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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Wir saßen einander gegenüber, sahen auf das Wachstuch hinunter und tranken unseren Kaffee.
    Es schien sie zu reuen, denn etwas lahm sagte sie jetzt: »Du musst dich mit gekauften Keksen begnügen. Ich habe weder gebacken noch sauber gemacht, weil ich genug mit dem Ausmisten zu tun habe.«
    Nach einer Weile wurde sie jedoch wieder wütend: »Ich glaube dir nicht! Du schreibst keine Artikel.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Ja, was weiß ich. Vielleicht schreibst du ja solche Pornogeschichten. Wundern würde es mich nicht.«
    Pornogeschichten? Mir kam in den Sinn, dass sie womöglich diese Anthologie namens Liebe gelesen hatte, die vor bald zehn Jahren in zahllosen Bänden erschienen war. Sogenannte seriöse Autoren hatten pornografische Geschichten veröffentlicht, und als ich nun auf das Wachstuch starrte und ununterbrochen in meiner fast leeren Kaffeetasse rührte, dachte ich nur an die Geschichte von einem Vater, der zärtlich und lieb seine halbwüchsige Tochter verführt. Du lieber Himmel, hoffentlich hatten sie das nicht gelesen! Aber wie kommt sie bloß darauf? Porno, das Wort nahm sich in ihrem Mund unmöglich aus.
    »Porno«, sagte ich. »Welch ein Wort.«
    »Jedenfalls ist das, was du treibst, nicht ganz koscher, schließlich kannst du dir ein teures Auto leisten und kommst mit Weihnachtsgeschenken an, dass man nur so staunt. Du machst irgendwas, wofür du dich schämst. Du warst schon immer so.«
    »Ich verstehe dich nicht«, erwiderte ich. »Wofür hätte ich mich schämen sollen?«
    »Die Maiblumen.«
    »Ach du lieber Himmel!«, sagte ich. »Das ist vierzig Jahre her.«
    »Schon. Aber du bist noch die Alte.«
    Mit den Maiblumen war das so, dass wir in der Schule einen Karton voll Pappkärtchen mit Maiblumen bekamen. Damit sollten wir von Tür zu Tür gehen und sie zugunsten bedürftiger Kinder verkaufen und das Geld dann bei der Lehrerin abliefern. Ich behielt das Geld jedoch und kaufte mir etwas dafür, was, weiß ich nicht mehr. So weit hatte ich nicht gedacht, dass wir irgendwann darüber Rechenschaft ablegen müssten. Zu meinem Fräulein Lehrerin sagte ich, dass ich das Geld verloren hätte. Sie glaubte mir nicht. Da sagte ich, dass mir ein paar Jungs die Schachtel mit dem Geld weggenommen hätten. Obwohl es eine recht gute, mit vielen Details ausgemalte Geschichte war, glaubte sie auch das nicht, sondern rief meine Eltern an. Ich sehe noch diesen Telefonapparat mit dem Reichswappen auf dem Holzgehäuse an der Wand hängen. Kein Wunder, dass daraus Katastrophen kamen.
    »Knutte musste die Summe ersetzen«, sagte meine Mutter. »Das wirst du ja noch wissen.«
    »Das ist doch lange her«, erwiderte ich.
    »Und dann die Sache mit Allers. «
    »Das weiß ich nicht mehr«, sagte ich, obwohl ich mich daran erinnerte. Mein Vater kaufte am Werkskiosk Hemmets Journal , und ich ärgerte mich, weil er nicht Allers kaufte, meiner Meinung nach die weit bessere Zeitschrift. Er ließ sich aber nicht umstimmen. Da besorgte ich sie mir selbst. Meine Mutter schickte mich immer mit einer Krone zum Konsum, wo ich in unserer Aluminiumkanne drei Liter Milch holen sollte. Ein Liter kostete 27 Öre. Drei mal 27 waren 81. Ich konnte also 19 Öre für mich behalten. Nicht immer. Aber ziemlich oft. Ich glaube, dass ich auf diese Weise das Geld für die Allers zusammenbrachte. Hin und wieder mopste ich wohl auch eine. Und deswegen versteckte ich sie sorgfältig.
    »Ich habe die Hefte unter deiner Matratze gefunden«, sagte meine Mutter und sah so drohend aus wie damals, als sie mit dem Packen ankam und ihn auf den Küchentisch knallte. Sie hatte noch immer dunkle, zusammengewachsene Augenbrauen, und hätte man ihr Hörner auf die Stirn gesetzt, hätte sie ausgesehen wie Moses mit den Gesetzestafeln.
    »Jetzt hör schon auf«, sagte ich, da ich nur darauf wartete, dass sie zu dem rosaroten Fahrrad kommen würde. Gott sei Dank ließ sie es sein. Damals hatte ich gesagt, ich hätte es von einer bekommen, die Kinderlähmung gekriegt habe und nicht mehr Rad fahren könne. Im Konsum hatte ich eine Dose Lack gemopst und das Fahrrad draußen im Wald, wo ich es versteckt hatte, umgestrichen. Ich hatte ja Angst, dass es erkannt würde. Als ich zum ersten Mal damit durch den Ort fuhr, begegnete ich meinem Vater, obwohl es die völlig falsche Zeit war. Die Schicht war noch gar nicht zu Ende. Er gab keine Erklärung, sondern griff sich das Fahrrad und musterte wütend den Anstrich. Ich war damit recht zufrieden gewesen, sah aber nun,

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