Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
Vom Netzwerk:
den Verlust meines
     Lebens bedeuten.
    Ich drehte mich von ihm weg, verschränkte die Arme vor der Brust und sah auf den Parkplatz. Irgendwann, dachte ich, wird unsere
     ganze Erde ein einziger grauer Parkplatz sein. Und so schrecklich und herzaufreißend das ist, im Moment ist es mir scheißegal.
    »Alles klar, Evchen?«
    »Nenn mich nicht immer
Evchen
! Ich weiß gar nicht, wieso ich mir das überhaupt die ganze Zeit habe gefallen lassen. Das ist so was von bescheuert. Ich
     will das nicht mehr hören!«
    »Ist ja gut!« Julian hob die Hände. »Ich sag’s nicht mehr.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich sag gar nichts mehr!«
    »Spiel nicht beleidigt. Ich bin’s auch nicht.«
    »Hast du denn ’nen Grund dafür, beleidigt zu sein?«, fragte er, wartete aber meine Antwort nicht ab, sondern vergrub den Kopf
     in den Armen und sagte voll Selbstmitleid: »Was für ein verkorkstes Wochenende!«
    Ich seufzte, nahm wieder die Zeitung und starrte auf die Fotos von Alina, auf ihr Lachen und ihre fröhlichen Augen. Voller
     Energie sei sie gewesen, hatte Julian gesagt. Das sah man ihren Augen selbst auf dem schlecht gedruckten Zeitungsfoto an.
    »Ich könnte auch heulen«, sagte Julian leise, reichte mir ein Taschentuch und rutschte an mich heran. »Dabei weiß ich gar
     nicht mehr über Alina als das, was ich dir gestern erzählt habe. Sie hätte nächstes Jahr Abi gemacht, war also nicht mit meinen
     Freunden in einer Stufe. Ich glaube, nur Laura kannte sie etwas besser, weil sie zusammen in einer Tanz-AG waren.« Er lehnte
     seinen Kopf an meinen. »Außer meiner Clique kenne ich sowieso nicht so viele Leute in Munkelbach, auch wenn ich mich hier
     zu Hause fühle.«
    »Wie hast du deine Freunde eigentlich kennengelernt?«, fragte ich. Ich war mir nicht sicher, ob mich das wirklich interessierte,
     wollte aber über irgendwas reden.
    »Schleicher hatte Geburtstag und sie eingeladen.«
    »Mirko meinst du?«
    »Schleicher, genau. Hast du mal gesehen, wie der geht? Der kriecht lautlos durch die Gegend, steht immer plötzlich da und
     glotzt dich blöd an. Also, es warenSommerferien, wir waren so acht, neun Jahre alt, haben im Wald Robin Hood gespielt. Mirko gehörte nicht zu den Räubern, ich
     anfangs auch nicht. Was ich blöd fand, denn erstens wäre ich sowieso lieber Räuber gewesen und zweitens waren die in der Überzahl.
     Außer Mirko und mir waren da nur noch zwei Mädchen, die Ritter sein mussten, deren Namen hab ich vergessen. Die hatten keine
     Lust mitzuspielen, wollten sich nicht dreckig machen, haben die ganze Zeit nur gelangweilt und flüsternd in unserer Burg rumgesessen
     und gesagt, sie wären Prinzessinnen und bräuchten nichts tun, außer hübsch zu sein, und sie haben sich dann auch ziemlich
     schnell von den Räubern entführen lassen.«
    Vor meinen Augen entstand der sommerliche Wald mit seinem schattigen Blätterdach, den Vogelstimmen und dem erfrischenden Bachlauf,
     ich stellte mir vor, selbst dort herumzutoben, die Rufe der anderen Kinder zu hören und das Piksen der Brennnesseln an den
     Beinen zu spüren.
    »Zuerst haben Mirko und ich erbittert gegen die Räuber gekämpft. Was blieb mir auch anderes übrig, ich kannte die Bande ja
     nicht, kannte nur ihn. Dass die ihn nicht leiden konnten, hab ich allerdings ziemlich schnell rausgekriegt; ich weiß ehrlich
     gesagt gar nicht, warum er sie überhaupt eingeladen hat.«
    »Vielleicht dachte er, dass es dann besser würde?«
    »Ich glaub eher, seine Mutter wollte es so.«
    »Die habe ich noch gar nicht gesehen. Sind Mirkos Eltern geschieden?«
    »Nein, Katja ist sehr jung an Krebs gestorben. Die war wirklich nett, war Muttis beste Freundin, durch siesind wir auch an das Apartment gekommen. Meine Eltern hat ihr Tod ziemlich getroffen, eine Zeit lang wollten sie gar nicht
     mehr herfahren. Vor allem Mutti war echt fertig.«
    »Und Mirko ja wohl auch   …«
    »Ach, komm, der blöde Schleicher, mit dem hab ich kein Mitleid.«
    »Julian!«
    »Nein,
Eva
! Der ist falsch, glaub’s mir. Schon als wir damals Robin Hood gespielt haben, hat er sich einen fiesen Plan ausgedacht, wie
     wir gegen die Räuber doch noch gewinnen konnten. Ich sollte zwei von ihnen in unsere Burg locken – wir hatten nur ein Regenhäuschen,
     während die Räuber natürlich die tolle Teufelsschlucht besetzt hatten   –, angeblich, um ein Friedensangebot zu machen. Mirko hat aber ohne mein Wissen einen Korb mit Kieselsteinen gefüllt, ist
     damit auf einen Baum

Weitere Kostenlose Bücher