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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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hatte aufgefrischt, und ich entdeckte, dass die Wellen etwas ans Ufer spülten. Steifbeinig und durchgefroren ging ich hinunter, um zu sehen, was da zwischen den Ufersteinen auf und ab schaukelte und am Abend noch nicht da gewesen war. Es waren Blumen. Kostbare Blumen.
    Da war mir klar, was Lillemor beim Hinausrudern in der Kiepe gehabt und sich vom Hals geschafft hatte. Welch eine Geste! Ich wurde böse.
    Ich wollte schnell ins warme Haus kommen und heißen Kaffee haben und Lillemor wegen meiner erbärmlichen Nacht irgendwie zur Verantwortung ziehen, selbst wenn mir klar war, dass dies schwierig würde. Ich klopfte an die Tür, obwohl es erst halb sechs war. Es war eine schicke moderne Eichentür, die sich schlecht mit dem graubraunen Holzkasten vertrug. Hier war alles eine Mischung aus falscher und echter Rustikalität. Die Fahnenstange war frisch mit Kurbitsdekor bemalt. Ich bewegte ein paarmal den schmiedeeisernen Türklopfer, auch er ziemlich neuen Datums. Dann saß ich leise kochend auf der Treppe, die aus zwei alten Mühlsteinen bestand. Dachte: Das Geld nimmst du an, aber mich willst du nicht sehen. Schließlich stand ich auf und hämmerte wütend an die Tür. Da öffnete Lillemor. Stand in dieser kleidsamen Blässe da, die von den moralischen Qualen herrührte, welche sie empfand oder sich zumindest vorspielte.
    »Himmel, was siehst du tragisch aus!«, sagte ich. »Ist der Erfolg so unangenehm?«
    »Du weißt, wie ich mich fühle«, erwiderte sie.
    »Möchtest du mich nicht reinlassen? Ich bin doch immerhin die andere Hälfte deines Elends. Ich bin der Mühlstein um deinen Hals. Nein, der hängt ja eher um meinen Hals. Schließlich war ja wohl ich es, die eine Unschuld verführt hat. Ich sage dir aber, da draußen liegen in Wirklichkeit zwei Mühlsteine, auf einem davon habe ich gesessen und mir einen kalten Hintern geholt. Du musst mir Kaffee machen mit einem Schuss Whisky. Sune wird seinen Famous Grouse doch hoffentlich nicht weggeschlossen haben?«
    »Red keinen Unsinn«, sagte sie und ging vor mir hinein.
    »Und du nimm das Ganze nicht so ernst«, entgegnete ich. »Das ist doch alles nur ein großer Spaß.«
    Als wir einander mit unserem Kaffee und der Whiskyflasche an dem auf alt getrimmten Kieferntisch jüngsten Datums gegenübersaßen, sagte sie: »Für dich gibt es nichts Ernstes.«
    »Doch, schon. Aber nicht in dieser Komödie mit Blumengebinden und Stühlen mit vergoldeten Nummern und all dem Kram. Wie zum Teufel kann jemand so was ernst nehmen?«
    »Aber ich täusche die Akademie doch. Ganz Schweden im Übrigen.«
    »Na ja«, sagte ich. »Die Mehrzahl in diesem Land kümmert sich doch einen feuchten Kehricht um das höhere kulturelle Leben. Wenn sie überhaupt von derlei Kenntnis nimmt.«
    »Es ist jedenfalls Betrug.«
    »Ja sicher. Aber es ist nur eine von all den Augenwischereien, die du betreibst. Ohne diese literarische Schwindelei wäre dein Leben jedenfalls eine lange Serie kleiner Betrügereien. Ein Hokuspokus vor den Augen der anderen.«
    »Wie kannst du so etwas sagen!«
    »Hör dich doch bloß mal selbst an, deine kleinen, aparten Ausrufe: Wie kannst du so etwas sagen! Wo du sehr wohl weißt, dass es so ist. Du bist eine Schauspielerin, Lillemor. Ein Spiegelwesen. Es kommt vor, dass ich dich bewundere.«
    »Verstehst du denn nicht, dass mir von dem Betrug übel ist?«
    »Warum denn? Du brauchst doch deine Koketterie, deine anmutigen Gesten und kleinen Ausrufe, ob nun wahr oder falsch. Du buhlst mit dem Leben, Lillemor, und spielst deine Orgasmen vor, während du dich gleichzeitig zutiefst und inbrünstig danach sehnst, dass sie echt wären. Das Leben dort oben, wo du dich jetzt befindest, enthält zu viel Sauerstoff. Es berauscht und vergiftet. Es nährt dich nicht so wie die Erde.«
    »Ich gebe doch nur vor, Schriftstellerin zu sein«, sagte sie und begann zu schluchzen.
    »Du bist Schriftstellerin. Du bist es genauso wie Rut Hillarp oder wie Sven Lindqvist oder Erik Beckman Schriftsteller sind. Oder Herman Wouk, was das angeht. Du hast doch Ein Mann kam nach New York gelesen.«
    »O Gott, ein schlechter Roman.«
    »Genau. Die Wahrheit über das Leben eines Schriftstellers. Ein richtiger Lesezirkelroman für dämliche Tanten, oder? Aber stell dir vor, dein ganzes Leben wäre ein solcher Roman. Verachte deine Leser nicht, Lillemor. Die suchen hinter all den Gesten vielleicht nach deiner Wahrheit. Und du hast Glück: Es gibt sie. Sie ist hier unten auf der Erde, wo ich mich

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