Schwiegertöchter (German Edition)
Ewigkeit gedauert. Jahre womöglich. Jahre der Geduld und der Frustration und der Gewissheit, dass ihn die aushäusige Befriedigung seines Sexbedürfnisses zwar kurzfristig ähnlich erleichtern würde wie ein unbeherrschter Wutausbruch, dass dem aber eine lange, elende Zeit voller Reue und Gewissensbisse und Enttäuschung über sich selbst folgen würde. Er versuchte, nicht an die Sigrid zu denken, die er auf der wilden Party an der Universität von Loughborough kennen gelernt hatte, die Sigrid, die ihn dazu veranlasst hatte, mit glücklichem Staunen zu sagen: »Ist das eigentlich normal – ich meine, ist das okay, so viel Sex zu haben wie wir?« Er hatte versucht, sich auf die Liebe zu konzentrieren, darauf, Sigi zu lieben und Mariella anzubeten, er hatte sich bemüht, kein solcher Mann zu sein, der nur noch aus permanentem sexuellem Begehren bestand und – wie mal jemand dazu gesagt hatte – an ein Monster gekettet war.
Inzwischen war Mariella acht und übte auf dem Cello. Sigrid war die Nummer zwei in einem seriösen, hoch angesehenen Labor. Er selbst verdiente gut und wurde in seinem Job geachtet, und obwohl ihre Ehe nicht das gehalten hatte, was sie ursprünglich mal versprochen hatte, konnte er sich doch nicht vorstellen, ohne sie zu leben. Vielleicht war das Gewohnheit. Oder vielleicht war das einfach – die Ehe. Vielleicht hatten deren seismische Erschütterungen eine Art emotionales Narbengewebe hinterlassen, aber um diese Wülste herum funktionierte der Körper mit jenem zweckbestimmten Optimismus, wie er der menschlichen Rasse zu eigen ist.
Edward kehrte in die Küche zurück. Sigrid stand am Spülbecken und wusch Salat und Mariella lehnte sich von hinten an sie, als wolle sie sicherstellen, dass sie nicht wegging. Er fühlte sich plötzlich unsicher; wenn er jetzt etwas sagte, könnte seine Stimme abgewürgt und heiser klingen, so dass er einfach mit dem leeren Weinglas stehen blieb und dachte, wenn Liebe wirklich alles war, was man brauchte, dann war das in der Tat ein sehr anstrengendes und kompliziertes Konzept für das menschliche Überleben.
Später zitierte Mariella ihn zu sich, um ihr gute Nacht zu sagen. Sie war gerade in einer Phase, in der sie nach einem Hund quengelte, und hatte sich von ihrem Taschengeld eine Hundepfeife gekauft, die sie an einem Glitzerschnürsenkel festgemacht und um einen der Pfosten ihres weiß gestrichenen, schwedischen Bettes gehängt hatte, und wenn es Zeit für einen Gutenachtkuss war, blies sie entschlossen hinein.
Sie wartete aufrecht sitzend im gepunkteten Schlafanzug, das Haar zu einem glatten Vorhang gebürstet. Ihr Bett war voller Plüschtiere, und eine rotierende Nachttischlampe ließ Sternenlichter über Wände und Decke wandern.
»Daddy«, sagte Mariella.
Edward setzte sich zu ihr aufs Bett.
»Autsch«, sagte sie und zog die Füße weg.
»Willst du dich nicht hinlegen?«
Mariella rutschte vorsichtig runter, um die Tiere nicht zu stören.
»Daddy …«
»Ja.«
»Dieser Hund …«
»Liebling, das haben wir dir doch erklärt. Immer wieder. Es wäre nicht fair gegen den Hund, wenn den ganzen Tag keiner von uns zu Hause ist. Hunde hassen es, ohne Gesellschaft zu sein.«
»Also gut«, sagte Mariella, in die Hände klatschend. »Dann sollten wir uns was überlegen, damit ihr zu Hause bleibt. Lass uns ein Baby kriegen.«
»Liebling …«
»Pass auf«, sagte Mariella. »Ich weiß, was ihr machen müsst. Ich schlafe eine Nacht bei Indira, und du und Mummy, ihr könnt es einfach machen. Ich möchte wirklich, wirklich ein Baby.«
Edward legte eine Hand auf die Bettdecke über ihrem Bauch. »Liebling, das ist nicht so einfach …«
»Das sagst du immer.«
»Weil es wahr ist«, entgegnete Edward.
»Mummy sagt, sie hat keine Babyeier mehr.«
»Das trifft es ungefähr.«
»Wenn ich aber doch kein Einzelkind mehr sein will?«
»Dann wäre das wirklich sehr traurig«, sagte Edward nicht ganz fair und sah ihr direkt ins Gesicht.
Mariella seufzte. Sie hob die Hände und verschränkte sie vor ihrem Gesicht. » Muss man seinen Eltern wirklich alles erzählen?«
»Wenn man ein Kind ist, ist es eine ziemlich gute Idee, ihnen das meiste zu erzählen. Damit sie helfen können.«
»Aber ihr könnt mir ja nicht helfen«, sagte Mariella. »Ihr sagt nur nein, nein, dies geht nicht und das geht nicht, aber ihr macht nichts, was mir helfen könnte.«
Edward beugte sich zu ihr runter und umfasste ihren Kopf mit beiden Händen. »Du bist eine kleine Plage,
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