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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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auch, wer mein Erster war!«
    »Nein, das ist mein Geheimnis.«
    »Wahrscheinlich war’s Mirko!«, rief Mickey höhnisch, was Esra veranlasste, zu kreischen, aufzuspringen und ihn quer über den
     Platz zu jagen.
    »Mirko ist der Sohn vom Vollmer, der Typ von gestern, du weißt schon«, erklärte mir Chris.
    »Den kann keiner leiden«, ergänzte Julian. Es war seit längerer Zeit das Erste, was er von sich gab. »Den hat Esra bestimmt
     nicht geküsst, den würde kein Mädchen freiwillig küssen.«
    Ich schwieg.
    »Der ist nämlich nicht nur ’n Schlauberger, der ist auch ein mieser Kerl.« Julian schien jetzt alle versäumten Erklärungen
     nachholen zu wollen. »Der spioniert allen Leuten hinterher, bespitzelt seine Mitschüler, um sich bei den Lehrern beliebt zu
     machen.«
    Woher willst du das denn wissen, dachte ich. Du wohnst nicht hier, du hörst nur, was die anderen sagen, und plapperst es nach.
    »Der war schon als kleiner Junge bescheuert. Anfangs, als wir das Ferienhaus frisch gemietet hatten, ister mir immer hinterhergelaufen. Der ist mir so was von auf die Nerven gegangen, wie ’ne Klette hat der an mir gehangen.«
    »Der ist schwul, Alter!«, verkündete Mickey so stolz, als hätte er mit seiner Äußerung eine intellektuelle Glanzleistung vollbracht.
     Danach riss er eine Dose Bier auf und reichte sie der verärgerten Esra mit den Worten: »Jetzt reg dich ab! Ich nehm’s zurück!
     Lass mich das Feuer anzünden!«
    »Der ist krank im Hirn, Eva, glaub’s mir.« Julian verdrehte die Augen und wedelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. »Wie
     gesagt, der hat’s echt verdient, der   …«
    »Warum?«, fuhr ich ihn an. »Weil er anders ist als andere?« Ich hatte sicher nicht vor, auch noch meinen Freund gegen mich
     aufzubringen, aber mir waren nun mal all jene, die anders ticken, nicht ganz so fremd.
    »Weil er anderen absichtlich schaden will«, sagte Olga leise, aber so scharf und deutlich, dass alle es hörten. Vielleicht
     deshalb, weil es das Erste war, was dieses Mädchen überhaupt sagte, ließ niemand daraufhin irgendeinen dummen Spruch ab.
    »Das stimmt.« Esra gab Mickey die Dose zurück, ohne getrunken zu haben, und winkte uns, von der Mauer herunterzusteigen. »Setzt
     euch und bedient euch. Dann erkläre ich Eva, warum ich sehr dankbar bin, dass ihr Mirko Vollmer gestern eine Lehre erteilt
     habt.«

16
    Mickey und Dustin zündeten Papier und Zweige an und wir setzten uns auf die Decken, die Olga und Esra auf der Wiese ausgebreitet
     hatten. Die Sonne war mittlerweile so gut wie untergegangen, der Himmel war grau und der Mond hatte einen Hof, der für den
     von Chris vorhergesagten Wetterumschwung sprach. Selbst wenn es morgen schneien würde – was störte es mich? Urlaub war das
     hier ja schon lange nicht mehr.
    Außer mir rauchten alle. Auch Julian, von dem ich gar nicht wusste, dass er sich was aus Zigaretten machte, ließ sich von
     Laura eine anstecken. Es tranken auch alle Alkohol, nur Esra schien an der Sektflasche bloß zu nippen und ich war froh, dass
     man mir zwar etwas anbot, aber nicht aufdrängte.
    »Also, pass auf, Eva: Mirko hat angefangen, nicht wir. Er hat mich fotografiert, wie ich auf dem Schulfest mit einem Jungen
     ziemlich wild rumgeknutscht habe.«
    »Wer war das denn?«, fragte Mickey im gleichen Tonfall, wie Laura vorhin ihre Neugier gezeigt hatte. Diesmal aber schien das
     keiner lustig zu finden, im Gegenteil, Laura fuhr ihn an: »Jetzt lass es doch!«
    »Wir hatten beide viel getrunken, es war nur Spaß, gute Laune.«
    »Hoffentlich hast du öfter mal gute Laune, Esra.«
    »Mickey!«, schnauzte nun auch Julian ihn an. »Kannst du sie nicht mal in Ruhe lassen?!«
    »Vorsicht, Alter«, konterte Mickey, »ich hab gestern gehandelt, während du auf deine Perle warten und dein Füßchen hochhalten
     musstest.«
    Ich biss mir auf die Lippe. Wussten hier eigentlich alle mehr als ich?
    »Es war ein deutscher Junge. Mehr sage ich nicht, mehr würde für meinen Vater auch keine Rolle spielen. Du musst wissen, meine
     Eltern sind sehr liberal, aber wenn sie diese Fotos sehen   …«
    Esra verstummte. Olga legte einen Arm um sie und auch Laura, der ich eine solche Geste gar nicht zugetraut hätte, rutschte
     an ihre Freundin heran, um sie zu trösten.
    »Er hat sie erpresst«, sagte Olga. »Gestern Morgen im Informatikkurs hat er plötzlich rumgefeixt und dann auf den Schulcomputer
     drei Fotos hochgeladen und ausgedruckt. Er hatte richtig Spaß daran, hat

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