Schwesternkuss - Roman
hinter dem Rücken das Haus betrat.
Janine lächelte und zeigte ihre Zähne. »Dann werden Sie wohl bald heiraten?«
»Nein, wir wollen weiter in Sünde leben.« Mary liebte diese abgegriffene Redewendung, die die drei Tonys ständig im Mund führten.
»Arbeiten Sie mit jemandem zusammen?«, fragte Janine. Mit dieser Frage wollte die Gute klären, ob sie sich auf sechs oder nur auf drei Prozent Provision freuen durfte.
»Nein, wir arbeiten mit keinem anderen Makler zusammen. Wir suchen allein.«
»Dann kommen Sie. Ich zeige Ihnen alles. Beginnen wir unten.«
Mary betrat das Wohnzimmer. Etwas Seltsames passierte. Sie fühlte sich sofort wie zu Hause.
»Das Wohnzimmer ist vollkommen neu renoviert. Es geht nach Süden, hat neue Parkettböden und überall original Kranzprofile. Was wünscht sich ein junges Paar mehr!«
Mary brauchte Janines Anpreisungen nicht. Das Zimmer lag sonnendurchflutet vor ihr. Die großzügigen Proportionen verliehen ihm eine altehrwürdige Grazie. Die Fensterbänke waren so dick, dass sie geradezu nach einer Hauskatze verlangten. Mike und sie hatten eine Katze gehabt. Aber diese Erinnerung gehörte nicht hierher.
Janines Führung ging weiter: »Hier das geräumige Esszimmer mit Blick in den wunderbaren Hof. Die Backsteinterrasse ist neu, die Bepflanzung mit Zwergzypressen und Eibenbüschen können Sie gern wieder ändern.«
Eiben? Spitze! Mary konnte sich sehr gut vorstellen, da draußen in einem bequemen Holzsessel ein Buch zu lesen. Sie hatte nie in einem Haus mit einem richtigen Hof gewohnt. Ihre Eltern hatten nur eine kleine Ecke für ihre Mülltonnen. Ihr Vater hatte einmal vergeblich versucht, dort einen Feigenbaum zu pflanzen.
»Und jetzt die Küche, auch sie auf dem allerneuesten Stand. Edelstahl, wohin man blickt, geradezu ideal für jeden Gourmet. Dazu Spülmaschine, Kühlschrank, Müllpresse, alles vom Feinsten.« Janine deutete auf die Arbeitsplatte. »Die ist selbstverständlich aus Granit, und alle Rohre kommen direkt aus London in England.«
Mary beobachtete, wie sich die Sonnenstrahlen auf dem Edelstahl spiegelten. Das war die absolute Traumküche.
»Sehen Sie sich auch oben um. Dort finden sie Kinder- und Elternschlafzimmer.« Janine drückte Anthony das Haus-Exposé in die Hand. »Nehmen Sie es. Ihre Freundin kann im Moment nicht lesen, sie ist zu hingerissen.«
»Ist sie das?« Anthony drehte sich zu Mary um.
»Noch nicht«, antwortete Mary. Zu viel Begeisterung könnte den Preis in die Höhe treiben.
»Warten Sie nicht zu lange.« Janine gab ihnen ihre Business-Karte. »Es waren heute schon eine Menge Interessenten da. Bald ist das Schmuckstück weg.«
»Danke«, sagte Mary und steckte die Karte in ihre Handtasche. Sie gingen in den ersten Stock, ohne ein Wort zu sagen. So machten sie es immer. Keiner wollte den anderen beeinflussen. Außerdem wollten sie keinen unerwünschten Mithörer bei ihrer Beratung. Im Schlafzimmer schlossen sie die Tür hinter sich.
»Hast du so etwas schon mal gesehen?«, fragte Mary. Anthony begann zu lachen.
»Nein. Und ich muss auch nicht mehr sehen.«
»Ich auch nicht!« Marys Herz hüpfte vor Freude.
»Dann gehen wir.«
»Was?« Mary verstand nicht. »Wir sollten es kaufen.«
»Wie bitte?« War Mary verrückt geworden? »Weißt du, wie viel es kostet?«
»Klar ist es teuer. Aber gefällt es dir nicht?«
»Da!« Anthony hielt ihr das Haus-Exposé vor die Nase, wie ein Lehrer seinem Schüler eine missglückte Klassenarbeit.
»Ich kenne den Preis. Er stand in der Anzeige.«
»Das hast du mir nicht gesagt.«
»Es ist machbar.«
»Spinnst du?« Anthony lachte, Mary nicht.
»Gefällt es dir?«
»Natürlich. Nur der Preis und die Lage stimmen nicht.«
»Was hast du gegen die Lage? Wir sind in der Nähe vom Rittenhouse Square, das beste Viertel in der Innenstadt. Ich kann zu Fuß zur Arbeit und du zur Bibliothek oder zum Zug.«
»Ich weiß, aber …«
»Was aber?«
»Jetzt komm.« Anthony spitzte die Unterlippe. »Ist es nicht ein bisschen zu teuer?«
»Nein. Wieso?«
»Ist es nicht ein bisschen zu viel des Guten?«
»Was ist? Es ist ein Haus, und wir brauchen ein Haus.«
»Aber brauchen wir eine Gourmet-Küche? Wir schlingen eh nur Fertigmenüs in uns hinein.«
Mary begann die Diskussion auf die Nerven zu gehen. »Aber in der Küche könnten wir richtig schön kochen.«
»Was wir nie machen werden. Und den Rest des Hauses haben wir noch nicht mal gesehen.«
»Das kommt noch. Aber ich weiß schon jetzt: Das ist
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