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Schwindel

Titel: Schwindel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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Vaters, er habe keine Dateien auf seinem Computer und das Handy verloren!
    Ein Versehen, ein Missverständnis? Oder eher bewusste Täuschung?
    Ich spürte, wie mein Herz schneller klopfte. Die Wand in meinem Rücken fühlte sich elastischer an denn je und die alte Matratze
     hatte sich in meiner Wahrnehmung in ein Wasserbett verwandelt. Ich wollte aber auf jeden Fall einen klaren Kopf behalten!
     Bloß nichts überstürzen und in der Sache mit dem Drohbrief keine voreiligen Verdächtigungen aussprechen! Selbst wenn mich
     mein Gedächtnis nicht täuschte und Mirko sich widersprach, war das dann nicht auch verständlich? Beide Male war er in einer
     Stresssituation gewesen. Beim ersten Mal hatte er mich für einen der Täter gehalten und eine Heidenangst gehabt, beim zweiten
     gerade von Alinas Tod erfahren und seinen Vater im Nacken gehabt! Der übrigens nicht gerade freundlich zu seinem Sohn gewesen
     war – warum?
    Ich musste Mirko noch einmal allein und in Ruhe sprechen. Erst danach würde ich Julian davon erzählen. Dies war meine Sache
     und ich wollte auch nicht, dass er mich für überspannt hielt. Seine Meinung über Leute mit psychischen Problemen glaubte ich
     inzwischen zu kennen. Sollte er mal lieber denken, der Fuchs sei ein Deckname für einen rothaarigen, besonders intelligenten
     Freund.
    Als ich aufstand, hatte ich das Bedürfnis, meine Eltern anzurufen, aber dann fragte ich mich, was ich ihnen erzählen sollte.
     Gestern hatte ich einfach gelogen, heute würde mir das nicht mehr gelingen. Die Wahrheit wollte ich jedoch auch nicht sagen,
     die würde sie nur unnötig aufregen und mich verunsichern.
    Wie hatte Mirko es ausgedrückt? Schwindel ist das halbe Leben, Liebe die andere Hälfte und Wahrheit der Tod?
    Konnte es vielleicht sein, dass er und ich einiges gemeinsam hatten?

22
    Ich hielt mich am Treppengeländer fest und sah nach unten, von wo der Rauch des Kamins heraufzog und Julians Stimme zu hören
     war: »Eva ist ziemlich fertig. Ja, total. Hey, hör auf, ich glaub euch das, dass ihr beiden heute Morgen zum Kerzenanzünden
     an der Schule wart, ich brauche niemanden danach zu fragen! Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Dustin oder Chris   … Nein, Laura, so war das nicht gemeint. Also, ich wäre echt froh, wenn ihr kämt. Bis gleich.«
    Julian schaltete sein Handy aus und sah zu mir herauf. »Sie kommen rüber. Von Alina wissen sie auch nichts Neues, nur dass
     heute so eine spontane Gedenkstunde an der Schule stattgefunden hat und jetzt die Gerüchteküche brodelt.«
    Ich nickte resigniert. Warum sollte ich mich großartig darüber aufregen, dass ich Julians Clique, die mich gesternnoch heftig attackiert hatte, schon wieder sah? Die Zeit mit Julian allein war längst kein ungeteilter Genuss mehr. Außerdem
     hatte ich Laura und Co nicht direkt in Verdacht. Alina zu finden, dazu die halbe Stunde, die wir verschreckt im Wald gestanden
     hatten, und dann die Befragung durch die Polizei – dieses extreme Erlebnis schien unsere gegenseitige Aggression neutralisiert
     zu haben. Der Einzige, der diese Erfahrung nicht geteilt hatte, war Chris, aber ich war mir sicher, wenn ich eine Weile mit
     ihm geredet hatte, wüsste ich, ob er der gemeine Briefschreiber war.
    »Setz dich zu mir, Evchen. Mir ist kalt.«
    »Ja«, sagte ich. Julian sah wirklich blass und fast ein bisschen krank aus. Ich nahm seine mir entgegengestreckte Hand, sie
     war klamm und kühl.
    »Du musst dich wärmer anziehen, Julchen, es ist jetzt Herbst.«
    »
Julchen
ist aber süß. Du darfst das zu mir sagen.« Er lehnte sich an mich.
    »Na gut.« Ich rieb meine Nase an seiner.
    »Ich hab dich gar nicht gefragt, ob’s dir recht ist, dass meine Freunde herkommen. Das war nicht okay, aber bitte nimm’s mir
     nicht übel. Ich möchte heute nicht allein hier sein. Ich habe mich in der Mühle noch nie unsicher gefühlt, fand es nie beängstigend,
     dass man so allein im Wald und abgeschnitten von der Welt ist. Aber jetzt   …«
    Er brach ab, sah aus dem Fenster. Gerade ging wieder ein Regenschauer nieder, es musste auch windig geworden sein, denn die
     schönen roten Blätter der Weinranken rieselten eins nach dem anderen auf die Terrasse.
    »…   jetzt würde ich dich am liebsten auf meine Enduro packen – ab auf die Autobahn und nach Hause.«
    Ich schwieg. Natürlich ging es mir ähnlich. Andererseits, würde ich dann nicht genau das tun, was der Finder meines Tagebuchs
     von mir verlangte?
    Mein Tagebuch   … bei dem

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