Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Aber zu ihm schon.
»Es war keineswegs so, dass ich von Anfang an genau wusste, was ich tat«, sagte ich zu ihm. »Zuerst verstand ich das, was du das Problem nennst, gar nicht. Ich war lediglich auf ein Foto aus von einer, die so hübsch war, dass die Geschichte in dem Magazin einen Preis bekommen konnte. Und außerdem hatte ich Angst. Sonst habe ich ja ein gesundes Selbstvertrauen, möglicherweise sogar etwas zu viel. Immer schon. Sobald es aber um mein Schreiben ging, war ich so empfindlich, dass die erste Ablehnung mich krank gemacht hat. Es war übrigens die einzige. Bisher.«
»Was war das?«, fragte er.
»Eine Kurzgeschichte. Jemand hat sie hinter meinem Rücken eingeschickt. Ich hatte sie nur aus Spaß geschrieben, und das Schlimmste war, ich wusste, dass ich es besser konnte.«
»Und du bist krank geworden?«
»Ja, wirklich. Danach war jedenfalls alles nur ein großer Spaß. Ich meine, ich konnte diese Krimis, die wir zusammenbrachten, nicht ernst nehmen. Ich wollte aber, dass sie gut gemacht waren. Und ich lernte viel dabei, sie zu schreiben. Lillemor hatte ein gutes Händchen mit Journalisten, und auf Bildern war sie perfekt.«
»Die wir zusammenbrachten, hast du gesagt? Ihr habt sie also zusammen geschrieben? Macht ihr das immer noch?«
»Nein, eigentlich haben wir das auch damals nicht gemacht. Aber sie musste das doch glauben. Es war ziemlich schwierig, sie dazu zu bewegen mitzuziehen.«
»Wie zum Teufel hast du sie nur dazu gebracht, so weit zu gehen? Akademiemitglied!«
Er fing lauthals zu lachen an.
»Beruhige dich«, sagte ich. »Zum einen ist sie ein bisschen gierig. Nein, das ist übertrieben. Jedenfalls aber scharf aufs Geld, und wir machen fifty-fifty. Von Anfang an schon. Und zum anderen ist ihr Leben nicht gerade lustig. Sie wollte aber immer schon glückhaft sein. Überaus gern.«
»Was sagt denn ihr Mann dazu? Ist der nicht Politiker?«
»Er weiß von nichts. Nur du weißt es – und ihre Mutter, die ist von sich aus dahintergekommen. Aber die ist jetzt ungefährlich, stolz, wie sie ist, eine Tochter in der Schwedischen Akademie zu haben.«
Lasse verschluckte sich an einem Bissen belegtem Brot.
»Lass das«, sagte ich. »Wenn du über das Elend lachen willst, musst du vorher runterschlucken.«
Ich durfte mich um Lillemors Hund kümmern, wenn sie und ihr Mann auf Auslandsreise waren. Wie alle gut gestellten Angehörigen der oberen Mittelschicht meinten sie, die ganzen USA sowie China, Japan, Ägypten, Kambodscha und am liebsten auch Peru sehen zu müssen, bevor sie starben. Lillemor hatte darüber hinaus ein jährliches Reisebudget von der Akademie. Ich weiß nicht, ob vorgesehen war, dass sie im Yellowstone Park nach Nobelpreiskandidaten suchen sollte.
Ich ging zum Tegnérlunden mit dem Hund, der Jeppe mit dem Schraubspund und Musse, die singen konnte, nachgefolgt war. Es war ein munteres Mädchen und hieß Polly. Sie gehörte zur Rasse der Parson-Jack-Russell-Terrier, aber das wusste sie natürlich nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob sie überhaupt wusste, dass sie ein Hund war, denn sie war an ihresgleichen augenfällig desinteressiert. Wir kamen gut miteinander aus, so gut, dass Lillemor meinte, ich solle mir selbst einen Hund anschaffen.
Aus schlechtem Gewissen wollte sie mir über unsere Fifty-fifty-Abmachung hinaus gern alles Mögliche aufdrängen. Auf diese Weise kam ich zu einer Kaffeemaschine, die sowohl Cappuccino, Caffè Latte als auch Espresso machen kann, zu zwei Nordic-Walking-Stöcken mit Pumpeffekt, einem riesigen Plasmabildschirm, einem Hektar gepflanztem Wald in Kenia und einem Kopierer mit allen Schikanen, der sowohl verkleinern als auch vergrößern kann. Damit fertigte ich Kopien von Parkscheinen mit mir genehmen Uhrzeiten an. Sie gerieten sehr glaubwürdig, aber sicherheitshalber achtete ich stets darauf, dass die Autoscheibe davor ein bisschen verschmuddelt war.
Ich erhielt auch einen Turban. Er war aus olivgrünem Jersey und mit einem Material gefüttert, das steifer war als Vlieseline. Lillemor kam damit an und meinte, ich solle ihn im Laden statt meiner Strickmütze aufsetzen. Ich bekam Kopfschmerzen, wenn ich in der Zugluft saß, und mittlerweile ging die Tür ja mehrmals am Tag auf. Die Leute kamen und gingen, es war längst nicht mehr so friedlich wie am Anfang. Ich trug immer eine Mütze, die meine Mutter mir irgendwann während des Kriegs aus Restgarn gestrickt hatte. Sie war gelb, grün und braun gestreift. Meine Mutter war keine sehr
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