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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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sie: »Bitte tu nicht so, als würde ich gleich an die Decke gehen.«
    Anthony entgegnete nüchtern: »Es wäre doch möglich.«
    Rachel suchte in einer Schublade nach einem Teelöffel. »Mir ist eher nach Weinen zumute.«
    »Das tust du so gut wie nie.«
    »In letzter Zeit habe ich ziemlich viel geweint«, sagte Rachel. »Es gefällt mir nicht, aber es passiert. Heute Nachmittag wieder, als ich die verdammten Möhren rausgezogen habe. Ich glaube, Dick hat es nicht mitgekriegt. Er kann inzwischen nichts mehr sehen, was kleiner ist als ein Bus, und ich hatte ihm den Rücken zugedreht.«
    Anthony fragte behutsam: »Warum hast du geweint?«
    »Du weißt schon …«
    »Nein. Ich meine, nicht genau. Noch immer wegen – Charlotte? Oder wegen der Möhren?«
    Rachel drückte den Teebeutel an der Wand des Bechers aus.
    »Die Möhren.«
    Anthony wartete wieder. Rachel erklärte: »Früher konnte ich gar nicht genug Gemüse anpflanzen. Früher hatten wir die Sachen säckeweise hinten in der Garage gelagert, und wir konnten von Glück reden, wenn sie bis nach Weihnachten gereicht haben. Wir konnten uns ziemlich gut selbst versorgen, oder nicht, und es wurde immer alles aufgegessen.«
    Sie brach ab und nahm den zweiten Teebeutel heraus.
    Anthony sagte: »Das ist ewig her. Jahre. Du denkst an die Schulzeit der Jungen. In Edwards Fall sind seitdem zwanzig Jahre vergangen.«
    Rachel holte eine große Plastikflasche Milch aus dem Kühlschrank und tat einen Schuss in den Tee. »Ich weiß.«
    »Aber …?«
    »Ich habe eigentlich nicht an damals gedacht, sondern an jetzt, daran, wie es jetzt ist …« Sie brach ab.
    Anthony ging um den Tisch herum und legte die Arme um sie. Sie erwiderte die Umarmung nicht, entzog sich ihr aber auch nicht. Sie sprach in den dunkelblauen Drillich seines Hemdes hinein: »Den ganzen Sommer über ist keiner hier gewesen.«
    Anthony beugte sich ein bisschen runter. »Was?«
    Rachel hob leicht das Gesicht und wiederholte: »Die Familie. Keiner ist hier gewesen, den ganzen Sommer nicht.«
    »Doch, sind sie, wir haben die kleinen Jungs bei uns gehabt.«
    »Das ist schon Wochen her«, entgegnete Rachel. »Das war kurz nach der Hochzeit.«
    »Und der Tag, an dem alle zum Mittagessen gekommen sind, als Mariella so viel gebacken hat …«
    »Ein einziger Sonntag«, sagte Rachel. Sie wischte mit dem Handrücken über ihre feuchten Augen. »In den anderen Jahren sind sie ständig hier rein- und rausspaziert. Letztes Jahr ist Mariella eine Woche lang ganz allein bei uns gewesen. Und die kleinen Jungs waren dauernd da, wir haben für Barney sogar den alten Kinderwagen rausgeholt, weißt du noch? Und Luke war oft hier, er ist segeln gegangen, er hat Jed mitgebracht, und sie waren zusammen segeln, und dann hat er Charlotte mitgebracht, um sie uns vorzustellen. Aber dieses Jahr nicht. Niemand ist dieses Jahr gekommen. Ich meine, sie haben natürlich ihr eigenes Leben, das weiß ich, ich hatte nur nicht erwartet, dass sie die Besuche bei uns komplett einstellen würden, so von jetzt auf gleich. Und dass Ralph und Petra nach Ipswich ziehen, macht es auch nicht besser, oder?«
    Anthony löste einen Arm und riss ein Stück Küchenpapier von der Rolle an der Wand ab. »Hier. Putz dir die Nase.«
    Er sah hinunter auf ihren Kopf, und als sie mit Naseputzen fertig war, sagte er: »Es ist ein schwieriger Sommer für Ralph gewesen. Und dann die Hochzeit. Ist wahrscheinlich nur eine Ausnahme, weißt du.«
    Rachel seufzte. Sie löste sich aus seiner Umarmung und hob den Blick zu ihm. Dann tätschelte sie seine Brust. »Das glaubst du genauso wenig wie ich. Es hat sich etwas verändert. Es hat sich etwas ganz Grundlegendes verändert.« Sie schnäuzte sich wieder die Nase. »Es macht mir Angst.«
    »Warum?«
    »Weil niemand mehr etwas von mir braucht, was ich gut kann.«
    »Ich brauche es.«
    Sie lächelte schwach. »Ant, du bist nicht genug Leute. Und du hast noch deine Malerei und das College.«
    »Dann fang wieder mit deinen Kochkursen an.«
    Sie seufzte. »Ich glaube, ich bringe nicht mehr genug Energie dafür auf.«
    Anthony griff nach einem der Teebecher. »Sollen wir den Gemüsegarten umgraben, damit du nicht mehr so deprimiert von dessen Erzeugnissen sein musst, die keiner mehr isst?«
    Das Telefon fing an zu läuten. Während sie die Küche durchquerte, um ranzugehen, sagte sie: »Ich würde lieber nach einer Lösung suchen, die nicht so aussieht, als würde ich aufgeben.« Dann nahm sie das Telefon ab und meldete sich wie

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