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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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zu provozieren?
    Oder weil sein Vater mit seinem Fingerzeig auf Julian einfach einen aus der Luft gegriffenen Verdacht äußerte, um mich in
     Schach zu halten?
    »Sind Sie deshalb so engagiert in einer Sache, die sie nichts, aber auch gar nichts angeht?«
    Ich wollte etwas sagen, doch Vollmer setzte nach: »Engagieren Sie sich eigentlich immer so für das Wohl der Schwachen oder
     gibt’s auch Momente, in denen Ihre selbstlose Courage Sie verlässt?!«
    Mist, das lief schlecht! Ich musste die Notbremse ziehen. »Es geht mich wohl etwas an. Ich bin unfreiwillig in diese Sache
     hineingezogen worden und ich habe gestern auch zufällig Alina gefunden. Übrigens haben diese Fotos noch eine andere Bedeutung,
     Mirko: Im Hintergrund ist Alina mit drauf. Und Sie auch, Herr Vollmer.«
    Treffer! Obwohl ich da ganz eindeutig und eigennützig Äpfel mit Birnen vertauschte, wirkten meine Worte. Vollmer riss erschrocken
     die Augen auf, Mirko funkelte mich an.
    »Alina?«, rief Vollmer. »Wieso? Was ist mit ihr?«
    »Sie ist tot. Sie ist einen Steilhang heruntergestürzt. Im Wald bei der Burgruine.«
    »Großer Gott!« Vollmer starrte mich einen Moment fassungslos an, dann lief er in die Garage.
    Mirko und ich sahen ihm nach, schweigend. Ich schämte mich, weil ich diese Tragödie völlig respektlos für meine läppische
     kleine Eifersuchtsgeschichte missbraucht und wie einen Trumpf aus dem Ärmel gezogen hatte. Verdammt, Eva! Das Mädchen ist
     tot und du denkst nur an eine alberne Knutscherei!
    Diese Einsicht ließ mir den Boden unter den Füßen wegbrechen. Sofort glaubte ich, wieder im Wald zu sein, selbst zu fallen,
     sie dann dort liegen zu sehen, eine Leiche.
    »Das ist schrecklich«, hörte ich Mirko wie von fern sagen. Und etwas später: »Du hast sie gefunden. Das ist hart. Sag mal,
     geht’s dir nicht gut?«
    »Kreislaufprobleme.«
    »Schwindel?«, fragte er mitfühlend und scharfsinnig zugleich.
    »Schwindel ist das halbe Leben«, zitierte ich ihn lakonisch.
    »Liebe die andere Hälfte und Wahrheit der Tod.«
    »Origineller Spruch«, brachte ich heraus, »von wem?«
    »Von mir. Ich werde mal Philosoph.«
    »Ah.« Das Drehen ließ nach. Ich sah Mirko dastehen, mit vorgestülpten Lippen und Hundeblick. Schelmisch sah er aus, gleichzeitig
     unbeholfen und linkisch.
    »Das muss schlimm gewesen sein, sie zu finden.« Ernickte vor sich hin. »Ich hab sie kaum gekannt und gemocht hat sie mich wahrscheinlich ebenso wenig wie die meisten meiner
     Mitschüler, aber trotzdem macht mich ihr Tod betroffen. Scheiße alles. Weiß man schon, wie’s passiert ist? War’s ein Unfall?«
    Ich zuckte die Achseln.
    Mirko zog erneut eine Schnute. »Das wird wohl gerade untersucht, was?«, sagte er leise.
    »Denke schon.« Über die Arbeit der Polizei, das, was man abends im Fernsehkrimi sah – Benachrichtigung der Angehörigen, Befragungen,
     Spurensicherung, Pathologie   –, wollte ich nicht näher nachdenken.
    Vollmer setzte den Wagen aus der Garage, stoppte ihn mit laufendem Motor, ließ das Seitenfenster herunter. »Ich muss noch
     mal nachfragen: Sie haben also wirklich Alina Westkamp tot im Wald bei der Ruine gefunden?«
    »Ja«, antwortete ich und es war nicht zu übersehen, wie scheckig Bernd Vollmers Gesicht war. Fast konnte man meinen, er habe
     vor Mitgefühl über das Unglück seiner Schülerin geweint. Aber das war sicher eine Täuschung.
    »Weiß man schon, wieso und wie   …?« Vollmer unterbrach sich, schüttelte den Kopf, blickte zur Seite.
    »Wahrscheinlich ein Unfall, Papa«, spekulierte Mirko.
    »Das haben uns die Polizisten nicht gesagt. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass auf deinen Fotos   …«
    Vollmer drückte auf die Hupe. »Zur Hölle noch mal mit diesen Fotos! Mirko! Kommst du jetzt?!«
    Mirko drehte sich zu seinem Vater um, dann wiederzu mir. Langsam, klar und deutlich, als mache er eine Aussage vor Gericht, sagte er: »Ich würde gern helfen, wem auch immer,
     aber leider habe ich die drei Fotodateien auf dem Schulcomputer am Donnerstagmorgen sofort wieder gelöscht, ganz wie deine
     Freunde es wollten. Das Handy habe ich verloren, als deine Freunde mich anschließend verfolgt haben. Auf meinem eigenen Computer
     habe ich keine Dateien, weil ich am Mittwoch nicht dazu gekommen bin, mir die Bilder anzuschauen. Also gibt es keine Fotos
     mehr.«
    »Ach, komm, das kannst du mir nicht erzählen!«
    »Bist du schon mal von Leuten bedroht und verfolgt und gejagt worden, die dich zusammenschlagen wollen?

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