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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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verbunden.
    Wenn das Wetter schön war, ging er meistens in den Salon, wo er sich an einen Tisch setzte, seine Andenken ausbreitete und die dazugehörigen Geschichten zum Besten gab – ganz gleich, ob ihm jemand zuhörte oder nicht. Bei jeder Geschichte kam er unweigerlich irgendwann auf die Siegermedaille zu sprechen, die ihm einst auf einer Schach-Olympiade verliehen worden war. In welchem Zusammenhang er darauf zu sprechen kam, variierte jedes Mal. Aber nie hörte einer der anderen Bewohner zu, was ihn jedoch nicht zu stören schien. Mit gesenktem Blick konnte er mühelos über eine Stunde lang reden, ohne Punkt und Komma. Wenn der Junge Zeit hatte, leistete er ihm Gesellschaft. Obwohl er es verwunderlich fand, dass jemand, der das Schweigen predigte, seinem Prinzip dermaßen zuwiderhandelte. Aber vielleicht konnte der Alte seine demütige Haltung beim Spielen nur deshalb einnehmen, weil er abseits des Bretts so viel redete.
    »Beim achtundzwanzigsten Zug, als ich mit dem Springer den Bauern auf e2 geschlagen habe, war das Spiel entschieden. Ich hatte gewonnen.«
    Mit diesem Satz endeten all seine Geschichten.
    »Ich gratuliere Ihnen!« sagte der Junge anerkennend.
    Er bezweifelte, dass sein Lob ihn überhaupt erreichte. Der Alte saß vornübergebeugt, als hätte er gerade einen langen, erbitterten Wettkampf hinter sich, und sammelte die auf dem Tisch aufgereihten Gegenstände wieder ein, um sie behutsam, einen nach dem anderen, in seine Einkaufstasche zurückzulegen.
    Angesichts seiner traurigen Gestalt war der Junge versucht, ihm zu sagen, was für ein großartiger Schachspieler er immer noch sei, aber er hielt sich zurück. Die Finger aus Quittenholz hatten ihm dies schon längst mitgeteilt.
    Nachdem er seine Erinnerungsstücke ordentlich verstaut hatte, ging er wieder, den Trolley wie immer hinter sich herziehend. Die Einkaufstasche besaß ein schwarzweißes Karomuster. Sie war völlig verstaubt, an den Ecken abgestoßen und hatte schleifende Rollen. Aber die Quadrate waren immer noch deutlich erkennbar.
    Jedes Mal, wenn der Junge dem Alten bei seinen Erzählungen Gesellschaft leistete, empfand er eine tiefe Dankbarkeit. Er verneigte sich dann schweigend hinter seinem Rücken dafür, dass er aus seinem kostbaren Sammelsurium dem Kleinen Aljechin das Glöckchen geschenkt hatte.
    Zum Leidwesen des Jungen gab es etliche Bewohner, die nicht mehr so gut Schach spielen konnten wie früher. Trotzdem musste der Kleine Aljechin auch gegen sie antreten.
    Eines Nachts, als der nächste Morgen schon nicht mehr fern war, trat eine Person ins Schachzimmer und klingelte mit Pawns Glöckchen. An ihrer höflichen Zurückhaltung erkannte der Kleine Aljechin, dass es sich um eine Frau handelte. Es gab nicht viele Bewohnerinnen in der Residenz, aber diese waren in der Regel sehr talentierte Schachspielerinnen.
    Als die alte Dame vor dem Schachtisch Platz genommen hatte, sah sie zunächst scheu auf die Figuren hinunter. Sie können das Spiel eröffnen, wann immer Sie bereit sind, schien der Kleine Aljechin sagen zu wollen. Haben Sie keine Angst.
    Endlich nahm sie den Bauern auf e2. Im Inneren des Automaten konnte der Junge hören, wie ängstlich sie war. »Sie brauchen sich nicht zu fürchten, es ist doch bloß ein Bauer«, murmelte er leise. »Setzen Sie ihn ruhig an den gewünschten Platz.«
    Nach den nächsten beiden Zügen, bei denen sie mit ihren Springern vorgerückt war, geschah etwas Merkwürdiges. Die alte Dame setzte ihren Läufer von f1 nach a5.
    Der Junge starrte auf die Unterseite des Bretts. Die Dame musste sich vertan haben. Ihr Läufer hätte eigentlich auf einem weißen Feld landen müssen, auf b5 beispielsweise. In der Dunkelheit des Schachautomaten tauchte Indira auf und betrachtete ratlos das Brett. Auch sie wusste diesmal nicht, was zu tun war. Wie sollte der Kleine Aljechin der alten Dame beibringen, dass ihr letzter Zug ungültig war? Sie selbst schien ihren Fehler gar nicht bemerkt zu haben. Nur mithilfe des Hebels würde es ihm nie gelingen, diese Angelegenheit in Ordnung zu bringen. Notgedrungen rückte er seinen Bauern von d7 ein Feld vor, analog zu ihrem Läufer, der sich auf a5 befand. Von allen Schachzügen, die er bislang in seinem Leben getan hatte, war dies derjenige, in den er am wenigsten Vertrauen hatte.
    Nach diesem Muster verfuhr die Frau mit all ihren Figuren. Sie spielte nach ihren eigenen Regeln. Die Dame übersprang Felder, die Türme zogen diagonal, die Bauern beförderten hinderliche

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