Schwestern des Mondes 08 - Katzenjagd-09.06.13
weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Versprich mir nur, dass du dich nächstes Mal beherrschen und meine Anweisungen abwarten wirst. Auf Leben und Tod gegen einen Feind zu kämpfen, ist die eine Sache, aber du hast seine Seele ausgelöscht, Delilah. Dir ist anscheinend nicht klar, dass du ihn schnurstracks in den Abgrund geschickt hast, ohne den Befehl dazu erhalten zu haben. Das könnte irgendwann in der Zukunft schwerwiegende Folgen haben. Achte ab jetzt gewissenhaft darauf, deine Macht als Todesmaid nicht zu gebrauchen, um deine Feinde zu besiegen, sofern es dir nicht ausdrücklich erlaubt wurde.«
Da verstand ich. Sie bat mich nicht, zukünftig Kämpfe zu meiden, sondern war besorgt wegen der Art, wie ich kämpfte. »Ich verstehe ... und ich verspreche es. Darf ich mich noch ein bisschen unter vier Augen mit Arial unterhalten?«
Greta lachte. »Ihr habt alle Zeit der Welt. Und du darfst jederzeit hierherkommen, wenngleich das vorerst nur außerkörperlich möglich ist. Aber jetzt musst du dich für heute von deiner Schwester verabschieden, denn wir müssen deine Ausbildung fortsetzen.«
Widerstrebend sagte ich meiner Schwester auf Wiedersehen. Arial drehte sich um und winkte mir noch einmal zu, ehe sie den Saal durch eine Seitentür verließ. Ich warf Greta einen fragenden Blick zu. »Was tut meine Schwester hier? Warum ist sie an den Herbstkönig gebunden?«
»Sie ist ihm noch nie begegnet, außer bei ihrer Geburt. Er hat sie zu uns gebracht, und sie ist als entzückender Leopardenwelpe hier eingezogen, sicher und geborgen und von allen Todesmaiden verwöhnt. Wir haben sie sehr liebgewonnen. Wir haben ihr dabei geholfen, zu lernen, wie sie ihre zweibeinige Gestalt annehmen kann. Wir haben sie Sprechen, Lesen und Schreiben gelehrt, sie im Cembalospielen unterrichtet ...«
»Cembalo?«
»Ich habe keine Ahnung, weshalb sie sich gerade dieses Instrument ausgesucht hat, aber es hat sie am meisten angezogen. Sie singt wunderschön und schreibt Gedichte. Außerdem wartet sie uns auf und hilft uns, wo es nötig ist. Sie gehört zu unserer Familie, obwohl sie keine Todesmaid ist.« Sie brach ab. »Alles Weitere wirst du noch erfahren, aber jetzt...«
»Jetzt ist Unterricht angesagt?«
»Ja. Folge mir.« Sie stand auf, und ich folgte ihr durch eine Tür und einen langen Flur entlang. Wir betraten einen weiteren Raum, der schlicht, aber dennoch sehr schön war. In der Mitte stand eine Bank mit einem dicken Polster darauf. »Bitte, setz dich.«
»Was wirst du mir heute beibringen?«, fragte ich und ließ mich auf dem Polster nieder.
Greta lächelte verschlagen. »Oh, Mädchen, es geht nicht um etwas, das ich dich lehren könnte. Was auch immer du tust, steh unter keinen Umständen von der Bank auf. Das ist die einzige Vorschrift, die ich dir mache, und sieh ja zu, dass du sie befolgst. Sonst könntest du sterben. Ich hole dich in einer Weile wieder ab. Bis dann ... « Ihre Stimme erstarb, sie klopfte mir mit ernster Miene auf die Schulter und verließ dann den Raum. Ich hörte das leise Klicken des Schlosses.
Nervös blickte ich mich um und fragte mich, was jetzt passieren würde. Das Licht erlosch allmählich, nur der Bereich um die Bank herum wurde von einem schwachen Glühen erhellt. Alles andere versank in Dunkelheit. Ich holte tief Luft und wartete.
Ein Scharren erregte meine Aufmerksamkeit, und ich fuhr zusammen, erinnerte mich aber rechtzeitig an Gretas Mahnung, die Bank nicht zu verlassen, also zwang ich mich, sitzen zu bleiben. Die Geräusche waren mir unheimlich: Sie klangen nach Füßchen, die im Raum umherhuschten. Ein Schatten hier, eine plötzliche Bewegung da, und auf einmal war ich sicher, ein Gliederbein gesehen zu haben, das kurz aus der Dunkelheit herausragte.
Verflucht. Doch nicht etwa Vierspinnen? Sofort standen mir die Biester wieder vor Augen, gegen die wir vor einem Jahr gekämpft hatten. Kyoka und seine gruseligen Spinnlinge. Konnten die tatsächlich hier sein? Als die Laute näher kamen, glaubte ich plötzlich, hinter mir Atemgeräusche zu hören, und ich begann zu zittern. Jedes Härchen an meinem Körper sträubte sich, und das rasselnde Atmen wurde lauter.
Scheiße! Mein Instinkt kreischte: Lauf, du Idiotin! Aber wenn ich mich vom Fleck bewegte, würde ich wirklich sterben? War das eine Prüfung meiner körperlichen Fähigkeiten? Meiner Kraft? Oder ging es darum, ob ich Anweisungen befolgen konnte? Die Luft blieb mir beinahe im Hals stecken, so stark spannte ich mich an, um sofort
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