweren Schnee. Er war nass und dicht und würde bald zu Eis gefrieren. Durchnässt bis auf die Haut, konnte ich den Blick nicht von der Frau abwenden, die auf einmal viel mehr war als ein Hausgeist.
Iris streckte die Hände aus, und auf ihren Handflächen ruhte eine hell topasblaue Kristallkugel. Aqualin - das war der Kristall, den sie sich aus der Anderwelt gewünscht hatte. Während ich mich aufzurappeln versuchte, krümmte sie die Finger um die Kugel, schloss die Augen und murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte.
In diesem Moment erschien ein riesiger Schatten über dem Berg, der wie tintenschwarze Finger über die schneebedeckte Landschaft kroch. Der Schatten nahm mir die Sicht, und irgendetwas drängte mich, vor ihm davonzulaufen, doch ich konnte mich nicht rühren. Als er uns beinahe erreicht hatte, riss Iris die Augen auf und reckte der kriechenden Finsternis die Hand entgegen.
»Pysäyttä!« Ihre Stimme war kraftvoll und klar, und der Schatten hielt inne. Iris trat vor. Ihre Worte donnerten durch den Schnee. »Kehr um. Zieh dich in deine Höhle zurück, Geschöpf der Finsternis. Die Stunde, da wir einander gegenübertreten, ist noch nicht gekommen.«
Vor meinen Augen begann der Schatten sich langsam zurückzuziehen, und ein langgedehntes, schwaches Seufzen hing in der Luft, während er langsam von dem Berg hinabrollte. Ich wandte mich Iris zu, um sie zu fragen, was das gewesen sei, doch sie war wieder ganz auf die Kristallkugel konzentriert.
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